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Die Einsamkeit erleben – Ein Mittwoch Mittag im Baumarkt

Was tun Sie, wenn Sie einmal richtig für sich sein möchten, keinen Menschen sehen wollen? Fahren Sie auf eine einsame Hütte in den Bergen? Oder an einen norwegischen See? Gehen Sie am frühen Sonntagmorgen in den Wald? Hier ist die gute Nachricht: Sie brauchen nicht zu reisen, zumindest in der Regel nicht mehr als fünf Kilometer: Gehen Sie einfach an einem Ferienmittwoch mittags in den nächstgelegenen Baumarkt. Sie werden staunen.

Der Comedian Dieter Nuhr hat einmal gesagt, man müsse sich im Markt nur tot stellen, dann kämen genügend Verkäufer zu einem, denn sie dächten dann, man sei einer von ihnen. Selbst das funktioniert an einem Ferienmittwoch mittags nicht. Es kann niemand kommen, denn es ist niemand da.

Unbegangene Gänge, vereinsamte Informationsstände, mehrfach ungehört verhallende Rufe der Damen an der Kasse, dass sich bitte, bitte, bitte einer der Mitarbeiter mit dem „Ich-helfe-Ihnen“-T-Shirt in der Abteilung Elektrowerkzeuge einfinden möge, alles Zeichen einer großen Leere. Und inmitten all dessen ein Kunde, der willens ist, etwas zu kaufen, jemand, der bereit ist, den Konsum anzukurbeln, jemand der sich darauf freut, sein Heim mit der neuen Errungenschaft zu verschönern, sucht er doch nur noch einen Berater.

Jener Kunde kann lange warten, denn er hat die Rechnung ohne die PEP-Software gemacht. PEP steht für „Personaleinsatzplanung“ und diese Software weiß exakt, was gut für uns ist und sie weiß das Wochen und Monate im voraus. Sie kennt die Spitzen im Personalbedarf und sie kennt die Tage, an denen man einfach kein Personal im Baumarkt braucht: Neujahr, Pfingstmontag und an einem Mittwoch in den Ferien.

Und wenn dann doch ein Kunde kommt? Bitte, bleiben wir ernst, wer geht denn schon an einem Ferienmittwoch mittags in den Baumarkt? Die Gauss’sche Verteilung stimmt immer und am Rand fällt man eben aus dem Raster.

Ein Gutes hat die Leere: Der Kunde kann sich endlich einmal ausgiebig mit den zahlreichen Videos beschäftigen, die an jeder Regalecke um Aufmerksamkeit heischen – genauer gesagt: Sie brüllen um Aufmerksamkeit. All diese interessanten Lektionen zu Klebern, die nicht kleben, wenn man zuhause ist, Fegern, die beim ersten Einsatz abbrechen und Farben, die irgendwie daheim doch anders aussehen und sich nicht auftragen lassen – wie jene Raufaserfarbe, die im Freundeskreis einmal beinahe für einen Tobsuchtsanfall gesorgt hat, aber das ist eine gesonderte Geschichte.

(Fast) jeder von uns war schon einmal im Baumarkt und diejenigen von Ihnen, die schon einmal einen meiner Vorträge gehört haben, wissen, dass manche (meist leider schlechte) Beispiele in Sachen „Wachstum“ und „Kundenorientierung“ aus dem Baumarktbereich kommen. Erstens liegt es nahe, weil es so handfest ist und zweitens bietet die Branche einfach multiple Angriffspunkte.

Die gute Nachricht: In dieser Branche ist es einfach, sich aus der Masse der schlechten Beispiele herauszuheben und Wachstum zu generieren. Und wir Kunden sind doch so dankbar. Ein Tipp: Mit „20 Prozent auf alles“ klappt das nicht, aber das haben die Kollegen von Praktiker ja nach nur wenigen Jahren inzwischen offenbar auch gemerkt.

Ihr Guido Quelle

(c) 2011, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH

Der Kunde ist König? Und was sind Sie dann?

Manche Formulierungen sind wirklich realitätsresistent. Eine dieser Formulierungen ist „Der Kunde ist König“. Erstens will der Kunde das meist gar nicht sein, und zweitens stellt sich die Frage, was dann Ihre Rolle ist: Untertan? Na, vielen Dank.

Nein, den Kunden als „König“ zu betrachten führt auf dem Wachstumsweg in die Irre. Kunden wollen von ihren Lieferanten, Dienstleistern und Anbietern beraten werden. Sie wollen Orientierung erhalten, die ihnen auch dabei hilft, zu entscheiden, ob sie kaufen, oder nicht. Kunden kaufen von starken Marken und nicht von untertänigst ergebenen Ja-Sagern.

Es ist wesentlich zu kurz gesprungen, wenn Kunden nur das angeboten bekommen, was sie wollen. Hier erkennt man auch den Unterschied zwischen einem guten und einem schlechten Verkäufer: Schlechte Verkäufer bieten ihren Kunden das an, was diese wollen, gute Verkäufer finden mit ihren Kunden gemeinsam heraus, was diese wirklich brauchen. Zwischen dem Willen des Kunden und dessen tatsächlichem Bedarf liegt eine immense Wertschöpfungsstufe. Leider wird das oft übersehen – und leider werden in Unternehmen viel zu häufig die Verkäufer belohnt, die schlicht das anbieten, was Kunden wollen.

Bei einigen Unternehmen hat man das Gefühl, sie handelten nach dem Grundsatz „Wir machen alles für jeden“. Auch das ist eine Sackgasse, fördert es doch die Kundenfluktuation dramatisch. Das ganze Unternehmen ist beschäftigt, aber nicht mit den richtigen Dingen. Unfokussierte Aktivitäten, die vermeintliches Wachstum schaffen sollen, binden wertvolle Ressourcen mit ungewissem Ausgang. Regelhaft sind diejenigen Unternehmen, die gezielt Kundengruppen ausschließen, profitabler, als diejenigen Unternehmen, die „alles für jeden“ möglich machen.

Helfen Sie ihren Kunden dabei, zu erkennen, was sie wirklich brauchen, helfen Sie Ihren Kunden dabei, zu erkennen, ob Sie überhaupt der richtige Anbieter sind und arbeiten Sie mit Ihren Kunden auf Augenhöhe – Sie entscheiden ebenso wie Ihr Kunde, ob Sie ein Geschäft miteinander machen wollen. Der Kunde ist König? Nein, idealerweise ist er ihr Partner.

Arbeiten Sie daran.

Ihr Guido Quelle

(c) 2011, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH