Mandat Wachstums-Wochenstart® Nr. 609: Weihnachten

Ich mag Weihnachten und ich mag es auch, wenn Weihnachten Weihnachten genannt wird, der Weihnachtsmarkt ein Weihnachtsmarkt und kein „Wintermarkt“ und der Weihnachtsbaum ein Weihnachtsbaum und keine Jahresendtanne ist. Ob man das Fest religiös begeht oder nicht, sei allen Menschen selbst überlassen, aber ich kenne niemanden, der an „Weihnachten“ oder verwandten Substantiven Anstoß nehmen würde, auch wenn das manchmal erfunden wird. Es wird eben zu viel erfunden.

Heute, angesichts des ersten Weihnachtstags wünsche ich Ihnen „Frohe und gesegnete Weihnachten“ – unsere US-amerikanischen Freunde feiern erst heute und ich hoffe, Sie haben die Möglichkeit, Weihnachten so zu feiern, wie Sie es sich vorstellen.

Herzlichst Ihr

Guido Quelle

Mandat Wachstums-Wochenstart® Nr. 608: Kann ich später zur Prüfung kommen?

Die aufmerksamen Leser werden mitbekommen haben, dass ich in diesem Wintersemester wieder die Vorlesung „Entrepreneurship“ gehalten habe, in der vier Teams vier Start-ups konzipieren. Die Teams sind zwischen drei und fünf Personen stark, es kommt auf jeden einzelnen und auf die Teamleistung an.

An einem Vorlesungstag war eine Gruppe nur mit einem Studenten besetzt. Wo die anderen seien? Sie seien krank.

An einem weiteren Vorlesungstag fehlten nach der Mittagspause drei Studenten. Einer einfach so, die anderen seien „arbeiten“. Ich sagte, dass ich auch arbeiten würde und notierte die drei Fehlenden, weil die Anwesenheit in dieser Vorlesung – wie angekündigt – mit bewertet wird. In Tat und Wahrheit ist es nämlich weniger eine Vorlesung, wie man sich denken kann, denn es sollen ja – mindestens konzeptionell – Start-ups entstehen.

Eine Woche vor der Prüfung, zu der alle Studenten zur gleichen Uhrzeit in der Hochschule sein müssen, fragt mich eine Studentin, ob sie später zur Prüfung kommen könne, sie käme aus einer Stadt in Süddeutschland und ihr Zug sei erst um 10:50 Uhr in Leverkusen, wo die Prüfung aber in der Hochschule schon um 10:15 startet. Ich: „Nein.“ Sie – nach langem „Aber“: „Ok, ich buche um.“

Geht doch, möchte man sagen, aber schön ist das nicht. Es wird zu leichtfertig mit Verbindlichkeit umgegangen.

Pflicht, Disziplin, Verbindlichkeit, das sind natürlich ganz dröge Worte, aber ich halte viel von ihnen und noch mehr von den hinter den Worten liegenden Inhalten. Sie erleichtern nämlich das Zusammenleben und -arbeiten. Ich stelle fest, dass vielfach recht lässig ein simpler Weg gesucht wird, der oft darüber führt, dass mehrere andere sich anpassen müssen. Davon halte ich gar nichts.

Auf der anderen Seite hat das auch eine gute Seite. Erstens kann man sich als Gegenüber in Konsequenz üben. Zweitens kann man sich ganz leicht von vielen differenzieren, indem man einfach pünktlich, verlässlich, verbindlich, zuverlässig, zuvorkommend, berechenbar, ehrlich, konsequent ist. Es wird sofort bemerkt. Je schlechter das Allgemeinniveau, desto stärker die Chance, sich durch vermeintliche Selbstverständlichkeiten zu differenzieren – darüber schrieb ich auch im Wachstums-Wochenstart vor acht Wochen.

Ich werde, wir werden häufig gefragt, wie man die Unternehmenskultur positiv verändert und wir haben eine Reihe von Antworten darauf, die hier auszuführen zu weit ginge. Eines haben sie aber alle gemeinsam:

Sie, ja Sie, liebe Leserin, lieber Leser, Sie müssen vorangehen, sonst glauben alle, es ginge auch anders.

Auf eine frohe Weihnachtswoche!

Ihr und Euer

Guido Quelle

Mandat Wachstums-Wochenstart® Nr. 607: Geschäftsöffnung an Heiligabend

Jedes Jahr ist es dasselbe, man kann die Uhr danach stellen: Es wird darüber diskutiert, ob es sinnvoll ist, Geschäfte an Heiligabend zu öffnen, schließlich könne man doch vorher einkaufen, Heiligabend käme nicht überraschend, man könne planen, die Mitarbeiter sollten doch nicht auch noch an Heiligabend arbeiten müssen und so weiter. Diese Diskussion wird übrigens auch nicht wesentlich verändert dadurch, dass Heiligabend im Jahr 2023 auf einen Sonntag fällt.

Was mich stört, ist, dass sich mit diesem Gedanken Menschen in das Leben anderer Menschen grundlos einmischen. Jeder kann von mir aus seinen Laden aufmachen, wann er will und solange er will.

Hohoooo, aber die armen Mitarbeiter!

Ich habe fast zwei Jahre auf einer Intensivstation im Krankenhaus im Schichtdienst gearbeitet. Es gab entweder ein „Weihnachtsfrei“ oder ein „Silvesterfrei“. Ein „Osterfrei“ oder ein „Pfingstfrei“. Ende. An einem der Feste wurde man zum Dienst eingeteilt. Und wissen Sie was? Manche waren froh, Weihnachten nicht zu Hause sein zu müssen; lieber im Kreise der Kollegen als in der leeren Wohnung. Ja, das gibt es. Es gab nie Streit darüber, wer wann freihaben sollte. Einige haben sich speziell zu den Festen einteilen lassen.

Manche Mitarbeiter im Handel arbeiten gern an den „speziellen“ Tagen, weil sie es schon immer so gehandhabt haben, weil es eine liebgewonnene Routine ist, weil sie immer dieselben Kunden treffen, die noch rasch, rasch, ein Geschenk oder die letzten Zutaten fürs Weihnachtsessen kaufen möchten, weil sie es gut finden, dass sie noch „auf den letzten Drücker“ helfen können. Ja, da staunt man, liebe Bevormunder, nicht wahr?

Warum geht die Tendenz immer wieder und immer weiter in Richtung Bevormundung? Warum meinen einige, sie wüssten besser, was für andere gut sei? Ich weiß es nicht, aber wir sollten vorsichtig mit der Beurteilung von Situationen sein, wenn wir nur unsere Sicht einnehmen.

Sie merken es schon, ich versuche gerade, beizudrehen in Richtung des unternehmerischen Kontexts, denn auch hier entstehen solche Situationen: „Der Kunde will das so“, „der Lieferant will das so“, „wir müssen [XYZ] machen, damit die Kunden es leichter haben“, „die Mitarbeiter wollen nicht [ABC] tun müssen“. Ist es so? Haben wir Evidenz?

Erst Evidenz – und, nein: Evidenz entsteht nicht durch die Antworten von drei Kunden, Lieferanten, Mitarbeitern – schafft die Grundlage für gute Entscheidungen. Fragen wir also nach: „Was ist Ihre Evidenz dafür?“, „Woher wissen Sie das?“, „Geben Sie mir einen Beleg.“

Was passiert dann? Richtig: Die Luft wird aus so manchem groß in den Raum gebrachten Ballon herausgelassen, manchmal auch schlagartig. Dann knallt’s auch mal. Gut so.

Auf eine gute Woche!

Ihr und Euer

Guido Quelle

Mandat Wachstums-Wochenstart® Nr. 606: Wir haben nachgedacht

In diesem Wintersemester halte ich erneut die Vorlesung „Entrepreneurship“ an der SRH Hochschule Nordrhein-Westfalen. Meine Studenten sind sämtlich Inder, die Vorlesung ist in englischer Sprache und wir konzipieren vier Start-ups in vier Gruppen. Wir haben wenig Zeit und die Gruppen müssen unbedingt auch zu Hause zwischen den Vorlesungen arbeiten, wollen sie in der Prüfung, einem Format ähnlich wie „Die Höhle der Löwen“ – oder auf Englisch „Shark Tank“ – eine gute Note erhalten. Der Businessplan muss sitzen.

Heute, an dem Montag, an dem ich dies schreibe, kam eine Gruppe mit der Erkenntnis, dass sie das Produkt wechseln wolle. Nein, nicht graduell, sondern elementar. Weg von der ursprünglichen Idee eines Möbels, das mit Technologie versehen war, hin zu einem Consumer-Produkt im Verdrängungswettbewerb. Das alles nach bereits zwei vollen Vorlesungstagen Arbeit am Businessplan.

Ich staunte.

Der vorgetragene Grund: „Wir haben nachgedacht“. Die Gruppe hätte die erforderliche Expertise nicht, sich in das ursprüngliche Produkt mit seinen technischen Details einzuarbeiten, Komponenten herauszufinden und so fort. Der Grund ist natürlich ein Vorwand. Statt darüber nachzudenken, wie diese Kompetenz erlangt werden kann, statt durch Recherchen tiefer in die Materie einzutauchen, hat die Gruppe einen einfacheren Weg gewählt. Ein vorstellbares, bekanntes Produkt im Verdrängungswettbewerb.

Ganz klar ist: Wir haben in der großen Runde keine Zeit, wieder bei null anzufangen. Wenn die Gruppe jetzt neu aufsetzen möchte, soll es so sein. Aber „Wir haben nachgedacht“ ist natürlich zwiespältig. Einerseits kann es gut sein, sich abzuwenden, wenn man feststellt, dass man nach großem Bemühen nicht weiterkommt, andererseits vermisse ich das Bemühen. Das habe ich auch so zum Ausdruck gebracht.

Wie sieht es im unternehmerischen Alltag aus? Begegnet uns dort nicht auch oft ein „Wir haben nachgedacht“ – so, oder im übertragenen Sinne? Beschleicht uns nicht auch dort manchmal das Gefühl, dass einem Problem einfach ausgewichen und ein einfacherer, bequemerer, aber schlechterer Weg vorgeschlagen wird, der natürlich nicht als schlechter deklariert wird, sondern als Resultat des intensiven Nachdenkens?

Der bequemste Weg ist nicht immer der beste Weg. Oft sind es gerade die Probleme, die zu lösen uns weiterbringen. Ja, es ist ein schmaler Grat zwischen „verrennen“ und „vertiefen“, aber echtes Wachstum entsteht oft dort, wo sich eben noch nicht alle tummeln, weil sie „nachgedacht“ haben und den bequemen Weg gehen. Echtes Wachstum entsteht durch echte Expertise.

Drücken Sie meinen Studenten die Daumen.

Auf eine gute Woche!

Ihr und Euer

Guido Quelle