Mandat Wachstums-Wochenstart® Nr. 607: Geschäftsöffnung an Heiligabend

Jedes Jahr ist es dasselbe, man kann die Uhr danach stellen: Es wird darüber diskutiert, ob es sinnvoll ist, Geschäfte an Heiligabend zu öffnen, schließlich könne man doch vorher einkaufen, Heiligabend käme nicht überraschend, man könne planen, die Mitarbeiter sollten doch nicht auch noch an Heiligabend arbeiten müssen und so weiter. Diese Diskussion wird übrigens auch nicht wesentlich verändert dadurch, dass Heiligabend im Jahr 2023 auf einen Sonntag fällt.

Was mich stört, ist, dass sich mit diesem Gedanken Menschen in das Leben anderer Menschen grundlos einmischen. Jeder kann von mir aus seinen Laden aufmachen, wann er will und solange er will.

Hohoooo, aber die armen Mitarbeiter!

Ich habe fast zwei Jahre auf einer Intensivstation im Krankenhaus im Schichtdienst gearbeitet. Es gab entweder ein „Weihnachtsfrei“ oder ein „Silvesterfrei“. Ein „Osterfrei“ oder ein „Pfingstfrei“. Ende. An einem der Feste wurde man zum Dienst eingeteilt. Und wissen Sie was? Manche waren froh, Weihnachten nicht zu Hause sein zu müssen; lieber im Kreise der Kollegen als in der leeren Wohnung. Ja, das gibt es. Es gab nie Streit darüber, wer wann freihaben sollte. Einige haben sich speziell zu den Festen einteilen lassen.

Manche Mitarbeiter im Handel arbeiten gern an den „speziellen“ Tagen, weil sie es schon immer so gehandhabt haben, weil es eine liebgewonnene Routine ist, weil sie immer dieselben Kunden treffen, die noch rasch, rasch, ein Geschenk oder die letzten Zutaten fürs Weihnachtsessen kaufen möchten, weil sie es gut finden, dass sie noch „auf den letzten Drücker“ helfen können. Ja, da staunt man, liebe Bevormunder, nicht wahr?

Warum geht die Tendenz immer wieder und immer weiter in Richtung Bevormundung? Warum meinen einige, sie wüssten besser, was für andere gut sei? Ich weiß es nicht, aber wir sollten vorsichtig mit der Beurteilung von Situationen sein, wenn wir nur unsere Sicht einnehmen.

Sie merken es schon, ich versuche gerade, beizudrehen in Richtung des unternehmerischen Kontexts, denn auch hier entstehen solche Situationen: „Der Kunde will das so“, „der Lieferant will das so“, „wir müssen [XYZ] machen, damit die Kunden es leichter haben“, „die Mitarbeiter wollen nicht [ABC] tun müssen“. Ist es so? Haben wir Evidenz?

Erst Evidenz – und, nein: Evidenz entsteht nicht durch die Antworten von drei Kunden, Lieferanten, Mitarbeitern – schafft die Grundlage für gute Entscheidungen. Fragen wir also nach: „Was ist Ihre Evidenz dafür?“, „Woher wissen Sie das?“, „Geben Sie mir einen Beleg.“

Was passiert dann? Richtig: Die Luft wird aus so manchem groß in den Raum gebrachten Ballon herausgelassen, manchmal auch schlagartig. Dann knallt’s auch mal. Gut so.

Auf eine gute Woche!

Ihr und Euer

Guido Quelle