Mandat Wachstums Wochenstart Nr. 635: In den nächsten Tagen oder Wochen

Kürzlich schrieb ich einen internationalen Dachverband in Belgien in einer bestimmten Angelegenheit an, die nur von diesem internationalen Verband erledigt werden konnte. Wie das so ist: Man schreibt eine E-Mail an die angegebene Adresse, klickt auf „Senden“ und man wartet auf Antwort.

Die Antwort kam relativ schnell, es wurde mir in französischer Sprache mitgeteilt, dass ich das erste Mal an die Zieladresse schrieb – das war richtig – und dass ich daher meine Absenderadresse verifizieren müsse und dazu auf einen Button zu klicken habe, um weitere Instruktionen zu erhalten. Meine erste Tat war, nachzuschauen, ob ich an die richtige Mailadresse gesendet hatte, die zweite Tat war, zu recherchieren, ob es sich um Phishing handeln könne.

Nachdem ich mich versichert hatte, dass alles „sauber“ war, klickte ich auf den Button, danach erhielt ich per Mail einen Link (in Tat und Wahrheit erhielt ich ihn erst beim dritten Mal) musste ein orangefarben eingefärbtes Wort eintippen, das inmitten von grau eingefärbten Wörtern stand, damit sichergestellt werden sollte, dass ich kein Roboter sei und „schon“ ging’s weiter.

Es ging eine Mail ein. Ein Autoresponder. In französischer und englischer Sprache bestätigte man mir den Erhalt meiner Mail. Auch über eine Einschätzung der Bearbeitungsdauer durfte ich mich freuen:

„Ihre E-Mail wird in den nächsten Tagen oder Wochen bearbeitet.“

Abgesehen davon, dass klar war, dass dies Thema eines Wochenstarts würde, habe ich herzhaft gelacht. Es handelte sich um ein für mich wichtiges, aber nicht um ein dringendes Thema, insofern habe ich nicht nachgefragt, wie ich das verstehen dürfe – im Zweifel hätte ich wieder den Authorisierungsprozess durchlaufen müssen.

Wir alle müssen sagen, wann wir mit einer bestimmten Angelegenheit fertig sind. Die meisten von uns haben sich mit der einen oder anderen Terminfestlegung schon einmal schwergetan. Das ist in Ordnung. Nicht in Ordnung ist: „Wir melden uns in einigen Tagen oder Wochen.“

Seien Sie verbindlich. Wenn Sie eine Fertigstellung nicht sicherstellen können, schreiben oder sagen Sie, was der nächste Schritt ist, den Sie absehen können. Lassen Sie Ihr Gegenüber nicht im Unklaren, seien Sie spezifisch. Besser noch: Richten Sie Prozesse ein, die eine reguläre Verbindlichkeit sicherstellen.

Bei Mandat haben wir intern eine Abrede: Jede Mail wird binnen 24 Stunden beantwortet. Liegt ein Wochenende dazwischen, erfolgt die Antwort am nächsten Werktag – meist geht es schneller. Telefonate werden idealerweise am selben Tag beantwortet. Auch mit Klienten haben wir diese Vereinbarung. Dabei kann eine Antwort auf eine Mail am Montag auch lauten: „Danke für die Mail, ich kümmere mich am kommenden Donnerstag darum und melde mich dann“, aber „Tage oder Wochen“ (oder abgeschwächte Derivate davon)? Nein, danke.

Mit Erreichbarkeit und Verbindlichkeit kann man heute viel mehr punkten als noch früher. Warum? Weil diese Eigenschaften seltener geworden sind. Ach ja, meine Mail an den Verband: Mein Anliegen war am nächsten Tag erledigt. Kann man sich nicht ausdenken.

Auf eine gute Woche!

Ihr und Euer

Guido Quelle

Mandat Wachstums Wochenstart Nr. 634: Die Zeit ist um

In der letzten Woche ging es um Fortschritt und Innovation. Gehen wir heute einen Schritt weiter, sehen wir den Tatsachen ins Gesicht, seien wir ehrlich:

Die Zeit vieler Produkte und Leistungen in vielen Unternehmen ist um. Sie sind nur noch da, weil sie immer schon da waren. Sie sind da, weil man nostalgisch ist. Sie sind da, weil es noch ein paar Kunden sind, welche die Leistungen und Produkte lieben. Sie sind da, weil man sich nicht traut, sie abzuschaffen.

Erinnern Sie sich an „Wetten, dass?“ Ein Straßenfeger in seiner Anfangszeit, ein Dauerbrenner, man wartete darauf, dass die nächste Folge kam. Welche verrückten Wetten kommen als Nächstes? Welche illustren Gäste nehmen auf der Couch Platz und vor allem: Was hat sich Gottschalk, der Tausendsassa, wieder Verrücktes einfallen lassen?

Die Zeit von „Wetten, dass?“ ist um. Sie war schon vor den letzten Folgen vorüber. Nein, das liegt nicht nur am glücklicherweise auch älter gewordenen Thomas Gottschalk, es liegt an der Ermüdung. Das Format hat sich nicht mit gleicher Geschwindigkeit weiterentwickelt wie die Zeit, die „Fernseh“-Gewohnheiten. Das kann es auch gar nicht, weil es dann ein anderes Format wird.

„Wetten, dass?“ ist ein schönes Beispiel dafür, dass Formate, Produkte, ihre Grenzen haben. Das Bedürfnis nach Entertainment, nach Spannung, nach Humor, nach Teilhabe an Geschichten von Prominenten, das ist geblieben. Wir brauchen dafür aber heute andere Produkte und Darbietungen. Das mag man mögen oder man mag es nicht, es gehört aber zu Wachstum und Weiterentwicklung hinzu.

Eines der wichtigsten Wachstumswerkzeuge ist es, das Bedürfnis der Kunden – dies beinhaltet das Produkt, die Leistung und die Darbietung! – im Auge zu behalten und die Produktverliebtheit ein Stück weit aufzugeben. Natürlich gibt es Produkte, die Jahrzehnte mit geringen Veränderungen gut funktionieren, aber je komplexer das Produkt oder die Dienstleistung und je austauschbarer Physisches durch Digitales ist, desto eher besteht Ersatzgefahr. Wohl denen, die sich auf die immerwährenden Bedürfnisse konzentrieren.

Und nun zu uns – Achtung, es wird ungemütlich: Auch Menschen in Fach- und Führungspositionen sind gefährdet. Sind wir noch zeitgemäß? Konzentrieren wir uns auf Weiterentwicklungen, auf Ziele, auf neue Dimensionen oder verharren wir in alten Methoden, Ansichten, Darbietungen? Manches mag Bestand haben, aber nicht alles. Eine gewisse innere Opposition hilft. Nicht alles, was in den letzten 30 Jahren zum Erfolg geführt hat, ist noch aktuell und wirksam.

Daher sind auch und zuallererst wir alle gefordert, uns und unser Handeln regelmäßig zu erneuern – liebe Mittzwanziger und aufwärts: Das gilt übrigens für alle! Wir sind nie „fertig“ und das sollten wir anerkennen. In den Dingen, in denen wir uns nicht weiterentwickeln können oder wollen, suchen wir idealerweise Nachfolger. Das schafft Raum für Neues und so werden wir auch kein „Wetten, dass?“-Phänomen, das man nur noch aus Nostalgie anschaut und zu dem man ehrlicherweise sagen müsste: „Die Zeit ist um.“ – Dies ist im Übrigen ein sehr bewegendes Thema in unseren Beratungen zur Unternehmensnachfolge.

Auf eine gute Woche!

Ihr und Euer

Guido Quelle

Mandat Wachstums Wochenstart Nr. 633: Fortschritt und Innovation

Als Wachstumsexperten sind wir immer wieder mit der Frage konfrontiert, ob es denn sein kann, dass Wachstum immer nötig sei, ob Wachstum denn nicht doch böse ist, ob es denn immer weiter, höher, schneller gehen muss. Mitunter wird der Vortrag – je nachdem, ob der Fragesteller Interesse oder eine Agenda hat –, auch vorwurfsvoller, rhetorischer, suggestiver.

Die Antwort bleibt dieselbe: Ja.

Der Luxus von heute ist der Standard von morgen. Zumindest in funktionierenden ((sozial-) marktwirtschaftlichen) Systemen.

Wir könnten jetzt in eine ausführliche Begründung gehen, aber dafür ist der Raum hier zu gering. Nur soviel: (Fast) niemand von uns will stehenbleiben, will sich nicht weiterentwickeln, will es nicht besser haben in der Zukunft. (Fast) alle von uns streben nach etwas, nach Neuem, Unbekannten und, ja, das gehört auch zur Wahrheit: Wir haben unterschiedlich hohes Bestreben, Dinge zu bewahren, das Gewohnte zu sichern. Das Streben nach Weiterentwicklung begründet bereits Wachstum.

Nun kommen wir unweigerlich zu Fortschritt und Innovation, denn ohne Innovation gibt es kein intelligentes Wachstum. Ohne Innovation ist denjenigen der Boden geebnet, die gegen Wachstum wettern, denn dann würde Wachstum wirklich degradiert zu einem reinen „Mehr des ewig Gleichen“ und das ist in der Tat endlich und gefährlich. Mehr Grammophone, bitte! Nein, danke.

In Sachen intelligenten Wachstums müssen wir aber über die Bewertung von „Fortschritt“ und die Definition von „Innovation“ sprechen. „Fortschritt“ gibt keine Richtung vor. Man schreitet fort. Fort von etwas, weg von einem Zustand. „Fortschritt“ definiert genau genommen nicht unbedingt etwas Positives. Ja, wir haben „Fortschritt“ positiv konnotiert. Aber es bleibt das „fort“ im Wort.

Für „guten“ Fortschritt brauchen wir eine Richtung und wir brauchen einen definierten Standort. Die Standortbestimmung ist etwas, das vielen Unternehmen aktuell schwerfällt und wir helfen in den letzten 18 Monaten verstärkt dabei, die Standorte vieler Unternehmen zu bestimmen, damit erst einmal klar ist, von wo man „fortschreiten“ möchte – dazu brauchen wir natürlich auch ein Ziel.

Merke also: Fortschritt ist nicht per se positiv, sondern nur dann, wenn der Standort und das Ziel klar sind.

Nun zu „Innovation“. Etwas Neues. Soso. Wie oft haben wir schon etwas „Neues“ kennengelernt, das unzweckmäßig, schlecht gemacht, hinreichend überflüssig war? Oft. Ist das dann eine Innovation? Es war doch neu. Die neue App, die neue Software, der neue Fernseher, der alles kann, außer kochen, bei dem man aber, um ganz simple TV-Programme zu sehen, die 250 Seiten lange Anleitung studiert haben muss, weil die Fernbedienung eine Katastrophe ist. Alles Innovationen, oder?

Wir definieren „gute“ Innovationen über ihren Markterfolg. Wenn wir mit Unternehmen deren Innovationsprozess definieren oder überarbeiten, wird vorne immer ein Prozess „Wie kommen Ideen ins Unternehmen und wie werden diese bewertet?“ und hinten ein Prozess „Auf welche Weise bewerten wir den Erfolg von Innovationen?“ angedockt. So werden Innovationen besser und nicht nur neu.

Viel Erfolg bei Ihrem weiteren Fortschritt in die richtige Richtung und

auf eine gute Woche

Ihr und Euer

Guido Quelle

Mandat Wachstums Wochenstart Nr. 632: Das Wichtige sichtbar machen

Ich habe eine neue elektrische Zahnbürste gekauft. Sie ist – obwohl ich lange überlegt habe – von demselben Hersteller wie ihre beiden Vorgänger, die im Elektroschrott gelandet sind, weil sie nach Jahren den Dienst verweigerten. Aber Sie wissen, wie das ist: Es sind noch zahllose Aufsätze im Bestand, die Ladeeinheiten sind kompatibel und so fort, man ist schnell gedanklich gefangen – aber das ist eine andere Geschichte, im Übrigen wollte ich es mir einfach machen.

Die Testergebnisse habe ich mir zuvor natürlich angeschaut und wieder einmal festgestellt: In den einzelnen Segmenten sind die Unterschiede sehr gering. Braun oder Philips? Bei den Spitzenmodellen völlig unerheblich. Es ist in anderen Branchen genauso: S-Klasse, 7er oder A8? Eine Ebene darunter: E-Klasse, 5er oder A6? Unterschiede sind unerheblich, die Kaufentscheidung fällt aufgrund der mit der Marke verbundenen Merkmale und Konsequenzen. Doch lassen Sie uns nicht abschweifen, wir wollen ja darüber sprechen, dass es wichtig ist, das Wichtige sichtbar zu machen.

Im Karton der Zahnbürste: Zahlreiche Zettel und Booklets. So nahm ich die – vermeintliche – Bedienungsanleitung in der Größe DIN A6 zum Lesen mit ins Wohnzimmer und wunderte mich bereits, dass sie recht dick geraten war. „Klar, alle Sprachen dieser Erde“, dachte ich.

Mit den Sprachen lag ich richtig. Aber: wer beschreibt mein Erstaunen, dass es sich gar nicht um die Bedienungsanleitung handelte? Es handelte sich vielmehr um die Sicherheitsanweisungen, in 37 (sic!) Sprachen. Auf 134 (sic!) Seiten. Gewicht: 61 (sic!) Gramm. Schriftgröße: sehtestrelevant.

In dem Buch war kein einziger Hinweis auf die Bedienungsspezifika. Nächster Versuch: Ein Faltblatt. Größe DIN A6. Nach einer gefühlten Viertelstunde ausgeklappt auf DIN A2. Inhalt: Garantiebestimmungen in – vermutlich– 37 Sprachen. Schriftgröße: Selbst mit Brille nur schwerlich lesbar. Kein Hinweis auf die Bedienungsspezifika. Gewicht: 15 Gramm.

Die blaue Karte für die Garantieverlängerung war auffällig, Registrierung ging schnell, ist erledigt. Und die Bedienungsanleitung? Ah! Da war sie, das musste sie sein: die Bedienungsanleitung, auch DIN A6. Ein Faltblatt ausgeklappt auf DIN A5. 16 selbstsprechende Piktogramme. Kein Text, nur schwarz/weiß-Bilder, selbst sprechend, gut gemacht. Alles geklärt, danke. Ende. Gewicht: 1 Gramm, keine Pointe.

Ich könnte jetzt noch darüber schreiben, dass man früher eine manuelle Zahnbürste hatte, wusste, dass man zwei Minuten auf die vier Zahnquadranten aufteilen sollte, der Zahnarzt hat Putztipps gegeben und fertig. Heute haben wir Formel-1 Zahnputzboliden für mehrere Hundert Euro, mit vernetzten Bürsten und einer App, die uns sagt, wie gut wir waren – beim Zähneputzen, ein Sternchen, danke schön. Dies ist nicht nur technisch, sondern auch gesellschaftlich relevant.

Die Lektion, die ich mitnehme und an der ich Sie teilhaben lassen möchte:
Bei allen Vorschriften und bei aller Effizienz machen Sie das Wichtige sichtbar. Die Bedienungsanleitung hätte einen Sticker, eine Farbe, einen Hinweis verdient und vielleicht ist es sogar möglich, einen QR-Code mitzuliefern, mit dessen Hilfe man die Garantiebestimmungen und die Sicherheitshinweise herunterladen kann. (Mein Tipp: Sie würden nur vom Wettbewerb und von Behörden heruntergeladen), denn wer eine App-fähige Zahnbürste kauft, hat auch ein Handy. Möglicherweise ist das aber auch gesetzlich verboten, Digitalisierung ist ja Teufelszeug.

Machen Sie das Wichtige sichtbar. Helfen Sie Ihren Kunden im Dschungel der Verwirrung. Geben Sie Orientierung – dazu dient eine Marke übrigens exzellent!

Auf eine gute Woche

Ihr und Euer

Guido Quelle