Mandat Wachstums-Wochenstart® Nr. 570: Fühlen, ahnen, meinen

Für meinen Geschmack wird in unserer Gesellschaft derzeit zu viel gefühlt, geahnt und gemeint. Für meinen Geschmack wird zu wenig gewusst, gekonnt und getan. Oder sagen wir es anders: Die Fühlis, Ahner und Meinungsführer dominieren zur Zeit in vielen Diskussionen die Wissenden, Könnenden und Schaffenden. Es besteht kaum noch Raum für eine Diskussion auf Faktenbasis, wissenschaftliche Erkenntnisse erhalten immer schwerer Einzug in die Debatten und wenn, dann gibt es zu wenig Raum, um die unterschiedlichen wissenschaftlichen Erkenntnisse in Ruhe miteinander zu vergleichen und sie abzuwägen.

Jawohl, Sie haben vermutlich einen berechtigten Einwand, denn wir können unmöglich überall Experten sein (wobei einige Hobbyphilosophen, auch gern im TV präsent, diesen Mythos haben) und wir haben auch nicht die Zeit, uns mit jedem Thema auf wissenschaftlicher Basis zu beschäftigen. Das ist richtig und wichtig.

Aber: Ich erwarte bei wichtigen Diskussionen, die in Politik und Gesellschaft stattfinden, dass sich die Verantwortlichen mit den Fakten befassen, dafür bezahlen wir nämlich Tausende Beamte in den Ministerien. Ich erwarte auch, dass Annahmen und Meinungen als solche gekennzeichnet und nicht als Fakt verkauft werden. Ich erwarte auch, dass Wissen verwendet wird, um zu weiterem Wissen zu gelangen.

Was wir in gesellschaftlichen und politischen Debatten derzeit erleben, lässt mir mitunter die Haare zu Berge stehen. Nein, meine Damen und Herren, fühlen reicht mir nicht. Ahnen auch nicht. Meinen auch nicht. Meinungen sind wichtig, aber sie bleiben Meinungen und dann ist eine so gut wie die andere, wir dürften nur wieder erlernen, dies auch zu akzeptieren und angemessen zu diskutieren, denn auch das funktioniert aktuell oft nach dem Muster „Entweder, Du bist meiner Meinung, oder Du bist ein Idiot“.

Können benötigt Wissen und richtiges Tun benötigt Können. Fühlen, ahnen, meinen, das können alle und eine Errungenschaft unserer Demokratie ist es ja, dass wir alles sagen dürfen. Doch, doch, das dürfen wir, auch wenn manche das bestreiten. Wir müssen nur mit den Konsequenzen leben.

Wir brauchen noch die Kurve zu „Wachstum“. Hier ist sie: Das, was sich in der gesellschaftlichen Debatte außerhalb des Unternehmens abspielt, spielt sich genauso im Unternehmen ab. Ein bisschen gebremst, vielleicht, weil man im Unternehmen Orientierungspunkte, gemeinsame Ziele hat, aber fühlen, ahnen, meinen, dieser Dreiklang ist durchaus auch in Unternehmen präsent und er ist wenig hilfreich.

Wenn Sie Meetings leiten, helfen Sie daher den Teilnehmern, zu differenzieren: Was ist (vermutlich) Fakt, was ist Meinung? Was ist belegt, was ist Annahme? In Strategieprojekten sammeln wir stets Annahmen und schreiben sie auf, damit wir das oft unbewusste Entscheidungsfundament kennen. Sorgen Sie dafür, dass Sie für die wachstumsentscheidenden Punkte Wissen ansammeln, fördern Sie das Können und vor allem das Tun. Machen Sie auf „fühlen, ahnen, meinen“ aufmerksam, das reicht nämlich nicht für den harten Wind im Wettbewerb.

Auf eine gute Woche!

Ihr und Euer

Guido Quelle

 

 

Mandat Wachstums-Wochenstart® Nr. 569: Altes Business, moderne Mittel

Auch die Kirchen in den USA haben mit einer schwindenden Anzahl Gläubiger zu tun. So ist eine halbstündige Messe in St. Patrick’s Cathedral in New York an einem Wochentag von vielleicht 100 bis 120 Menschen besucht, in einer Metropole mit 8,5 Millionen Einwohnern und unzähligen Touristen ist das nicht viel, vor allem, wenn man bedenkt, dass die Kirche etwa 2.500 Menschen fasst.

St. Patrick muss sich selber finanzieren. Stellen Sie sich das einmal vor: Die Kirche wird von der katholischen Kirche in den USA nicht co-finanziert. Waren Sie schon einmal in St. Patrick’s Cathedral? Es ist beeindruckend. Wir sind immer mindestens einmal dort, wenn wir in New York sind. Die Kirche umfasst einen ganzen Block und wird umrundet von Madison Avenue und 5th Avenue in Nord/Süd-Richtung sowie 50th und 51st Street in Ost/West-Richtung. Vermutlich handelt es sich bei dem Standort um eines der wertvollsten Grundstücke in den gesamten USA.

Woher soll das Geld also kommen, außer von den Gläubigen und Spendern, zu denen auch zahlreiche äußerst wohlhabende Familien gehören? Nun, man muss kreativ sein. Traditionell sind Fundraising und Spenden in den USA etwas ganz Normales und auch das Verkaufen hat ein positiveres Image als in Deutschland. So entstehen neben Projektspenden für Renovierungen auch dauernde Einnahmen.

Es werden zum Beispiel Sitzreihen „verkauft“ – Namensschilder weisen dies aus und das dürfte für die Familien nicht billig sein. Aber auch die Touristen und Einheimischen Gläubigen werden eingebunden. Kerze anzünden? Zwei Dollar werden empfohlen und man kann diese zwei Dollar an den unzähligen Stellen, an denen man Kerzen anzünden kann – es sind sicher mehr als ein Dutzend dieser Stellen – in einen Briefschlitz einwerfen, oder man steckt seine Kreditkarte in ein Gerät an einem Kerzenkorb und darf sich für sechs Dollar drei Kerzen nehmen. Keine Geheimnummer, keine Kartenüberprüfung, es dauert keine drei Sekunden. Und: Niemand überprüft, ob gezahlt wird, man kann sich auch einfach eine Kerze nehmen und sie anzünden, aber viele Menschen geben eben die zwei Dollar oder mehr.

An manchen Stellen stehen Schilder, die ausweisen, dass man sich über eine Spende von fünf Dollar oder mehr freut, um den Erhalt der Kirche zu finanzieren. Es gibt an jeder Bank, an jedem Platz QR-Codes für das Tagesprogramm, die aktuelle Messe, Informationen über die Kirche und so fort. In der Kirche stehen Automaten, an denen man Medaillen erwerben kann. Gold, Silber, Bronze, Kreditkarte rein und fertig.

Können Sie sich vorstellen, wie viel Geld erforderlich ist, um allein den Betrieb der Kirche zu finanzieren? Das beginnt bei den Mitarbeitern, die am Eingang fortwährend Taschen kontrollieren und hört beim Erhalt der Krypta noch nicht auf. Natürlich kosten auch Hochzeiten dort Geld, ein paar Tausend Dollar dürfen es schon sein. St. Patrick’s muss sich Einnahmen sichern. Dabei hilft auch der Souvenir-Store an der 51st Street.

St. Patrick’s Cathedral lehrt uns etwas. Erstens: Auch wenn Du superprominent bist, musst Du Dich bemühen. Zweitens: Du kannst Dich nicht auf Deinen Lorbeeren der Vergangenheit ausruhen. Drittens: Du musst Technologie nutzen, um Dein Geschäftsmodell modern zu halten.
Lernen wir von St. Patrick.

Auf eine gute Woche!

Ihr und Euer
Guido Quelle

 

 

Mandat Wachstums-Wochenstart® Nr. 568: Nichts los in Restaurants?

Immer wieder höre ich, dass in Restaurants nichts oder nur wenig los sei. Die Menschen hätten kein Geld zum Ausgehen, Personal bekäme man auch keines mehr, die Betriebskosten stiegen und so fort. Ich komme zu dem Schluss, dass dies nur bei Restaurants beklagt wird, die unternehmerische Fehler begehen. Es gibt nämlich erfolgreiche und auch extrem erfolgreiche Restaurants.
Beispiel 1
New York, Nobu 57th, ein Mittwochabend, wir lieben das japanische Restaurant. Meine Frau und ich haben am Mittag selbst über die Concierge im Hotel, die uns als VIP-Gäste avisiert hat, keine Reservierung vor 21:45 Uhr bekommen. Also machten wir uns spontan gegen 19 Uhr auf den Weg, weil wir wussten, dass das Nobu immer auch Laufkundschaft aufnimmt und man dann eben an der Bar oder sonst wo warten muss.
Im Nobu angekommen, war schnell klar: Die Bar ist auch belegt. Der ganze Laden war proppenvoll. Wir schätzten, dass es sicher um die 200 bis 250 Gäste sein mussten, vielleicht mehr. Das Team nahm uns in die Warteliste auf, notierte meine Mobilnummer und avisierte: „Current waiting time is an hour.“ Wow. Egal, wir orderten Cocktails und eh‘ wir uns versahen, hatten wir nach 15 Minuten einen Platz. Zwar nicht am Tisch, aber an der Sushi-Bar, was noch besser war.
Man darf sich die Sushi-Bar im Nobu nicht so vorstellen, wie wir es aus Deutschland oft kennen: Irgendwelche Gerichte rollen auf dem Band an allen vorbei. Nixda. Wir saßen direkt an der Sushi-Zubereitung, wo neun (neun!) Köche überaus beschäftigt waren. Hinten in der Küche für die warmen Gerichte arbeiteten sicher noch einmal fünf oder sechs Köche, zahlreiche Ober flogen durch den Raum. Wir sprechen von einem Mittwochabend. Nein, die Ausrede „Manhattan“ zählt nicht. Der Wettbewerb ist riesig in Manhattan. Erst als wir gegen 22:30 Uhr nach einem fulminanten Überraschungsmenü (erfahrungsgemäß der ultimative Tip!) das Restaurant verließen, war es ein wenig ruhiger geworden.
Beispiel 2
New York, Bond 45 (at 46th), ein Donnerstagabend, 17 Uhr. Wir hatten “pre-theater dinner” reserviert und die Logistik klappte bestens. Als wir das Restaurant um 18:30 Uhr verließen, war es voll. Proppenvoll. Nein, „Manhattan“ zieht hier auch nicht als Erklärung. In den Straßen rund um den Broadway reiht sich ein gutes Restaurant an das andere.
Ich kann weitere Beispiele anführen, das Monterey (Manhattan, East 50th) zum Beispiel, wo wir kürzlich Lunch einnahmen, war jeden Mittag voll, aber auch „unser“ italienisches Restaurant in unserem Vorort in Dortmund gehört zu den Erfolgreichen. Zur Standardkarte haben sich über die Jahre so leckere Spezialgerichte addiert, dass wir fast gar nicht mehr aus der Standardkarte bestellen – außer, wenn wir etwas abholen. Samstagabend, telefonische Pizzabestellung. „Kommen Sie bitte in 35 Minuten, Ihre Abholnummer ist die 100“. Sie zählen täglich und wir sprechen von einem Restaurant mit Dutzenden Plätzen, das bestens gefüllt war.
Misserfolg oder ausbleibender Erfolg ist oft eine Ausrede, man macht es sich zu einfach. Wachstum kommt immer von innen. Die genannten Restaurants könnten sich auch über Mitarbeitermangel beklagen. Vielleicht tun sie das sogar, aber drinnen ist immerhin der Bär los.
Stehen wir uns nicht also selbst im Weg. Stoppen wir das Wehklagen und krempeln wir die Ärmel hoch. Wachstum hat nämlich auch etwas mit Anpacken zu tun.
Auf eine gute Woche!
Ihr und Euer
Guido Quelle

 

 

Mandat Wachstums-Wochenstart® Nr. 567: Fahrer in den USA

Gerade zurück von einem Business-Trip nach New York möchte ich heute einmal die Fahrer würdigen, die ich in den USA üblicherweise beauftrage. Es sind Fahrer von Limoservices wie zum Beispiel Blacklane, aber auch von Uber Black oder ähnlichen Services. Mir ist aufgefallen, dass viele der Fahrer sich erstens sehr für die Belange ihrer Fahrgäste interessieren, zweitens, dass sie oft viel gereist sind und drittens, dass sie sich sehr für Themen wie Politik, Internationales oder Gesellschaft interessieren.
Die Fahrten von und zu den Flughäfen sind meist zwischen 30 und 90 Minuten, je nach Stadt und Verkehrslage. Normalerweise bin ich während meiner Reisen nicht sonderlich gesprächig, aber die Gespräche mit Fahrern in den USA sind oft bereichernd, überraschend, unterhaltsam. Auf der Fahrt von Miami Airport nach South Beach Miami im November habe ich mich mit einem Fahrer ausführlich über die Politik in den USA, in Deutschland und in Europa unterhalten und er kannte sich überraschend gut auch außerhalb der USA aus.
Auf der Fahrt vom John F. Kennedy Airport in Queens nach Manhattan sprachen wir mit einem Fahrer über Europa, auch über Fußball. Er fragte uns woher wir kämen, wir entgegneten „aus Dortmund“ und bevor wir erklären konnten, wo Dortmund liegt, sagte er uns, er schaue immer Bundesliga, sei ein Fan von Borussia Dortmund, möge aber auch Bayern München und Bayer Leverkusen. Man staunt. Auch über unsere Regierung haben wir uns unterhalten, unser Fahrer fragte nach Unterschieden zwischen der Regierung Merkel und der neuen Regierung.
Jetzt nach Deutschland. In Deutschland höre ich gern: „Watt, nur so ‘ne kurze Strecke, da könnense doch zu Fuß hingehen. Und dafür warte ick ne Stunde?“ (Berlin) „Kartenzahlung? Nein, das geht nicht“ oder, alternativ: „Nur, wenn das System funktioniert.“ (Stuttgart) (Spoiler: Das tut es nicht, weil der Fahrer es nicht bedienen kann oder will.) oder „Taxifahren muss viel teurer werden, das lohnt sich doch alles nicht mehr.“ (Dortmund). Gerne auch Varianten davon oder Mischungen daraus.
Nun darf man raten, wo die Trinkgelder höher ausfallen. Guess where?
Aber nicht nur das: Ich habe mich gefragt, woher das Wissen der Fahrer in den USA kommt. Das Ergebnis meiner hochwissenschaftlichen Recherche: Es stammt aus dem Interesse und aus den Gesprächen und aus dem daraus vermutlich zuhause angereicherten neuen Wissen. Es kommt daher, dass die Fahrer fragen, dass sie mit Menschen unterwegs sind, die etwas zu sagen haben. Viele unserer Taxifahrer zuhause tun das nicht. Leider.
Zu unserem Thema „Wachstum“: Wenn wir uns interessieren, wenn wir Fragen stellen, wenn wir gemeinsame Themen finden, dann entstehen Gespräche. Sie entstehen nicht, wenn wir fortwährend reden. Und wir wissen: Aus Gesprächen entsteht Vertrauen, auf Vertrauen basieren Beziehungen. Nein, ich rede nicht von einer langfristigen Beziehung eines Limo- oder Taxi- oder Uberfahrers zu seinem Fahrgast, ich rede von den Beziehungen, die wir im Geschäftsleben herstellen und die eine wunderbare Basis für langfristiges Miteinander sind.
Interesse am Gegenüber. Das zählt. Lernen wir von Fahrern in den USA.
Auf eine gute Woche!

Ihr und Euer
Guido Quelle