Mandat Wachstums-#Wochenstart Nr. 337: Unternehmens-Lehren aus der #Diesel-Affäre
Nein, ich möchte nicht darüber reden, dass einem übel werden kann, wenn bezüglich EURO5-Dieselfahrzeugen, die mit Ausnahmegenehmigung bis 2017 noch flockig zugelassen wurden, von „alten“ Autos gesprochen wird. Ich möchte heute darüber reden, dass wir, die wir die Diesel-Affäre, die drohenden oder bereits eingerichteten Fahrverbote, die Diskussion darüber, dass möglicherweise selbst EURO 6-Diesel nicht „sauber“ genug seien, mit Kopfschütteln, Unverständnis und mitunter auch mit ohnmächtiger Wut beobachten, gut beraten sind, in unseren Unternehmen zu schauen, ob sich nicht ähnliche Prinzipien Raum gegriffen haben.
„Bei uns? Jetzt ist Herr Quelle gänzlich abgedreht.“
Schauen wir doch einmal …
Erstens: Unrealistische Forderungen. Wie oft geschieht es in Unternehmen, dass unrealistische Ziele ausgerufen werden? Wie oft habe ich gehört „Wir wollen nächstes Jahr um zehn Prozent wachsen“, ohne dass diese „zehn Prozent“ unterfüttert, plausibel oder geglaubt würden? Wie oft habe ich berechtigte Einwände gegen zu hohe Forderungen der Unternehmens- oder Bereichsführung gehört (wir haben auch oft nachgewiesen, dass wesentlich höheres Wachstum möglich wäre, aber das ist ein anderes Thema). Wie oft haben die Mitarbeiter sich geduckt, das unrealistische Ziel zur Kenntnis genommen und wie oft wurden Zahlen frisiert, Aufträge vorgezogen oder Ausreden gefunden? Manche Dinge sind nicht realistisch, reines Fordern genügt dann nicht. Kennedy wird oft zitiert, dass er ein „Das ist unmöglich“ bezüglich des Mondspaziergangs nicht habe gelten lassen. Stimmt, aber: Die USA waren nur deshalb gemäß Kennedy’s Willen als Erste auf dem Mond, weil das prestigeträchtige Vorhaben mit massiven (!) Geldmitteln und Ressourcen unterstützt wurde. Bei Apple und dem iPhone, war es mit Steve Jobs übrigens ähnlich, wie ich aus sicherer Quelle weiß.
Zweitens: Falsche Messgrößen und Messmethoden. Wie oft werden falsche Messgrößen für den Erfolg herangezogen? Weder Umsatz noch das Betriebsergebnis taugen isoliert als Messgrößen für gesundes Wachstum und die um zehn Prozent gestiegenen Reinigungskosten für die Büros sind keinen Tagesordnungspunkt wert, wenn sie nur einen extrem geringen Kostenanteil ausmachen. Jedes System richtet sich nach den Messgrößen, nach denen es sich zu richten hat. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass jedes Ziel ein gewisses Handeln auslöst, das immer (!) Seiteneffekte hat.
Drittens: Druck weitergeben in Verbindung mit Unantastbarkeit. Wie oft werden Mitarbeiter mit unrealistischen Forderungen allein gelassen (siehe oben) und wie oft werden diejenigen, die sich trauen, die Frage nach Hilfe zu stellen, mit Vertrauensentzug oder Kopfschütteln bedacht? Jawohl, Mitarbeiter sollen Probleme lösen, nicht schaffen, aber wenn ich nur einen Stein und einen Meißel habe, kann ich nicht in einer Stunde einen Aufsatz schreiben. Kommt hier noch die Unantastbarkeit und Unansprechbarkeit der Führung hinzu, kann es schnell geschehen, dass Umgehungen gesucht und gefunden werden – bei VW ging dies bis zu illegalen Handlungen.
Wie können wir vermeiden, dass „Diesel/NOx/CO2“ in unseren Unternehmen stattfindet?
Unter anderem mit einem kritischen Dialog über Ziele, mit transparenter Einbindung der Unternehmensführung in relevante Maßnahmen, mit Offenheit der Führung für berechtigte Einwände, mit der Bereitschaft des Unternehmens, zu investieren – und: Mit der Fähigkeit, ein Ziel nach intensiver Diskussion entgegen anderer Annahmen auch mal als unsinnig zu verwerfen.
Auf eine gute Woche!
Ihr und Euer
Guido Quelle
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© 2018, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH, Dortmund, London, New York.
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