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Mandat Wachstums-Wochenstart Nr. 707: Muss denn erst Krise herrschen

Ich habe inzwischen mehr als 20 Bücher verfasst oder herausgegeben, zwei davon gemeinsam mit Markus Becker. Markus, mit seinem Unternehmen einer der langjährigsten Klienten von Mandat, ist führender Infrastrukturexperte, ich verstehe etwas von Strategie, Wachstum, Organisation und Veränderungsmanagement und so haben wir unsere beiden Expertisen zusammengetan.

Nach „Die Wahrheit liegt vor der Baggerschaufel“, 2018, folgte das zweite, „Und dann fällt der Strom aus“, erschienen im Frühjahr 2024. Anlass war die Ahrtalflut – Markus‘ Unternehmen und sein Zuhause sind in Bad Neuenahr-Ahrweiler. In diesem Buch trauen wir uns auch an eine Vision für eine zukünftige robuste Infrastruktur heran.

Was beiden Büchern gemein ist und worauf Markus und ich kürzlich in einem Beratungsgespräch wieder stießen, ist, dass wir viel über Prävention schreiben. Muss denn erst eine Krise herrschen, damit gehandelt wird? Das haben wir uns gefragt und diese Frage ist ja nicht auf die infrastrukturellen Überlegungen beschränkt, die sich im Ahrtal stellen und die sich in Deutschland stellen sollten.

Nein, ich erlebe, wir erleben, in der Beratung von Unternehmen zu deren gesundem profitablen Wachstum regelhaft, dass sehr häufig erst dann gehandelt wird, wenn „der Baum brennt“: Der Wettbewerb bringt ein neues Produkt auf den Markt, das den Markt aufmischt, ein neuer Wettbewerber, den man gar nicht auf dem Wahrnehmungsradar hatte, steigt quer ein und irritiert die traditionellen Anbieter, Produkte und Leistungen werden weniger nachgefragt – aufgrund welcher Entwicklungen auch immer –, Kosten explodieren, ein regionaler Markt bricht weg. Dies alles sind Gründe, die Unternehmen zu sehr schnellem Handeln veranlassen. Immerhin: Im schnellen Reagieren, in der flexiblen Anpassung sind viele Unternehmen gut, vor allem im gehobenen Mittelstand, denn hier besteht oft hohe Flexibilität.

Wir, als Externe, haben es leichter und denken mitunter: „Die jetzt entstehende Hektik war vermeidbar.“ Nein, wir sind keine Alleswisser, schon gar keine Besserwisser, aber wir haben den Vorteil, einige hundert Unternehmen von innen gesehen zu haben und wir wissen um die Kraft der Prävention. Man kann nicht alles absehen und absichern – das ist ein Wirksamkeitskiller –, aber unsere Klienten haben Verfahren eingerichtet, die manche Krise, manche Überraschung, wenn sie denn eintritt, abfedern.

Der vermutlich wesentliche Hebel: Ein funktionierender Strategieprozess. Es ergibt keinen Sinn, aus einem Krisenanlass, mit hoher Kraftanstrengung, oft nach vielen Jahren der Pflege einer „strategischen Brache“, eine Strategie zu entwickeln, diese dann mit großem Bahnhof, Plakaten und Informationsanlässen im Unternehmen zu präsentieren, mit hoher Energie Aktivitäten daraus abzuleiten und dann wieder zur Tagesordnung überzugehen, nur um in einigen Jahren vor derselben Situation zu stehen: Krise, Strategie muss aktualisiert werden, hoher Projekteinsatz, großer Bahnhof, Ableitungen, Weitermachen.

Die meisten (wenn nicht alle) unserer Klienten sind – sofern wir es wissen – durch die Corona-Krise besser hindurchgekommen als der relevante Wettbewerb. Nicht alle mit einem positiven Betriebsergebnis, aber wenigstens besser als die anderen. Das lag vor allem daran, dass unsere Klienten zuvor einen Strategieprozess eingerichtet hatten und keine Zeit verschwenden mussten, sich erst einmal zu finden. Die Zeit der Krise wurde dann zum weiteren Schärfen des künftigen Markterfolgs genutzt.

Es muss nicht erst Krise herrschen. In den guten Zeiten werden die Pflöcke für den weiteren Markterfolg eingeschlagen. Den Sieger erkennt man am Start, nicht erst am Ende. Er hat besser trainiert als die anderen. Vorbereitung kann man nicht nachholen!

Auf eine gute Woche

Ihr und Euer

Guido Quelle

Mandat Wachstums-Wochenstart® Nr. 611: Zu schwer

Lassen Sie uns zu Beginn des neuen Jahres mit Gewichten beschäftigen. Nein, nicht mit persönlichen Gewichten, auch wenn das nach den eher bewegungsarmen und nahrungsreichen Tagen auch ein Thema sein könnte. Wir beschäftigen uns mit Ausstattungsgewichten in Flugzeugen.

Die Lufthansa hat viele Themen zu bewältigen und eines davon ist, dass sie nachziehen muss in Bezug auf die Qualität, Modernität, Bequemlichkeit der Top-Klassen, namentlich der First-class und der Business-Class, hier insbesondere in den Fluggeräten der 747-Reihe, dem sogenannten „Jumbo“ von Boeing. Zahlreiche Fluggesellschaften ermöglichen nicht nur sehr komfortables Reisen in der First-class – das macht Lufthansa auch, und zwar auf internationalem Niveau –, sondern sie ermöglichen eine deutlich erhöhte Privatsphäre durch spezielle Abtrennungen, sodass eine eigene kleine Kabine entsteht, deren Tür man schließen kann.

Wir wollen uns nicht darüber unterhalten, ob dies sinnvoll, zeitgemäß, notwendig ist. Es ist jedenfalls komfortabel und aus Sicht der Lufthansa besteht Nachholbedarf. Auch die Business-Class soll überarbeitet werden. Das Projekt beschäftigt die Lufthansa schon seit Jahren, sie hat das neue Einrichtungskonzept „Allegris“ im Frühjahr 2023 vorgestellt.

Und nun?

Nun lesen wir in einem Beitrag von Timo Kotowski in der Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 4. Dezember 2023 die Überschrift „Neue First-Class-Einrichtung ist zu schwer für Lufthansa“. „First“ sitzt stets ganz vorn und das Gewicht der neuen Ausstattung macht den Flieger buglastig. Wie kann Abhilfe geschehen? Durch ein Gegengewicht von 700 Kilogramm im Heck – das ist nicht kompatibel mit den CO2-Zielen der Lufthansa –, durch eine geringere Zuladung von Fracht – das ist nicht kompatibel mit den Renditezielen der Lufthansa – oder durch Abspecken der Einrichtung. Wir dürfen gespannt sein.

Und die Business-Class? Die ist auch zu schwer. Daher kann die neue Einrichtung nicht im Oberdeck der 747-Flotte eingebaut werden. Das stelle ich mir auch prima vor: Du hast ein Business-Ticket in die USA, nach Afrika oder nach Asien gebucht, einen Platz im Oberdeck, steigst unten ein, gehst durch die schöne neue Einrichtung und landest dann oben in der alten Ausstattung. Ich höre schon „Sie hätten ja unten buchen können.“

Möchten Sie da Flugbegleiter sein?

Dass Lufthansa im Skytrax-Ranking den prestigeträchtigen fünften Stern wieder verloren hat, sei nur am Rande bemerkt.

Was lehrt uns das? Allerlei. Vor allem: Es gibt keinen Grund zur Häme, denn Ähnliches haben wir vermutlich in unseren Unternehmen alle schon erlebt. Die Größenordnung mag anders sein, die Auswirkungen andere, aber dass Projekte, bei denen immer vorgegaukelt wurde, alles sei bestens, alles andere als „bestens“ wurden, das kennen wir alle.

Und genau das ist einer der Gründe, dessenthalben unsere Klienten es so schätzen, mit uns Verbindlichkeit in Projekte zu bringen, in neue wie in laufende, vielleicht steckengebliebene Projekte. Strategien und Konzepte scheitern nie auf dem Papier. Wenn, dann scheitern sie in der Umsetzung – und das ist in großen Teilen vermeidbar. Prävention statt Reparatur.

Auf eine gute Woche!

Ihr und Euer

Guido Quelle

Mandat Wachstums-Wochenstart Nr. 105: Vorwarnen, nicht Melden

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  • Warum teilt eine 1.500 Euro Kaffeemaschine dem Benutzer nicht nach Wahl der Kaffeeart aber vor dem Brühvorgang mit, dass die noch vorhandene Menge Wasser im Behälter nicht für den geplanten Kaffeebezug reichen wird?
  • Warum teilt ein intelligenter Student seinem Betreuer nicht deutlich vor Abgabe der Masterarbeit mit, dass er sich eine weitere Präzisierung der Aufgabe wünscht?
  • Warum teilt ein hochbezahlter Projektleiter seinem Auftraggeber nicht deutlich vor dem geplanten Abschlusstermin mit, dass das Projekt droht, nicht pünktlich fertig zu werden (und das aus gutem Grund)?

Warum findet all das regelhaft nicht statt? Stattdessen läuft ein wenig Kaffee durch die Maschine und der große Kaffeebecher ist mit einer Pfütze Kaffee bedeckt, während die Maschine mahnend „Wasser füllen“ meldet, der Student verzettelt sich total und gibt eine miserable oder maximal durchschnittliche Arbeit ab und der Auftraggeber des Projektes wird durch seinen Spätmelder hochgradig in Bedrängnis gebracht, weil er bereits Initiativen gestartet hat, welche die Ergebnisse des nun doch nicht pünktlich gelieferten Projektes benötigen.

Präventivmaßnahmen sind immer besser als Korrekturen. Einen Brand zu vermeiden ist besser, als ihn zu melden oder noch so professionell zu löschen. Schauen Sie voraus, beim Autofahren klappt das doch auch.

© 2014, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH, Dortmund, London, New York.
© Sprinter: mezzotint_fotolia – Fotolia.com

 

Die persönliche Sicht: Der Modebegriff „lückenlose Aufklärung“

Seit einiger Zeit wird zunehmend „lückenlos aufgeklärt“. Die Grünen wollen für lückenlose Aufklärung in Sachen ihrer ausgesprochen bedenklichen Vergangenheit in Sachen Pädophilie sorgen, die Landesregierung in NRW verspricht lückenlose Aufklärung in Bezug auf Giftmüll in Kohlebergwerken, die „NSA-Abhöraffäre“ muss selbstverständlich lückenlos aufgeklärt werden und auch Schieflagen bei Banken oder Unternehmen, verursacht durch Fehlverhalten, rufen nach einer lückenlosen Aufklärung.

Es kommt bei der „lückenlosen Aufklärung“ entscheidend darauf an, wer den Bedarf schneller erkennt: Derjenige, der eine „lückenlose Aufklärung“ vom (politischen) Gegner fordert, oder derjenige, der initiativ für die „lückenlose Aufklärung“ sorgen will, um eben diesem Gegner zuvor zu kommen. Jemand in verantwortlicher Position, der etwas auf sich hält, sorgt für die „lückenlose Aufklärung“ dabei nicht nur hinter, sondern vorzugsweise vor den Kulissen, ja, auf der Bühne. Es ist wichtig, der „lückenlosen Aufklärung“ eine mediale Aufmerksamkeit zuteil werden zu lassen, sonst verschießt man sein Pulver unnötig.

Ich habe einen Vorschlag für die Gegenwart: Weniger Lärm, mehr Aufklärung, mehr Resultate. Anstatt über die Tätigkeit der „lückenlosen Aufklärung“ zu schwadronieren, kann die Energie besser in eben diese Aufklärung investiert werden, um schnelle Resultate zu präsentieren. Das mag weniger spektakulär sein, ist der Sache aber dienlicher.

Und nun noch ein Vorschlag für die Zukunft: Die Energie, die in das Fordern oder das Versprechen von „lückenloser Aufklärung“ und das möglicherweise tatsächliche „lückenlose Aufklären“ gesteckt wird, kann noch sinnvoller in gegenwärtig wirkende Prävention gesteckt werden. Sauberes, akkurates Handeln, dem Gemeinwohl entsprechend und Regeln von Moral und Anstand befolgend, kann späteres „lückenloses Aufklären“ gänzlich ersparen.

Prävention statt Reparatur – ein Grundsatz, den wir im Übrigen auch in unseren Klientenprojekten zu unternehmerischem Wachstum stets favorisieren. Mit ständiger Reparatur ist Wachstum nicht möglich.

(c) 2013, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH