Mandat Wachstums-#Wochenstart Nr. 267: Entmündigung
Als vor einigen Jahrzehnten erstmals das Gerücht aufkam, dass ein Kunde ein Schnellrestaurant, das auch Kaffee ausschenkt, erfolgreich in den USA verklagt habe, weil eben jener Kunde sich an dem heißen Kaffee verbrüht und nicht damit gerechnet hatte, dass er SO heiß war, dachten wir noch, „die spinnen“. Inzwischen sind wir es gewohnt, dass anbieterseitig vor allem und jedem gewarnt werden muss und auf eine gewisse Weise sind wir auch abgestumpft. „Caution: ‘hot‘“ auf dem Kaffeebecher, der Hinweis im Reisemobil, dass man mit geschlossener Verdunkelung der Frontscheibe nicht fahren dürfe, in einem Restaurant sah ich neulich in der Speisekarte eine Fußnote an einer Suppe, die aus dem Gefäß genossen werden sollte: „Porzellan kann heiß sein!“, das fand ich witzig.
Wir werden auf diese Weise entmündigt und wissen Sie was? Wir sind selbst Schuld daran. Würden nicht Klagen eingereicht und erfolgreich geführt, gäbe es diese Hinweise nicht. Natürlich wollen Unternehmen nach verlorenem Prozess und dann vorliegendem Präzedenzfall keine weiteren Schäden zahlen, also warnen wir vor Selbstverständlichem. Das wird eher noch zu- als abnehmen, ich denke, diese Prognose ist statthaft.
Ich kaufte vor einigen Tagen einige Paare Arbeitshandschuhe für Garten und Wohnmobil. Paarpreis: 1,95 Euro. Zuhause: Den Faden durchgeschnitten, der die beiden Handschuhe zusammenhielt und angezogen. Denkste. Ein Widerstand in einem Handschuh. Das Hindernis: Ein für Arbeitshandschuhe nennenswert dicker, dutzendsprachiger, beidseitig eng bedruckter Hinweiszettel, der ausgebreitet nennenswert groß war (siehe Foto) mit der „Bedienungsanleitung“ für die Handschuhe. Bei einem 1,95 Euro-Produkt. Da fällt Dir nichts mehr ein. „CYA“ – hier sogar vermutlich gesetzlich vorgeschrieben – lässt grüßen.
Das führt mich zu meinem Gedanken heute: Wo finden wir „CYA“ in unseren Unternehmen? (Die umgangssprachliche Übersetzung von CYA spare ich mir hier, sagen wir mal „Cover your area“, das trifft es auch.) Wo werden Absicherungen eingezogen, Extra-Kontrollschleifen, „Ich-war-es-nicht“-Routinen? Und vor allem: Welche dieser Regeln haben wir selber geschaffen? Nehmen wir es in unseren Unternehmen ernst: Lassen wir fähige, mündige Mitarbeiter eigenverantwortlich handeln, Erfolge einsammeln, Entscheidungen treffen, Fehler machen. Damit „CYA“ nicht die Kultur verdirbt.
Auf eine gute Woche!
Ihr und Euer
Guido Quelle
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© 2017, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH, Dortmund, London, New York.
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