Strategie: Audi – der Feind schläft nicht

Audi hat geschlafen. Vielleicht ein wenig zu lange. „Vorsprung durch Technik“? Das war einmal. Im Moment ist nicht ersichtlich, wie Audi aus seiner taktischen – oder ist es gar eine strategische – Wachstumsirritation herauskommen will. Die Rentabilität der Fahrzeuge ist nicht hinreichend, die Attraktivität der Fahrzeuge lässt nach, Innovationen lassen auf sich warten. Ein stärkerer Motor reicht heute nicht mehr.

Während BMW – sehr clever – mit seinen i-Modellen ins Rennen geht – selbst, wenn sie eher symbolisch sind – und damit einen Platz besetzt und während Mercedes eine wirklich rasante, gut akzeptierte A-Klasse fertiggebracht hat („Gibt es die auch höher, wie früher?“ – „Ja, gibt es. Die heißt B-Klasse.“), eine fulminante, mit Superlativen besprochene S-Klasse am Start hat und die neue C-Klasse im nächsten Jahr lancieren wird, tut Audi zu wenig. Das wird noch Schmerzen bereiten und sicher auch Konsequenzen haben, kein Zweifel.

Aus strategischer Sicht und aus meiner Sicht als Wachstumsexperte ist dies ein weiterer Beleg und ein Warnsignal dafür, dass Erfolg das Potenzial hat, Unternehmen träge werden zu lassen. So schön es auch ist, Erfolg zu haben, es ist besser, ein laufendes Produkt zu früh zu beenden, als zu spät. Es ist besser, den Wettbewerb zu treiben, als vom Wettbewerb, der schneller war, getrieben zu werden. Wir mögen es schätzen oder nicht, aber Geschwindigkeit in der Innovation ist entscheidend und diejenigen Unternehmen, die den richtigen Zeitpunkt finden, Altes zu erneuern, wachsen besser, als andere, die darauf setzen, die vermeintliche Cash-Cow bis zum letzten zu melken.

Wie alt sind eigentlich Ihre Produkte und Leistungen?

(c) 2013, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH

Strategie: Was haben Hertie, Schlecker, Praktiker gemeinsam?

„Sie sind insolvent“ ist zu flach. Lassen Sie uns nach dem gemeinsamen Grund fahnden: Es mangelte allen drei Händlern an einer wirksamen Strategie. Eine weitere Gemeinsamkeit: Es wurden Discount-Versuche unternommen, ohne Discount zu beherrschen.

Der Hertie-Relaunch – aus „Karstadt“ und „Karstadt Kompakt“ entstanden – versuchte sich in der Mitte, zielte sogar öffentlich auf die „gehobene Mitte“, was gründlichst misslang – trotz einer in einer gewissen Zielgruppe noch starken Marke. In der Mitte lässt es sich trotz aller Unkenrufe, die im übrigen schon seit 50 oder mehr Jahren erschallen, sehr wohl gut leben, das sehen wir in vielen Fällen. Man muss es nur richtig tun. Hertie hat eine ganze Menge falsch gemacht, begonnen bei der Nicht-Einhaltung selbst auferlegter strategischer Eckpfeiler.

Wenn man versucht, sich nur über Discount-Ansätze zu positionieren, funktioniert es nicht. Discount muss man leben, wie Peter Pohlmann, Gründer von Poco, mir in einem Gespräch einmal treffend sagte. Vor allem aber muss man Discount weiterentwickeln, was Schlecker beispielsweise trefflich versäumt hat. Discount hat seine Relevanz, aber nicht, wenn man den Einkauf als Strafe empfindet. Nicht, wenn man denkt „am liebsten ginge ich gar nicht dorthin, aber ich muss auf jeden Fall schleunigst wieder raus“. Discount funktioniert nur dann, wenn er smart genug gestaltet ist, dass dort Menschen kaufen, die rechnen müssen und Menschen, die rechnen wollen – ein wesentlicher Unterschied!

Über den Praktiker-Untergang und dessen Gründe habe ich genug geschrieben – übrigens mit nennenswerter Reaktion, bis hin zu persönlichen E-Mails. Seit etwa sieben Jahren spreche ich davon, dass Praktiker eine Strategie benötigt, weil das Unternehmen keine Strategie hatte. Das Unternehmen war ein Paradebeispiel für ein strategiefreies Durchmogeln durch den Markt. Zu spät, schade. Jetzt ist auch noch Max Bahr in den Strudel gezogen worden. Wiederum schade, ich hätte der Hellweg-Gruppe diese Wachstumsinitiative gegönnt. RBS hat offenbar mit der Mietbürgschaft zu hoch gepokert.

Dies waren nur drei Beispiele. Über Karstadt und seine derzeit zweifelhafte Existenzberechtigung mit der bestehenden Strategie, Neckermann oder Quelle haben wir noch gar nicht gesprochen.

Ausgewählte Lektionen aus dieser nüchternen Gemeinsamkeit?

1. Eine Strategie „Discount“ darf sich nicht auf den Preis beschränken. Ohne Prozesse, ohne „Mindset“ kein Discount.
2. Im Handel muss die beschlossene Positionierung quasi täglich am POS, im Marktauftritt, in der Ansprache der Kunden auf ihre tatsächliche Umsetzung hin geprüft werden.
3. Stehenbleiben ist keine Option. Das Weiterentwickeln muss Teil des Strategieprozesses sein.

Was sind Ihre Erkenntnisse?

(c) 2013, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH, Dortmund, London, New York.

Singapore Airlines: Zwei weitere „Kleinigkeiten“

Diejenigen, die mich kennen, wissen, dass ich ein Markenbotschafter für Singapore Airlines bin. Ich habe bisher nicht nur nichts Negatives, sondern ausschließlich Positives mit der Airline, mit der ich bestimmt schon dreißig Mal interkontinental geflogen bin, erlebt. Hier sind zwei „Kleinigkeiten“, wie Singapore Airlines mit seinen Kunden umgeht, um sie immer weiter zu begeistern:

1. Stopover in Singapur: eine Stunde.

Auf unserem Rückflug von Hong Kong nach Frankfurt hatten wir eine Stunde Stopover in Singapur. Auf meine anfänglich skeptische Frage bei der Buchung, ob man das denn hin bekäme (ich habe sämtliche schlechten Erfahrungen in Europa gesammelt), versicherte man mir, dass dies kein Problem sei. In der Tat: Es war keines: Raus aus dem Flieger als Erste, in die Skytrain zu Terminal 3, überall stehen Mitarbeiter von Singapore Airlines, die den Transferweg ausschildern und – voilà – sitzen wir im Flieger. Bemerkenswert.

Das Gepäck? Hier ist das Ticket, das unser Gepäck bekam: ein sichtbarer Aufkleber mit T3 für Terminal 3, ein Aufdruck „Hot“ und der übliche Priority Aufkleber, so dass unser Gepäck ebenfalls in Frankfurt ankam. Respekt.

Kofferticket

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2. Wenn man wissen will, wie Singapore Airlines seine besten Kunden verwöhnt, erhalte man eine Einladung in den Private Room in der Singapore Airlines First Class Lounge, mit privatem Butler und herrlicher Ruhe. Wunderbar.

So geht Kundenbindung. Punkt.

(c) 2013, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH, Dortmund, London, New York.

Mandat Wachstums-Wochenstart #83: Beiseite legen

Ein Klient berichtete mir vor kurzem von einer grandiosen Idee, die er auf einem bestimmten Wege erhalten habe und die er weiterverfolgen wolle, weil sie in einigen Jahren sicher eine große Wachstumschance eröffnen werde. Er fragte mich, was er meiner Ansicht nach damit tun solle.

Meine Antwort: ”Legen Sie die Idee beiseite und arbeiten Sie jetzt nicht daran.“

War die Idee schlecht? Vermutlich nicht, das war aber gar nicht mein Punkt. Mein Punkt in der Beratung war, dass das Thema bei unserem Klienten jetzt nicht „dran“ war, denn er hatte gänzlich andere Themen zu lösen. Ein japanisches Sprichwort sagt „Gehe nicht auf die Jagd, wenn Dein Haus brennt“. Im übertragenen Sinne also: Kümmere Dich um das, was wichtig und dringend ist zuerst.

Schauen Sie sich gute Ideen an und entscheiden Sie, ob es für Ihr Wachstum jetzt zielführend ist, sich damit auseinanderzusetzen. Wenn nicht, trauen Sie sich ruhig einmal, eine gute Idee beiseite zu legen. Sie können sich nicht um alles gleichzeitig kümmern.

(c) 2013, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH, Dortmund, London, New York.

Strategie: Kirmes – altersgerechte Fahrgeschäfte

Was fällt Ihnen auf, wenn Sie auf einer Kirmes sind? Richtig: Die Fahrgeschäfte werden immer rasanter, schneller, höher, weiter. Mehr Trubel, mehr Drive, mehr Lautstärke. Haben wir uns vor vielen Jahren noch staunend vor eine Achterbahn mit einem Looping gestellt und darüber gefachsimpelt, ob es wohl „auf den Nacken geht“, wenn man so einen Looping fährt, sind heute zweifach, dreifach und sonstige Loopings Standard und das ist längst nicht alles. Viel mehr Kitzel versprechen andere Fahrgeschäfte.

Die typischen Techno-Pop-Laut-Turbo-Fahrgeschäfte sind für Jugendliche und junge Erwachsene gedacht. Was aber ist mit älteren Fahrgästen, die sich diesen vermeintlichen Wahnsinn nicht antun möchten? Es ist zu erkennen, dass einige findige Schausteller sich mit altersgerechten Fahrgeschäften beschäftigen: Aussichtsplattformen, die langsam nach oben und unten fahren (und nicht im freien Fall der Schwerkraft folgen), sind nur ein Beispiel.

Mitunter macht es Sinn, einen Trend aufzugreifen und ihn um 180 Grad umzukehren, um eine Zielgruppe anzusprechen, die genau in der entgegengesetzten Ecke der Bedürfnisansprüche angesiedelt ist. Wenn die Zielgruppe groß und kaufkräftig genug ist, kann dies eine sehr interessante Wachstumsoption sein.

Ich möchte wetten, dass dieser Markt wächst. Wie sieht es in Ihrem Business aus? Welchen Trend erkennen Sie? Können Sie ihn um 180 Grad drehen?

(c) 2013, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH

So geht Kundenorientierung: Four Seasons Hong Kong

Während unseres Aufenthaltes im Four Seasons Hotel in Hong Kong anlässlich unseres jährlichen Meetings des Million Dollar Clubs, einem Netzwerk internationaler Consultants, fragte eine Dame aus unserer Gruppe nach heißem Wasser und Ingwer. Bedauerlicherweise war offenbar kein frischer Ingwer verfügbar. Auf erneutes Nachfragen nach dem Getränk erhielt die Dame eine entschuldigende Antwort: Es habe ein paar Minuten länger gedauert, man habe jemanden zum nahegelegen Markt geschickt, um frischen Ingwer zu kaufen. Die Dame erhielt sodann ihr Getränk, wohlgemerkt: Es war etwa 20 Uhr abends.

Zwei Lektionen:

  1. So geht Kundenorientierung. Der Kunde wird ernst genommen.
  2. Die Entscheidung wurde an der Frontline getroffen, kein Manager war involviert. Den Mitarbeitern wurde die Verantwortung übertragen, derartige Entscheidungen selbst zu treffen.

Ich nenne das vorbildlich. Und nun komme mir bitte niemand mit „Ein Hotel dieser Kategorie sollte aber Ingwer verfügbar haben.“ Bitte nicht.

(c) 2013, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH, Dortmund, London, New York.

Singapur: Wachstum? Natürlich, was sonst?

Ich schreibe dies in einer Höhe von 35.000 Fuß in der Nase einer Boeing 777 kurz vor dem Dinner auf einem First Class Flug mit Singapore Airlines von Singapur nach Hongkong, wo wir unser jährliches Meeting mit Kollegen aus vielen Teilen der Welt haben werden. Der kurze Stopover (knapp 24 Stunden) in Singapur war lang genug, um lokale Einsichten in Sachen Wachstum zu bekommen.

Die Selbstverständlichkeit, mit der in Singapur mit Wachstum umgegangen wird, ist bemerkenswert. Selbstverständlich ist Wachstum auf der Agenda, selbstverständlich wird überall gebaut, selbstverständlich soll noch weiteres Land gewonnen werden, um den Stadtstaat zu erweitern und selbstverständlich ist man sich der Tatsache bewusst, dass weiteres Wachstum auch bedeutet, dass Kulturen, Religionen, Weltanschauungen miteinander vereint werden und die entstehenden Herausforderungen gemeinsam gemeistert werden müssen.

Ich habe selten – wenn überhaupt jemals – eine so saubere und tolerante Großstadt gesehen. Als wir unseren Private Guide, Anna Ong, fragten, wie sicher Singapur ist, antwortete Anna, dass Sicherheit etwas sei, das sie an Singapur besonders liebe: Man könne auch als Frau nachts um drei Uhr auf den Straßen sein, ohne dass etwas passiere. Das Gespräch auf die Jugend gelenkt, die in Singapur ausgebildet wird, sagte Anna, dass viele junge Erwachsene in Singapur blieben, unter anderem, weil es Chancengleichheit (und auch Bezahlungsgleichheit) gebe, unabhängig von Religion, ethnischer Abstammung, oder Geschlecht.

Auch die Umwelt steht auf der Wachstumsagenda, denn für jedes neue Gebäude müssen grüne Ausgleichsflächen geschaffen werden oder bestehen bleiben. Damit „Singaporians“ in Singapur bleiben, baut die Regierung fleißig (Hoch-)Häuser, innerhalb deren zu vergleichsweise erschwinglichen Preisen Wohnungen gekauft werden können. So kostet eine 3-Zimmer Wohnung mit ca. 65 Quadratmetern Fläche in einem solchen Haus etwa 150.000 Singapur-Dollar, umgerechnet also etwa 90.000 Euro, was angesichts des Preises auf dem Privatmarkt von etwa 750.000 SGD (450.000 Euro) geradezu ein Schnäppchen ist. Alle sieben Jahre werden die Häuser von außen renoviert, so dass sie attraktiv bleiben.

Die Freundlichkeit der Menschen, die Offenheit gegenüber Fremden, die Selbstverständlichkeit, mit der hier mit Wachstum umgegangen wird, finde ich beeindruckend und nachahmenswert. Im Übrigen klagt hier niemand darüber, dass man im Grunde genommen von wenigen Faktoren abhängig ist: Handel (Singapur hat die modernsten Hafenanlagen weltweit), Finanzen (nach London, New York und Hongkong ist Singapur der bedeutendste Finanzplatz der Welt), Tourismus.

Wir könnten uns in Europa in ganz verschiedener Hinsicht eine große Scheibe von der Singapur-Einstellung abschneiden. Hatte ich übrigens erwähnt, dass das Pro-Kopf-Einkommen etwa 50 Prozent über dem deutschen Vergleichswert liegt?

Auf das Wachstum!

(c) 2013, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH, Dortmund, London, New York.

Mandat Wachstums-Wochenstart #82: Artefakte erkennen

In der bildgebenden Diagnostik, wie auch in verschiedenen anderen Disziplinen, kennen wir den Begriff des Artefakts. Zum ersten Mal kam ich damit in Verbindung, als ich einen fast zweijährigen Dienst auf einer Intensivstation eines der größten deutschen Krankenhäuser absolvierte. Man sprach dort bei der Elektrokardiogramm- (EKG-) Auswertung von Patienten mitunter von „Artefakten“. Mich interessierte der Begriff und mir wurde erklärt, dass ein Artefakt eine vermeintliche Anomalie des EKG darstellt, die aber keine echte Anomalie ist, sondern durch äußere Einflüsse entsteht. Ein Artefakt ist also, vereinfacht formuliert, ein vermeintlicher Fehler, der keiner ist. Eine Störung, der keinerlei Bedeutung zugemessen werden braucht.

Welche Artefakte existieren in Ihrem Umfeld? Wie oft springen Sie – im übertragenen Sinne – auf vermeintliche Abweichungen, die keine sind, oder – spannen wir den Bogen ein wenig weiter auf -, die irrelevant sind? Wie stellen Sie fest, ob das, was Sie messen, tatsächlich weitgehend einflussfrei ist, oder Sie die Einflüsse zumindest erkennen? Wie stellen Sie sicher, dass Sie die neben Ihrer Gesundheit wichtigste Ressource „Zeit“ sinnvoll einsetzen und nicht mit der vermeintlichen Therapie von Symptomen, die sich durch Artefakte ergeben?

Denken Sie darüber einmal nach. Es lohnt sich.

(c) 2013, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH

Sieben strategische Herausforderungen des Lebensmittel-Einzelhandels

Wie bereits im Jahr 2012 halte ich auch im Wintersemester 2013/2014 die Vorlesung „Strategy Consulting“ an der SRH Hochschule für Logistik und Wirtschaft in Hamm / Westfalen. Zusammen mit meinen hochengagierten, motivierten Studierenden haben wir gestern sieben (strategische) Herausforderungen für den Lebensmittel-Einzelhandel erarbeitet. Hier sind sie:

  1. Balance zwischen Wertigkeit und Preis schaffen.
    Eine immer höhere Wertigkeit der Produkte, durch mehr Regionalität aus entsprechend nicht-industrieller Herkunft, immer mehr „Öko“, „Bio“, „fair“ haben ihren Preis. Genau der Preis ist es aber, der gerade im umkämpften deutschen Lebensmittel-Einzelhandel eine wesentliche Rolle bei der Kaufentscheidung spielt. Ein Umdenken der Kunden, das zu deutlich höheren Ausgaben pro Einkauf führen würde, bedarf eines längeren Zeitraums. In der Zwischenzeit ist der Handel gefordert, die Balance zwischen Wertigkeit und Preis zu halten. Daher wird sich auch das Sortiment weiterhin eher ausdehnen, um den Konsumenten die Chance zu geben, preisgünstige Produkte und gleichzeitig ausgewählt Bio, fair, Öko, regional zu kaufen.
  2. Qualität der Beratung und damit zusammenhängende Kosten
    Nicht nur die Beratung selbst im Handel ist es, die zunehmend gefragt ist – besonders auch in Märkten wie Österreich -, sondern auch das Gespräch im Markt kann kaufentscheidend und frequenzentscheidend sein. Ein nicht-messbarer Faktor, der allerdings, will man ihm Rechnung tragen, mit sehr wohl messbaren Kosten, nämlich Personalkosten unterfüttert werden muss. Bis zu welchem Grad sind diese Investitionen lohnend? Der Blick darauf lohnt auf jeden Fall.
  3. Logistik-Anforderungen
    Viele Händler tun es heute schon, noch mehr werden es tun müssen, wollen sie den wachsenden Lieferdienst-Bestrebungen etwas entgegensetzen. Lieferdienste profitieren vor allem davon, dass routinemäßig das gleiche bestellt wird und sie in der Lage sind, die Logistik effizient zu organisieren. Was tut der LEH? Vier Kästen Fachinger in den dritten Stock zu tragen ist auch durch 1 Euro Aufpreis nicht abzupuffern. Der LEH benötigt eine Antwort auf die Frage nach der Lieferung.
  4. Eigenmarke vs. Unternehmensmarke
    Rewe beispielsweise positioniert seine gleichnamige Eigemarke zunehmend. Wie konturiert die Unternehmensmarke REWE die Produktmarke „Rewe“, vor allem auch in Bezug auf „Ja!“? Wie ist die überhaupt die Zukunft von „Ja!“? Wird „Rewe Bio“ ein eigenständiges Leistungsversprechen halten? Wofür wird die Unternehmensmarke künftig stehen? Bleibt es bei der Symbiose zwischen Discount und Rewe am gleichen Standort? Antworten hierauf müssen aus strategischer Sicht gegeben werden.
  5. Regionalität vs. Internationalität
    Zahlreiche LEH setzen auf die oben bereits beschriebene Regionalität. Was aber, wenn der Kunde sich daran gewöhnt hat, dass die Tomaten auch im Winter frisch sind, dass es Flugmango gibt und dass Erdbeeren weitaus kein Sommerobst mehr sind? Wird weiterhin beides angeboten? Das regionale Sortiment und das internationale? Wie wird hier Wirtschaftlichkeit dauerhaft erzeitl, auch angesichts absehbar steigender Transportkosten, verbunden mit dem Unwillen, für die Produkte mehr zu bezahlen und der zunehmenden Aufmerksamkeit der Konsumenten auf fair trade? Eine strategische Herausforderung.
  6. Der richtige Filialtyp
    Der LEH hat sich mit der Frage auseinanderzusetzen, welche Filialtypen es geben soll, ob jeder Filialtyp erforderlich und ob udn wenn ja auf welche Weise die einzelnen Filialtypen zum profitablen Wachstum beitragen. Bei hoher Unterschiedlichkeit von Filialtypen (z. B. hat Billa in Österreich vier Filialtypen, die z. T. sehr unterschiedlich sind) ist dies eine große Führungsherausforderung.
  7. Convenience als Trendfrage
    Der Faktor „Zeit“ wird immer wichtiger. Welche Antworten liefert der LEH auf den zunehmenden Bedarf nach attraktiven Convenience-Angeboten? Der lieblos zusammengestellte, bereits gewaschene Salat, den wir früher als „Convenience“ bezeichnet haben, genügt nicht mehr. Wie wird der „Convenience“-Gedanke weitergedacht?

Sind dies alle strategischen Herausforderungen des LEH? Nein, aber es sind sieben valide Dinge, über die in LEH-Unternehmen nachgedacht werden soll. Dass hier noch erhebliches Potenzial besteht, sehen wir täglich in den Märkten.

Welche Ergänzungen sehen Sie? Kommentieren Sie hier oder schreiben Sie mir.

Vielen Dank an Frauke Barfues, Marc Borgmann, Henrik Brieke, Christoph Gerling, Lars Henkemeier, Jens Mielke, Vembi Noverli und Julianna Siman für die Inspiration für und Diskussion über diesen Beitrag.

(c) 2013, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH, Dortmund, London, New York.

Die persönliche Sicht: Gastronomen, hört endlich auf, zu jammern

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber mir geht Gejammer generell auf die Nerven, also auch das der Gastronomen. Wie viele Gastronomen klagen über schlechtes Geschäft, gestiegene Bierpreise, schlechtes Wetter, wenig Zuspruch? Ergänzen Sie die Liste. In Dortmund hat just ein Restaurant in exponierter Lage, am neu entstandenen Phoenixsee, geschlossen, obwohl es noch gar nicht so lange geöffnet war. Wundersam. Immerhin: Wir haben kein Gejammer mitbekommen. Der Laden hat einfach zugemacht.

Aber: Jetzt kommt Harry. Harry ist Inhaber eines Restaurants, etwas entfernt von unserem Wohnort, in das meine Frau und ich sehr gern gehen. Harry hat eine bodenständige, ehrliche Karte, ist Gastronom durch und durch und seine Söhne wachsen langsam in seine Fußstapfen. Harry ist eine Marke. Wenn man in Harrys Restaurant sitzt, wird man erkannt, begrüßt, immer freundlich bedient, immer in guter Qualität. Harry weiß, wie das Business läuft. Als wir vor kurzem einen Tisch bekommen wollten, war der Laden voll, Harry freute sich, dass wir wieder einmal da waren, sicherte uns einen Tisch in wenigen Minuten zu und wir kamen ins Gespräch über den vollen Laden. Harry daraufhin: „Das ist das beste Jahr. Wie immer. Es war bisher immer das beste Jahr.“ Hatte ich erwähnt, dass Harry mit dem gleichen „schlechten Wetter“ zu kämpfen hatte, wie alle anderen Gastronomen?

Kein Gejammer, kein Wort über steigende Einkaufspreise, nichts. Harry freut sich stattdessen, dass der Laden brummt. Und wir freuen uns auch, denn das garantiert, dass wir noch oft dort einkehren können.

Gastronomen: Hört endlich auf, zu jammern und fragt Harry, wie es geht.

(c) 2013, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH