Mandat Wachstums Wochenstart Nr. 682: Am Flipper oder im Flipper?
Kennen Sie die „Flipper“-Automaten, im Englischen „Pinball“ noch? Als Jugendlicher habe ich mit meinen Freunden unglaublich gern „Flipper“ gespielt. Wir haben in einer der damals noch gut besuchten Eckkneipen untereinander Wettbewerbe ausgefochten, so manche Mark verschwand – zur Freude des Gastwirts – in den Flipperautomaten. Flipper sind heute nicht mehr so sehr en vogue, wenngleich es inzwischen wieder einen Aufwuchs an Interessenten zu geben scheint. So las ich, dass die „International Flipper Pinball Association“ als Dachverband ein Wachstum der Teilnehmer an den durch sie genehmigten Turnieren von 16.500 auf fast 40.000 in den Jahren 2015 bis 2024 verzeichnet.
Ich möchte heute aber nicht die Geschichte des Flippers und auch nicht dessen weitere Entwicklung zum Thema machen, sondern eine Metapher bemühen, die ich auch in manchen meiner Vorträge nutze und der Flipper spielt dabei die wesentliche Rolle.
In der Beratung von Unternehmen des gehobenen Mittelstands, meist Familienunternehmen, zu deren gesundem profitablen Wachstum stoßen wir immer wieder an einen Punkt, der potenziell gefährlich ist. Es beginnt damit, dass das Unternehmen, die Unternehmensleitung, die Mitarbeiter sehr viel Zeit damit verbringen, darüber zu sprechen, warum Dinge nicht funktionieren. Das ist für sich noch nicht kritisch, manchmal müssen wir auch gemeinsam schauen, warum Dinge NICHT laufen, solange wir auf der Spur bleiben, intensiv darüber nachzudenken, was getan werden muss, DAMIT die Dinge laufen.
Gefährlich wird es dann, wenn die Gründe, derenthalben bestimmte Dinge NICHT laufen, außerhalb des Unternehmens gesucht – und natürlich auch gefunden – werden. Zu finden sind diese größtenteils in der Konjunktur, der Politik, dem Wettbewerbsverhalten, dem Kundenverhalten, ersatzweise auch dem Wetter. Sie kennen meine und unsere Einstellung: Diese Einflussfaktoren auf die Unternehmensleistung – die unstreitig einen Einfluss haben können, je nach Branche – dürfen uns nicht daran hindern, weiteres Wachstum anzustreben. Mindestens können wir mal der Beste in der Branche werden.
Die exogenen Faktoren sind als Erklärungsansatzversuch für mangelnde Performance oder absehbare Verschlechterung deshalb so gefährlich, weil wir sie nicht, null, gar nicht beeinflussen können und jetzt kommen wir bitte nicht mit dem ehrenamtlichen politischen Einbringen oder dem Wahlkreuz daher.
Unternehmen, Gremien, die sich fortwährend über die allfälligen exogenen Faktoren echauffieren, vergeben das neben „Gesundheit“ kostbarste Gut, nämlich „Zeit“. Statt über Gestaltbares im Rahmen der aktuellen Bedingungen zu sprechen, ergehen sie sich in Erklärungen, in Rechtfertigungen und begeben sich damit in die Handlungsunfähigkeit: „Wir würden ja, aber wir können nicht.“ Erledigt.
Dieser Nummer muss ein Unternehmen dringend entrinnen.
Jetzt kommen wir zum Flipper: Wo stehen Sie lieber? Draußen, am Flipper, die Finger schnell in Bewegung, die Augen überall, um eine oder mehrere Kugeln, nicht selten in rasender Geschwindigkeit durch den Irrgarten, gegen die Poller, in die Jackpot-Löcher zu bugsieren, einen Rekord nach dem nächsten im Blick? Oder sind Sie lieber eine der Kugeln, die ständig irgendwo anstößt und fremdbestimmt, oft mit anderen Kugeln, durch die Gegend gejagt wird?
Sie entscheiden. Sie entscheiden jeden Tag, welches Ausmaß an Fremdbestimmung bei Ihnen Einzug hält. Jeden einzelnen Tag.
Ich jedenfalls befinde mich lieber am Flipper, nicht im Flipper und wir unterstützen unsere Klienten dabei, dies auch so zu halten.
Auf eine gute Woche!
Ihr und Euer
Guido Quelle