Mandat Wachstums Wochenstart Nr. 683: Hinter dem Schreibtisch rechts

Unser Seeon Summit ist das exklusive jährliche Spitzentreffen, das den Mitgliedern der von uns gegründeten Seeoner Gilde und ausgewählten Gästen vorbehalten ist. In der überschaubaren Runde, die wir auf etwa 20 Teilnehmer begrenzen, wollen wir uns vertraulich miteinander austauschen, am Vorabend ein gutes Essen miteinander einnehmen, mit einem besonderen Gastredner diskutieren und unternehmerische Themen gezielt besprechen. Wer kann und mag, hat überdies noch die Chance, an einem Nachmittagsprogramm am Vortag teilzunehmen, das schon einmal eine Einstimmung bietet.

Für den Seeon Summit wählen wir immer wieder wechselnde Orte. Im März 2025 waren wir im Excelsior Hotel Ernst, mitten in der Kölner City, direkt neben dem Kölner Dom. Ich könnte jetzt über das Hotel und dessen Mitarbeiter schwärmen, aber das würde zu weit führen. Machen wir es kurz: Probieren Sie es aus!

Einen Aspekt, der manchen vielleicht gar nicht aufgefallen wäre, nehme ich zum Anlass für den heutigen Wochenstart. Im Mittelpunkt, ein Mitarbeiter und ein Schreibtisch.

In einer Pause fragte ich einen Mitarbeiter des Hotels, wo ich die Waschräume finden würde. Der Mitarbeiter, freundlich: „Sie gehen einfach hinter dem Schreibtisch nach rechts“ – und wies auf den Schreibtisch, den er meinte.

Ich tat, wie mir geheißen, wandte mich hinter dem Schreibtisch nach rechts und fand den Weg: Treppe herunter, ein paar Meter weiter, 1. Tür rechts. Wieder oben wurde mir klar, dass der Mitarbeiter bewusst oder unbewusst einen ganz wesentlichen Vereinfachungsschritt in der Anweisung vorgenommen hatte. Erinnern wir uns, er sagte: „Sie gehen einfach hinter dem Schreibtisch nach rechts“. Er sagte nicht „Sie gehen hinter dem Schreibtisch – den sehen Sie, ja? – rechts, dann die Treppe herunter, dann ein paar Meter weiter, dann die erste Tür rechts, die zweite ist für Damen.“ Nein, er ließ alles Unnötige weg, weil er berechtigt annehmen durfte, dass es sich nach dem ersten Hinweis von selbst erschließt.

Ich fand das sehr angenehm, konnte aber nicht mehr herausfinden, ob es Absicht war oder Zufall, denn der Mitarbeiter war schon wieder anderweitig unterwegs.

Dieses Weglassen, das Konzentrieren auf das Wesentliche, ist ein ganz wichtiger Aspekt des Wachstums. Fragen Sie sich im Unternehmen einmal: „Was machen wir nicht mehr? Was lassen wir weg?“. Sie werden sich wundern, wie schwer dies fällt.

Aber auch im Kleinen ist die Frage wichtig: Bedienungsanleitungen von Produkten, Montageanleitungen, Mitarbeitereinweisungen, Verfahrensanweisungen, Angebote, Preislisten, Prozess-/Ablaufbeschreibungen – sie alle bieten massiv viel Raum zum Weglassen.

Was steckt dahinter? Die Beantwortung der Frage, was der Adressat wirklich braucht und der Gedanke darüber, ist aller Ehren wert. Wie sagte mein persönlicher Berater, Alan Weiss, seinerzeit? „Guido, wenn Du einen Vortrag hältst, dann sag den Leuten nicht alles, was Du weißt. Sag ihnen, was sie jetzt wissen müssen.“

So sieht’s aus. Was tun Sie dafür, Ihre Kommunikation darauf auszurichten, dass sie Ihrem Gegenüber nutzt?

Auf eine gute Woche!

Ihr und Euer

Guido Quelle

Mandat Wachstums Wochenstart Nr. 682: Am Flipper oder im Flipper?

Kennen Sie die „Flipper“-Automaten, im Englischen „Pinball“ noch? Als Jugendlicher habe ich mit meinen Freunden unglaublich gern „Flipper“ gespielt. Wir haben in einer der damals noch gut besuchten Eckkneipen untereinander Wettbewerbe ausgefochten, so manche Mark verschwand – zur Freude des Gastwirts – in den Flipperautomaten. Flipper sind heute nicht mehr so sehr en vogue, wenngleich es inzwischen wieder einen Aufwuchs an Interessenten zu geben scheint. So las ich, dass die „International Flipper Pinball Association“ als Dachverband ein Wachstum der Teilnehmer an den durch sie genehmigten Turnieren von 16.500 auf fast 40.000 in den Jahren 2015 bis 2024 verzeichnet.

Ich möchte heute aber nicht die Geschichte des Flippers und auch nicht dessen weitere Entwicklung zum Thema machen, sondern eine Metapher bemühen, die ich auch in manchen meiner Vorträge nutze und der Flipper spielt dabei die wesentliche Rolle.

In der Beratung von Unternehmen des gehobenen Mittelstands, meist Familienunternehmen, zu deren gesundem profitablen Wachstum stoßen wir immer wieder an einen Punkt, der potenziell gefährlich ist. Es beginnt damit, dass das Unternehmen, die Unternehmensleitung, die Mitarbeiter sehr viel Zeit damit verbringen, darüber zu sprechen, warum Dinge nicht funktionieren. Das ist für sich noch nicht kritisch, manchmal müssen wir auch gemeinsam schauen, warum Dinge NICHT laufen, solange wir auf der Spur bleiben, intensiv darüber nachzudenken, was getan werden muss, DAMIT die Dinge laufen.

Gefährlich wird es dann, wenn die Gründe, derenthalben bestimmte Dinge NICHT laufen, außerhalb des Unternehmens gesucht – und natürlich auch gefunden – werden. Zu finden sind diese größtenteils in der Konjunktur, der Politik, dem Wettbewerbsverhalten, dem Kundenverhalten, ersatzweise auch dem Wetter. Sie kennen meine und unsere Einstellung: Diese Einflussfaktoren auf die Unternehmensleistung – die unstreitig einen Einfluss haben können, je nach Branche – dürfen uns nicht daran hindern, weiteres Wachstum anzustreben. Mindestens können wir mal der Beste in der Branche werden.

Die exogenen Faktoren sind als Erklärungsansatzversuch für mangelnde Performance oder absehbare Verschlechterung deshalb so gefährlich, weil wir sie nicht, null, gar nicht beeinflussen können und jetzt kommen wir bitte nicht mit dem ehrenamtlichen politischen Einbringen oder dem Wahlkreuz daher.

Unternehmen, Gremien, die sich fortwährend über die allfälligen exogenen Faktoren echauffieren, vergeben das neben „Gesundheit“ kostbarste Gut, nämlich „Zeit“. Statt über Gestaltbares im Rahmen der aktuellen Bedingungen zu sprechen, ergehen sie sich in Erklärungen, in Rechtfertigungen und begeben sich damit in die Handlungsunfähigkeit: „Wir würden ja, aber wir können nicht.“ Erledigt.

Dieser Nummer muss ein Unternehmen dringend entrinnen.

Jetzt kommen wir zum Flipper: Wo stehen Sie lieber? Draußen, am Flipper, die Finger schnell in Bewegung, die Augen überall, um eine oder mehrere Kugeln, nicht selten in rasender Geschwindigkeit durch den Irrgarten, gegen die Poller, in die Jackpot-Löcher zu bugsieren, einen Rekord nach dem nächsten im Blick? Oder sind Sie lieber eine der Kugeln, die ständig irgendwo anstößt und fremdbestimmt, oft mit anderen Kugeln, durch die Gegend gejagt wird?

Sie entscheiden. Sie entscheiden jeden Tag, welches Ausmaß an Fremdbestimmung bei Ihnen Einzug hält. Jeden einzelnen Tag.

Ich jedenfalls befinde mich lieber am Flipper, nicht im Flipper und wir unterstützen unsere Klienten dabei, dies auch so zu halten.

Auf eine gute Woche!

Ihr und Euer

Guido Quelle

Mandat Wachstums Wochenstart Nr. 681: Wenn WIR das machen, funktioniert’s

Neulich im Getränkemarkt möchte ich zwei bestimmte Wasser-Sorten für eine Reise mit dem Wohnmobil bunkern, ein Eigenmarken-Produkt, nennen wir es „xy“ und ein Markenprodukt, nennen wir es „yz“. Beide finde ich nicht an den gewohnten Stellen, zum nun schon wiederholten Male. Also, was tun? Natürlich: den immer freundlichen Mitarbeiter an der Kasse ansprechen:

„Moin, ich finde das xy-Wasser in der Variante, still‘ erneut nicht und das yz-Wasser gar nicht. Habe ich etwas übersehen?“

„Das yz-Wasser steht jetzt hinten.“ Der Mitarbeiter weist mit dem Arm ausladend auf einen Hallenanbau, in dem die eher nicht so prominent platzierten Marken stehen. „Da kam neulich einer von [einer anderen Marke], der seine Produkte unbedingt hier im vorderen Teil platziert haben wollte, dann mussten wir yz nach hinten räumen.“

„Aha“, erwidere ich, „gut verhandelt, vermutlich gutes Platzierungsgeld gezahlt. Und was ist mit xy?“

„Soll ich Ihnen etwas sagen? Das ist jetzt so. Wir setzen den Bestand schon vorsorglich auf null, weil wir sehen, dass es wie verrückt gekauft wird und was macht die Zentrale? Sie liefert nichts. Eigentlich sollte gestern eine Lieferung gekommen sein, nein vorgestern, aber was haben wir? Nichts. Die bekommen das nicht hin.“

„Ist schade“, sage ich, „das ist jetzt nicht das erste Mal, dann kann ich auch online bestellen, eigentlich unterstütze ich ja gern den stationären Handel.“

Der Mitarbeiter: „Wissen Sie, wenn WIR andere Produkte bestellen, die nicht über die Zentrale laufen, dann funktioniert das auch.“ Er weist auf verschiedene Markenprodukte im Kassenbereich. „Wenn WIR das machen, dann funktioniert’s auch. Ich habe keine Ahnung, was die sich dabei denken. Und dann wundern sie sich, wenn uns Kunden wie Sie verloren gehen.“

Ob ich denn nun trotzdem das yz-Wasser haben wolle, das hinten stünde. „Nein, danke, dann habe ich ja trotzdem noch Aufwand.“ Ich zucke mit den Achseln, verabschiede mich ergebnislos und habe Stoff für einen Wochenstart…

… denn: Das ist ja kein Einzelfall. Wie häufig hören wir von operativen Einheiten, dass „die Zentrale es nicht gebacken bekommt“? Wie häufig hören wir im Verkauf und Vertrieb, dass man sich wieder einmal Ausreden einfallen lassen musste, weil „die in [setzen Sie den Namen des Sitzes der Zentrale des Unternehmens ein] es wieder ‘mal nicht geschafft haben“?

Es geht wieder einmal um Schnittstellen. Es geht um Transparenz. Es geht um abgeglichene Prozesse. Und es geht um die wahrgenommene Entfernung zwischen dem Markt und der sogenannten Verwaltung, Zentrale, Hauptverwaltung, Holding, nennen Sie es, wie Sie wollen.

Manche heben vielsagend die Augenbrauen, wenn wir wieder einmal beginnen, darüber zu sprechen, dass die Millionen an den Schnittstellen verborgen liegen. Manchmal wird uns „akademisches“ Denken vorgeworfen, wenn wir darauf bestehen, dass in unseren Projekten zu schlanken, schnellen Prozessen und leistungsfähigen Organisationen Schnittstellenvereinbarungen geschlossen werden müssen.

Die Resultate indes geben uns recht und unsere Klienten profitieren davon: Die Schnittstellen sind der Kern, Tausende Prozess-Reorganisationen, die wir durchgeführt haben, sprechen eine beredte Sprache.

Wie sieht’s bei Ihnen aus zwischen der „Zentrale“ und dem Markt?

Auf eine gute Woche!

Ihr und Euer

Guido Quelle

Mandat Wachstums Wochenstart Nr. 680: Man wächst mit seinen Aufgaben

Den Spruch kennen wir alle: „Man wächst mit seinen Aufgaben“. Er wird immer wieder genannt, wenn Schwierigkeiten anstehen, vor denen man zuvor bisher nicht gestanden hat. Menschen sagen es über sich und es wird über Menschen gesagt: „Man wächst mit seinen Aufgaben“.

Sicher ist an dem Satz viel Wahres, aber eines muss auch klar sein: Nicht jeder ist Ludwig van Beethoven, Steve Jobs, Stephen King oder Anne-Sophie Mutter. Nicht jeder kommt an die Spitze. Ja, für die „Spitze“ benötigt man auch mehr als nur Talent und Können, man benötigt auch die Fähigkeit, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, man benötigt die Unterstützung von anderen und so fort. Aber selbst dann, selbst wenn alle externen Voraussetzungen gegeben sind, kann nicht jeder absolute Spitzenleistungen vollbringen.

Der „Du kannst alles, wenn Du es nur willst“-Vortrag ist und bleibt falsch. Mehr noch: Er führt in die Irre, und zwar spätestens dann, wenn er von Eltern oder Chefs mantramäßig wiederholt wird. Konfrontiert mit der Realität kommt schnell Frustration auf; ein falsches Selbstbild prallt auf die realen Anforderungen.

Ja, man wächst mit seinen Aufgaben, aber manches Wachstum endet eben nicht an der Spitze und bei manchen Aufgaben wächst man auch nicht sonderlich. Mangelnde Fähigkeiten und Fertigkeiten, gepaart mit mangelnder Neigung? Das wird nichts. Selbst, wenn die Fähigkeiten und Fertigkeiten vorhanden sind und nur die Neigung fehlt, ist das Frustpotenzial schon groß.

So, wie kommen wir aus dieser Abwärtsspirale jetzt wieder heraus? Recht einfach, die Justage macht es nämlich: Wenn Neigungen und Präferenzen vorhanden sind, diese entdeckt und gefördert werden, wenn Fähigkeiten und Fertigkeiten hinzukommen und die Anforderungen sukzessive und maßvoll gesteigert werden, sodass Erfolgserlebnisse möglich werden, dann wird ein Schuh daraus. Dann wachsen wir tatsächlich mit unseren Aufgaben. Manchmal darf auch ein Sprung dazwischen sein, eine Treppenstufe, die so hoch ist, dass wir sie nicht einfach gehen können, dass wir uns überlegen müssen, welcher Mittel wir uns bedienen, um auf das neue Niveau zu kommen, das ist fein. Aber es muss eben zu uns passen.

Halten wir also fest: Wachstum, persönliches Wachstum, hat viel mit Selbst(er)kenntnis zu tun. Im Elternhaus spielen die Eltern beim Entdecken und Erkennen eine ganz wesentliche Rolle, im Unternehmen die Kollegen und Vorgesetzten. Sie kennen meine Überzeugung: Wenn Sie in einem Unternehmen, das Karriere nur durch „Führung“ definiert, eine Top-Fachkraft zur Führungskraft machen, haben Sie zwei Effekte: Sie verlieren eine Top-Fachkraft und gewinnen eine schlechte Führungskraft.

Nicht jeder kann alles, nicht an jeder Aufgabe wachsen wir, aber wenn wir die richtigen Aufgaben haben, wenn wir erkennen, wohin wir wachsen wollen, dann ist ein großes Tor geöffnet. Ermöglichen Sie diesen Prozess auch im Rahmen der Führung Ihrer Mitarbeiter.

Auf eine gute Woche!

Ihr und Euer

Guido Quelle