Mandat Wachstums-Wochenstart Nr. 711: Hört noch jemand zu?
Niemand hört zu. Schon Ephraim Kishon, den ich bereits in meiner Jugend sehr geschätzt habe, beklagte dieses Phänomen und verwendete es in mancher Satire. Niemand? Nun, fast niemand. Jedenfalls habe ich den Eindruck gewonnen, auf Reisen, im Business, im Hobby, dass es manchen vollkommen egal ist, wie die Antwort auf eine Frage lautet und ob überhaupt geantwortet wird.
Hotel- oder Reisebuchungen über eine meiner Firmenkreditkarten, die wir mit dem persönlichen Betreuer der Kreditkartengesellschaft verabreden, erfolgen fast immer über meine private Anschrift und nicht selten über meine private Kreditkarte bei derselben Gesellschaft. Wie oft habe ich schon im Hotel sowohl die Rechnungsanschrift als auch die Kreditkartennummer ändern müssen? Neulich hatte ich einen Fahrservice mit Sixt Ride gebucht und staunte nicht schlecht, als die Summen für die beiden Fahrten meiner privaten Kreditkarte belastet wurden. Alles nicht tragisch, umständlich aber allemal. Wir haben dieses Thema jetzt noch einmal, hoffentlich final, bei der Kreditkartengesellschaft platziert.
Man bestellt etwas im Restaurant und es geschieht meiner Wahrnehmung zufolge immer öfter, dass die Bedienung nochmal wiederkommt und etwas nachfragt. Das „Zuhören“ können wir auch in übertragenem Sinn anwenden. Ich gebe in einem Hotel zum Einchecken meine Visitenkarte ab und beim Auschecken wird die Anschrift erfragt.
Auch elektronisch wird ein Schuh aus dem „Nicht-Zuhören“. Wenn man bei einem bedeutenden deutschen Schienenreiseunternehmen eine Buchung vorgenommen hat, kommt gelegentlich die Frage, ob man an einer Befragung teilnehmen möchte, wie das Buchungserlebnis war. Danach folgen zwölfundneunzig andere Fragen, unter anderem, welche Klasse man gebucht hat, welchen Reiseverlauf und so fort. Ja, nehmt doch die Daten aus meiner Buchung, verflixt nochmal. Ich habe den Vorgang abgebrochen.
So, und nun andersherum. Wie überraschend und angenehm ist es, wenn Menschen zuhören. Sie haben das auch schon erlebt, da bin ich sicher: Jemand macht Ihnen ein kleines Geschenk, das Sie besonders wertschätzen, weil Sie irgendwann einmal erwähnt haben, dass Ihnen etwas Bestimmtes besonders gefällt und dieses Geschenk sich genau darum dreht. Sie kommen in ein Hotel und werden mit Namen begrüßt und man erinnert sich daran, dass Sie sich vegetarisch ernähren. Jemand, mit dem Sie sprechen und dem Sie einen komplexen, vielleicht sogar komplizierten Sachverhalt erläutern, gibt Ihnen ungefragt ein, wie wir es nennen, „Rebriefing“, sagt Ihnen also, was er verstanden hat und es ist genau das, was Sie meinten.
Herrlich.
Wir können mit Aufmerksamkeit und ein wenig Arbeitsspeicher im Gehirn eine Menge ausrichten. Der Dreisatz „Zuhören, Merken, Umsetzen“ ist gar nicht so schwer.
Wo wünschen Sie sich mehr „Zuhören“?
Auf eine gute Woche
Ihr und Euer
Guido Quelle


