Mandat Wachstums Wochenstart Nr. 635: In den nächsten Tagen oder Wochen

Kürzlich schrieb ich einen internationalen Dachverband in Belgien in einer bestimmten Angelegenheit an, die nur von diesem internationalen Verband erledigt werden konnte. Wie das so ist: Man schreibt eine E-Mail an die angegebene Adresse, klickt auf „Senden“ und man wartet auf Antwort.

Die Antwort kam relativ schnell, es wurde mir in französischer Sprache mitgeteilt, dass ich das erste Mal an die Zieladresse schrieb – das war richtig – und dass ich daher meine Absenderadresse verifizieren müsse und dazu auf einen Button zu klicken habe, um weitere Instruktionen zu erhalten. Meine erste Tat war, nachzuschauen, ob ich an die richtige Mailadresse gesendet hatte, die zweite Tat war, zu recherchieren, ob es sich um Phishing handeln könne.

Nachdem ich mich versichert hatte, dass alles „sauber“ war, klickte ich auf den Button, danach erhielt ich per Mail einen Link (in Tat und Wahrheit erhielt ich ihn erst beim dritten Mal) musste ein orangefarben eingefärbtes Wort eintippen, das inmitten von grau eingefärbten Wörtern stand, damit sichergestellt werden sollte, dass ich kein Roboter sei und „schon“ ging’s weiter.

Es ging eine Mail ein. Ein Autoresponder. In französischer und englischer Sprache bestätigte man mir den Erhalt meiner Mail. Auch über eine Einschätzung der Bearbeitungsdauer durfte ich mich freuen:

„Ihre E-Mail wird in den nächsten Tagen oder Wochen bearbeitet.“

Abgesehen davon, dass klar war, dass dies Thema eines Wochenstarts würde, habe ich herzhaft gelacht. Es handelte sich um ein für mich wichtiges, aber nicht um ein dringendes Thema, insofern habe ich nicht nachgefragt, wie ich das verstehen dürfe – im Zweifel hätte ich wieder den Authorisierungsprozess durchlaufen müssen.

Wir alle müssen sagen, wann wir mit einer bestimmten Angelegenheit fertig sind. Die meisten von uns haben sich mit der einen oder anderen Terminfestlegung schon einmal schwergetan. Das ist in Ordnung. Nicht in Ordnung ist: „Wir melden uns in einigen Tagen oder Wochen.“

Seien Sie verbindlich. Wenn Sie eine Fertigstellung nicht sicherstellen können, schreiben oder sagen Sie, was der nächste Schritt ist, den Sie absehen können. Lassen Sie Ihr Gegenüber nicht im Unklaren, seien Sie spezifisch. Besser noch: Richten Sie Prozesse ein, die eine reguläre Verbindlichkeit sicherstellen.

Bei Mandat haben wir intern eine Abrede: Jede Mail wird binnen 24 Stunden beantwortet. Liegt ein Wochenende dazwischen, erfolgt die Antwort am nächsten Werktag – meist geht es schneller. Telefonate werden idealerweise am selben Tag beantwortet. Auch mit Klienten haben wir diese Vereinbarung. Dabei kann eine Antwort auf eine Mail am Montag auch lauten: „Danke für die Mail, ich kümmere mich am kommenden Donnerstag darum und melde mich dann“, aber „Tage oder Wochen“ (oder abgeschwächte Derivate davon)? Nein, danke.

Mit Erreichbarkeit und Verbindlichkeit kann man heute viel mehr punkten als noch früher. Warum? Weil diese Eigenschaften seltener geworden sind. Ach ja, meine Mail an den Verband: Mein Anliegen war am nächsten Tag erledigt. Kann man sich nicht ausdenken.

Auf eine gute Woche!

Ihr und Euer

Guido Quelle

Mandat Wachstums Wochenstart Nr. 634: Die Zeit ist um

In der letzten Woche ging es um Fortschritt und Innovation. Gehen wir heute einen Schritt weiter, sehen wir den Tatsachen ins Gesicht, seien wir ehrlich:

Die Zeit vieler Produkte und Leistungen in vielen Unternehmen ist um. Sie sind nur noch da, weil sie immer schon da waren. Sie sind da, weil man nostalgisch ist. Sie sind da, weil es noch ein paar Kunden sind, welche die Leistungen und Produkte lieben. Sie sind da, weil man sich nicht traut, sie abzuschaffen.

Erinnern Sie sich an „Wetten, dass?“ Ein Straßenfeger in seiner Anfangszeit, ein Dauerbrenner, man wartete darauf, dass die nächste Folge kam. Welche verrückten Wetten kommen als Nächstes? Welche illustren Gäste nehmen auf der Couch Platz und vor allem: Was hat sich Gottschalk, der Tausendsassa, wieder Verrücktes einfallen lassen?

Die Zeit von „Wetten, dass?“ ist um. Sie war schon vor den letzten Folgen vorüber. Nein, das liegt nicht nur am glücklicherweise auch älter gewordenen Thomas Gottschalk, es liegt an der Ermüdung. Das Format hat sich nicht mit gleicher Geschwindigkeit weiterentwickelt wie die Zeit, die „Fernseh“-Gewohnheiten. Das kann es auch gar nicht, weil es dann ein anderes Format wird.

„Wetten, dass?“ ist ein schönes Beispiel dafür, dass Formate, Produkte, ihre Grenzen haben. Das Bedürfnis nach Entertainment, nach Spannung, nach Humor, nach Teilhabe an Geschichten von Prominenten, das ist geblieben. Wir brauchen dafür aber heute andere Produkte und Darbietungen. Das mag man mögen oder man mag es nicht, es gehört aber zu Wachstum und Weiterentwicklung hinzu.

Eines der wichtigsten Wachstumswerkzeuge ist es, das Bedürfnis der Kunden – dies beinhaltet das Produkt, die Leistung und die Darbietung! – im Auge zu behalten und die Produktverliebtheit ein Stück weit aufzugeben. Natürlich gibt es Produkte, die Jahrzehnte mit geringen Veränderungen gut funktionieren, aber je komplexer das Produkt oder die Dienstleistung und je austauschbarer Physisches durch Digitales ist, desto eher besteht Ersatzgefahr. Wohl denen, die sich auf die immerwährenden Bedürfnisse konzentrieren.

Und nun zu uns – Achtung, es wird ungemütlich: Auch Menschen in Fach- und Führungspositionen sind gefährdet. Sind wir noch zeitgemäß? Konzentrieren wir uns auf Weiterentwicklungen, auf Ziele, auf neue Dimensionen oder verharren wir in alten Methoden, Ansichten, Darbietungen? Manches mag Bestand haben, aber nicht alles. Eine gewisse innere Opposition hilft. Nicht alles, was in den letzten 30 Jahren zum Erfolg geführt hat, ist noch aktuell und wirksam.

Daher sind auch und zuallererst wir alle gefordert, uns und unser Handeln regelmäßig zu erneuern – liebe Mittzwanziger und aufwärts: Das gilt übrigens für alle! Wir sind nie „fertig“ und das sollten wir anerkennen. In den Dingen, in denen wir uns nicht weiterentwickeln können oder wollen, suchen wir idealerweise Nachfolger. Das schafft Raum für Neues und so werden wir auch kein „Wetten, dass?“-Phänomen, das man nur noch aus Nostalgie anschaut und zu dem man ehrlicherweise sagen müsste: „Die Zeit ist um.“ – Dies ist im Übrigen ein sehr bewegendes Thema in unseren Beratungen zur Unternehmensnachfolge.

Auf eine gute Woche!

Ihr und Euer

Guido Quelle

Mandat Wachstums Wochenstart Nr. 633: Fortschritt und Innovation

Als Wachstumsexperten sind wir immer wieder mit der Frage konfrontiert, ob es denn sein kann, dass Wachstum immer nötig sei, ob Wachstum denn nicht doch böse ist, ob es denn immer weiter, höher, schneller gehen muss. Mitunter wird der Vortrag – je nachdem, ob der Fragesteller Interesse oder eine Agenda hat –, auch vorwurfsvoller, rhetorischer, suggestiver.

Die Antwort bleibt dieselbe: Ja.

Der Luxus von heute ist der Standard von morgen. Zumindest in funktionierenden ((sozial-) marktwirtschaftlichen) Systemen.

Wir könnten jetzt in eine ausführliche Begründung gehen, aber dafür ist der Raum hier zu gering. Nur soviel: (Fast) niemand von uns will stehenbleiben, will sich nicht weiterentwickeln, will es nicht besser haben in der Zukunft. (Fast) alle von uns streben nach etwas, nach Neuem, Unbekannten und, ja, das gehört auch zur Wahrheit: Wir haben unterschiedlich hohes Bestreben, Dinge zu bewahren, das Gewohnte zu sichern. Das Streben nach Weiterentwicklung begründet bereits Wachstum.

Nun kommen wir unweigerlich zu Fortschritt und Innovation, denn ohne Innovation gibt es kein intelligentes Wachstum. Ohne Innovation ist denjenigen der Boden geebnet, die gegen Wachstum wettern, denn dann würde Wachstum wirklich degradiert zu einem reinen „Mehr des ewig Gleichen“ und das ist in der Tat endlich und gefährlich. Mehr Grammophone, bitte! Nein, danke.

In Sachen intelligenten Wachstums müssen wir aber über die Bewertung von „Fortschritt“ und die Definition von „Innovation“ sprechen. „Fortschritt“ gibt keine Richtung vor. Man schreitet fort. Fort von etwas, weg von einem Zustand. „Fortschritt“ definiert genau genommen nicht unbedingt etwas Positives. Ja, wir haben „Fortschritt“ positiv konnotiert. Aber es bleibt das „fort“ im Wort.

Für „guten“ Fortschritt brauchen wir eine Richtung und wir brauchen einen definierten Standort. Die Standortbestimmung ist etwas, das vielen Unternehmen aktuell schwerfällt und wir helfen in den letzten 18 Monaten verstärkt dabei, die Standorte vieler Unternehmen zu bestimmen, damit erst einmal klar ist, von wo man „fortschreiten“ möchte – dazu brauchen wir natürlich auch ein Ziel.

Merke also: Fortschritt ist nicht per se positiv, sondern nur dann, wenn der Standort und das Ziel klar sind.

Nun zu „Innovation“. Etwas Neues. Soso. Wie oft haben wir schon etwas „Neues“ kennengelernt, das unzweckmäßig, schlecht gemacht, hinreichend überflüssig war? Oft. Ist das dann eine Innovation? Es war doch neu. Die neue App, die neue Software, der neue Fernseher, der alles kann, außer kochen, bei dem man aber, um ganz simple TV-Programme zu sehen, die 250 Seiten lange Anleitung studiert haben muss, weil die Fernbedienung eine Katastrophe ist. Alles Innovationen, oder?

Wir definieren „gute“ Innovationen über ihren Markterfolg. Wenn wir mit Unternehmen deren Innovationsprozess definieren oder überarbeiten, wird vorne immer ein Prozess „Wie kommen Ideen ins Unternehmen und wie werden diese bewertet?“ und hinten ein Prozess „Auf welche Weise bewerten wir den Erfolg von Innovationen?“ angedockt. So werden Innovationen besser und nicht nur neu.

Viel Erfolg bei Ihrem weiteren Fortschritt in die richtige Richtung und

auf eine gute Woche

Ihr und Euer

Guido Quelle

Mandat Wachstums Wochenstart Nr. 632: Das Wichtige sichtbar machen

Ich habe eine neue elektrische Zahnbürste gekauft. Sie ist – obwohl ich lange überlegt habe – von demselben Hersteller wie ihre beiden Vorgänger, die im Elektroschrott gelandet sind, weil sie nach Jahren den Dienst verweigerten. Aber Sie wissen, wie das ist: Es sind noch zahllose Aufsätze im Bestand, die Ladeeinheiten sind kompatibel und so fort, man ist schnell gedanklich gefangen – aber das ist eine andere Geschichte, im Übrigen wollte ich es mir einfach machen.

Die Testergebnisse habe ich mir zuvor natürlich angeschaut und wieder einmal festgestellt: In den einzelnen Segmenten sind die Unterschiede sehr gering. Braun oder Philips? Bei den Spitzenmodellen völlig unerheblich. Es ist in anderen Branchen genauso: S-Klasse, 7er oder A8? Eine Ebene darunter: E-Klasse, 5er oder A6? Unterschiede sind unerheblich, die Kaufentscheidung fällt aufgrund der mit der Marke verbundenen Merkmale und Konsequenzen. Doch lassen Sie uns nicht abschweifen, wir wollen ja darüber sprechen, dass es wichtig ist, das Wichtige sichtbar zu machen.

Im Karton der Zahnbürste: Zahlreiche Zettel und Booklets. So nahm ich die – vermeintliche – Bedienungsanleitung in der Größe DIN A6 zum Lesen mit ins Wohnzimmer und wunderte mich bereits, dass sie recht dick geraten war. „Klar, alle Sprachen dieser Erde“, dachte ich.

Mit den Sprachen lag ich richtig. Aber: wer beschreibt mein Erstaunen, dass es sich gar nicht um die Bedienungsanleitung handelte? Es handelte sich vielmehr um die Sicherheitsanweisungen, in 37 (sic!) Sprachen. Auf 134 (sic!) Seiten. Gewicht: 61 (sic!) Gramm. Schriftgröße: sehtestrelevant.

In dem Buch war kein einziger Hinweis auf die Bedienungsspezifika. Nächster Versuch: Ein Faltblatt. Größe DIN A6. Nach einer gefühlten Viertelstunde ausgeklappt auf DIN A2. Inhalt: Garantiebestimmungen in – vermutlich– 37 Sprachen. Schriftgröße: Selbst mit Brille nur schwerlich lesbar. Kein Hinweis auf die Bedienungsspezifika. Gewicht: 15 Gramm.

Die blaue Karte für die Garantieverlängerung war auffällig, Registrierung ging schnell, ist erledigt. Und die Bedienungsanleitung? Ah! Da war sie, das musste sie sein: die Bedienungsanleitung, auch DIN A6. Ein Faltblatt ausgeklappt auf DIN A5. 16 selbstsprechende Piktogramme. Kein Text, nur schwarz/weiß-Bilder, selbst sprechend, gut gemacht. Alles geklärt, danke. Ende. Gewicht: 1 Gramm, keine Pointe.

Ich könnte jetzt noch darüber schreiben, dass man früher eine manuelle Zahnbürste hatte, wusste, dass man zwei Minuten auf die vier Zahnquadranten aufteilen sollte, der Zahnarzt hat Putztipps gegeben und fertig. Heute haben wir Formel-1 Zahnputzboliden für mehrere Hundert Euro, mit vernetzten Bürsten und einer App, die uns sagt, wie gut wir waren – beim Zähneputzen, ein Sternchen, danke schön. Dies ist nicht nur technisch, sondern auch gesellschaftlich relevant.

Die Lektion, die ich mitnehme und an der ich Sie teilhaben lassen möchte:
Bei allen Vorschriften und bei aller Effizienz machen Sie das Wichtige sichtbar. Die Bedienungsanleitung hätte einen Sticker, eine Farbe, einen Hinweis verdient und vielleicht ist es sogar möglich, einen QR-Code mitzuliefern, mit dessen Hilfe man die Garantiebestimmungen und die Sicherheitshinweise herunterladen kann. (Mein Tipp: Sie würden nur vom Wettbewerb und von Behörden heruntergeladen), denn wer eine App-fähige Zahnbürste kauft, hat auch ein Handy. Möglicherweise ist das aber auch gesetzlich verboten, Digitalisierung ist ja Teufelszeug.

Machen Sie das Wichtige sichtbar. Helfen Sie Ihren Kunden im Dschungel der Verwirrung. Geben Sie Orientierung – dazu dient eine Marke übrigens exzellent!

Auf eine gute Woche

Ihr und Euer

Guido Quelle

Mandat Wachstums Wochenstart Nr. 631: Auch in den Ecken putzen

Wenn Sie Büroräume haben, die Sie reinigen lassen oder wenn Sie daheim eine Putzhilfe beschäftigen oder wenn Sie selbst putzen, dann kennen Sie das Phänomen des „Eckenputzens“. Ecken werden nicht gern geputzt, es macht Mühe, man kommt mit dem Wischer oder dem Sauger nicht so gut heran, man muss mitunter manuell nachbessern. Das Ergebnis: Es wird „rundgeputzt“.

Das „Rundputzen“ sieht man beim ersten Mal meist nicht so genau, je nach Dreck-/Staubbefall, aber über die Zeit wird es sehr deutlich. Weist man die Beschäftigten darauf hin, werden nicht selten entweder langatmige Vorträge gehalten, die darauf hinauslaufen, dass das doch zu detailliert sei, es doch nur eine Ecke sei, es sehr lange dauere oder es wird einfach wortlos nachgebessert –  die Gedanken möchte man nicht kennen.

Auch in Unternehmen wird oft nur „rundgeputzt“, im metaphorischen Sinne. Über Monate, Quartale, Jahre lässt die Liebe zu Details nach, es wird geschliffen, Kontur geht verloren. Niemand merkt es, bevor man nicht in die „Ecken“ schaut. Wenn man dieses „In-die-Ecken-Schauen“ aber regelmäßig macht, dann tritt zweierlei ein: Erstens macht man sich unbeliebt nebst begleitendem Kopfschütteln der Angesprochenen, zweitens bleibt’s ordentlich.

„Metaphorisch“ meint in diesem Fall auch die Wachstumsstrategie, die Leistungsprozesse, die Organisation und die Marke. All diese Elemente müssen regelmäßig darauf untersucht werden, ob die Ecken geputzt sind, oder ob sich Staub in den Ecken angesammelt hat, weil stets nur „rundgeputzt“ wurde, stets schnell, schnell noch Dinge gemacht werden mussten, welche nicht zuließen, dass die Ecken auch gereinigt wurden.

Da ist die Strategie, die klar sagt, welche Kunden ideal sind und welche nicht und deren Realisierung dies nicht hinreichend berücksichtigt. Da sind die Leistungsprozesse, die schön geschliffen dastehen – auf dem Papier – und die doch immer wieder Sonderfälle ausweisen, sodass der Standard nicht mehr erkennbar ist. Da ist die Organisation, die dazu verleitet, dass sie um Personen herum gebaut wird, statt um Prozesse. Und da ist natürlich der Markenkern, gegen den täglich verstoßen wird, weil die Erarbeitung schon so lange her ist.

Als Unternehmenslenker eines Unternehmens, das wachsen soll, dürfen Sie sich nicht mit dem „Rundputzen“ zufriedengeben. Es reicht nicht, wenn das Unternehmen irgendwie läuft.

Wir beschäftigen uns vorwiegend damit, Unternehmen von innen heraus wachsen zu lassen und finden als Externe immer (!) erhebliches (!) Potenzial vor, das Sie gar nicht sehen.

Schauen Sie hin und lassen Sie auch die Ecken putzen.

Auf eine gute Woche!

Ihr und Euer

Mandat Wachstums Wochenstart Nr. 630: Sache und Emotion

Ich bin Mitglied in einem Club, dessen seinerzeitiger Präsident die Idee hatte, an den regelmäßigen Clubabenden nicht nur einen Gastvortrag zu einem bestimmten Thema zu hören, sondern auch einen Kurzvortrag aus den eigenen Reihen über Oldtimer, da viele von uns ein altes Auto zu Hause stehen haben und gelegentlich damit fahren. So kam es auch. Die Abende waren also künftig von zwei Beiträgen gespickt, was eigentlich eine gewisse zeitliche Enge bewirkte, aber man wollte es ausprobieren.

Was soll ich sagen? Das Format kam sehr gut an. Trug der Gast meist zu einem Sachthema vor, das uns intellektuell erhellte, bot später ein Clubmitglied Einblick in seine Erlebnisse mit seinem „Oldie“, also einem PKW, der älter ist als 30 Jahre.

Bemerkenswert fand ich, dass die Diskussionen, die sich aus den Sachthemen ergaben, zwar größtenteils rege waren – wir alle sind vielfach interessiert – und dass auch Nachfragen an die jeweiligen Referenten entstanden, dass die Diskussions- und Gesprächsdynamik aber exponentiell zunahm, als es um die Autos ging. Auch ich trug zu meinem 1978er Alfa Spider vor und Sie können sich vorstellen, dass zum Beispiel die Rechnung, die ich aufmachte, wie sich Anschaffungs-, Betriebs- und massive Restaurationskosten zueinander verhielten, manches Gelächter auslöste. Ich hatte auch Bilder von den Restaurationsarbeiten beigefügt, während derer man sich fragen musste, ob sich das alles wirklich gelohnt hat – es lohnt sich natürlich nur emotional. Auch hatte ich den Sound aufgenommen, er klingt nämlich frech wie ein Großer.

Es wurde gelacht, im Detail nachgefragt und diskutiert und der Applaus am Ende eines „Oldie-Vortrags“ war nicht selten stärker als nach dem fundierten Sachvortrag zuvor und das lag weder an der Tatsache, dass das Auto ein näher liegendes Thema als zum Beispiel die Zukunft des Gesundheitssystems ist, noch an der Qualität des Vortrags. Es lag natürlich an den mit den Autos verbundenen Emotionen.

Es sind die Emotionen, die uns bewegen, nicht die rationalen Argumente. Jeder von uns, der schon versucht hat, Veränderungen in Unternehmen zu bewirken, weiß das und trotzdem wird immer wieder sachlich vorgetragen, ohne jede emotionale Anbindung.

Emotionen sind es, auf die wir reagieren, Emotionen sind es, die wir zeigen, wenn wir durch ein Thema bewegt werden. Logische, rationale Argumente sind wichtig, damit wir nicht allein „aus dem Bauch“ entscheiden („Sollen wir das Unternehmen kaufen? Ach, warum eigentlich nicht?“), aber die Emotionen machen letztendlich die Entscheidung aus, ob wir uns verändern oder nicht. Fühlt es sich gut an? Bin ich begeistert? Will ich Teil von etwas sein? Habe ich mehr Macht, Status, Ansehen? Will ich vorne sein und das soll auch gesehen werden? All das sind echte Treiber.

Von unseren vielen Hundert Wachstumsprojekten waren diejenigen die wirksamsten, in denen wir mithilfe der Unternehmensleitung neben all dem rationalen Nutzen Bewegung durch Emotionen erzeugen konnten.

Wo können Sie noch stärker auf Emotionen setzen – neben all den rationalen Argumenten?

Auf eine gute Woche!

Ihr und Euer

Guido Quelle

Mandat Wachstums Wochenstart Nr. 629: Das Durchschnittsproblem

Immer wieder heißt es „das gleicht sich aus“. Mal macht man etwas falsch, mal richtig, irgendwie gleicht es sich aus und wir hoffen und arbeiten daran, dass wir insgesamt mehr Dinge richtig machen, als dass wir Dinge falsch machen. Alles gut, also.

Mir greift das zu kurz. Mehr noch: Im Sinne gesunden, profitablen Wachstums greift das zu kurz. Wir benötigen Einzelfallbetrachtungen. Wenn etwas weniger Wichtiges gut gemacht wird („Heute hast Du die Bleistifte aber besonders schön angespitzt.“) und etwas Wichtiges schlecht gemacht wird („Oh, wir haben leider den Auftrag im Lager stehenlassen, na ja, liefern wir halt nach dem Feiertag.“) gleicht sich das nicht aus.

Mehr noch: Selbst in derselben Kategorie gleicht es sich nicht aus. Einhundert Aufträge korrekt ausgeliefert, drei nicht. Im Schnitt: Eine Quote von 97 %. Alles gut, also? Nein. Das klingt gut, ist denjenigen, deren Auftrag korrekt abgewickelt wurde, aber nicht auffällig, weil sie davon ausgehen dürfen, dass Aufträge korrekt abgewickelt werden, sie werden es also nicht besonders hervorheben („Stellen Sie sich vor, ich habe die wöchentliche Lieferung pünktlich erhalten, das ist ja toll!“), während diejenigen Drei, deren Aufträge nicht korrekt abgewickelt wurden, das sehr wohl merken und als Missstand markieren („Geht’s noch? Nicht einmal Euer Regelgeschäft bekommt Ihr auf die Reihe?“).

Durchschnitte verleiten uns zu falschen Annahmen und je größer die Datenbasis ist, desto mehr werden wir in eine Scheinsicherheit verführt.

Wir haben Dutzende Beratungsmandate im Pharmagroßhandel geführt, also der Branche, die dafür sorgt, dass unsere Apotheken das haben, was wir brauchen, auch spontan. Hier herrscht ein extrem hoher Qualitätsanspruch und die von uns in der Gründung und im Aufbau und Betrieb betreute Logistikgesellschaft unseres Pharmagroßhandelsklienten lag in der Auslieferung bei 99,7 Prozent.

Das klingt toll, aber bei knapp 19.000 Apotheken in Deutschland, unter der Annahme, dass diese zweimal an fünf Tagen pro Woche beliefert werden (in der Tat meist öfter) und unter der Annahme, dass ein Drittel der Apotheken zu den Kunden gehören, macht das? Trommelwirbel: Etwa 10.000 Fehler. Zehntausend Patienten, mindestens (!), die ihre Medikamente nicht pünktlich haben.

Vorsicht vor dem Durchschnitt. Eine Fünf in Mathe wird nicht durch eine Eins in Biologie ausgeglichen und man sollte hinsehen, wo Stärken und wo Schwächen liegen. Controllingsysteme, deren Durchschnittswerte nicht hinterfragt werden, sind Wachstumsbremsen.

Sie steigen in Ihr Auto, stellen fest, dass aufgrund der sommerlichen Temperaturen auf drei Reifen etwas Überdruck herrscht, während ein Reifen nahezu platt ist. Der Durchschnitt sagt: „Läuft.“

Fahren Sie los?

Auf eine gute Woche!

Ihr und Euer

Guido Quelle

Mandat Wachstums Wochenstart Nr. 628: Die, die es nicht mehr geben wird (Teil 5)

Begleitet Sie der Wachstums-Wochenstart schon länger? Schon seit dem 17.08.2020? Oder sogar schon seit dem 08.08.2016? Dann haben Sie im Wachstums-Wochenstart Nr. 434 und 224 bereits die Liste der Begriffe gesehen, die es meiner festen Überzeugung zufolge bald nicht mehr geben wird, die mindestens aber massiv an Gebrauch einbüßen, denn ganz verloren sind sie ja nie. Inzwischen haben sich auch viele Leser an der Sammlung beteiligt.

Ich dachte mir, es sei, fast vier Jahre nach dem letzten Update, wieder einmal an der Zeit, die Liste zu erweitern. Hier sind neue Begriffe, die es „nicht mehr geben wird“, die aussterben werden:

  • Apparat (auch „am Apparat“)
  • Arbeitgeber, Arbeitnehmer (nur noch im Rechtskontext)
  • den Hörer abnehmen
  • ERP-System
  • etwas googeln
  • Feel-Good-Manager
  • Gas geben
  • Kleingeld
  • Schalte (Videoschalte, Telefonschalte)
  • Social Media
  • Visitenkarte
  • Wechselgeld
  • Windschutzscheibe

 

Welche Begriffe sterben aus? Schreiben Sie mir. Damit wir Dubletten vermeiden, ist hier die Liste der bisherigen Begriffe von  der roten Liste:

  • Beamer
  • Benzin
  • Blu-ray
  • Briefmarke
  • CD-ROM
  • Datenübertragung
  • Desktop-Computer
  • Diesel
  • Digitalisierung
  • Diskette
  • Drucker
  • Durchschlag
  • DVD
  • Eintrittskarte
  • Fahrkarte, Fahrschein
  • Festnetz
  • Festplatte
  • Filmspule
  • Funktelefon
  • Glühlampe
  • Ins Internet gehen bzw. Online gehen
  • Jukebox
  • Langspielplatte
  • Laptop
  • Laufwerk
  • LCD-Bildschirm
  • Lichtbild
  • Mobiltelefon (oder „Handy“, wie wir als einzige auf der Welt sagen und was niemand außerhalb Deutschlands versteht)
  • Musikkassette, Kassettenrekorder, Tonband
  • Neue Medien
  • Personal Computer
  • Sachbearbeiter
  • Smartphone
  • Tablet
  • Tafel (Schule), Tafeldienst, Tafelkreide
  • Tageslicht-(Projektor)
  • Taschenrechner
  • Telefon
  • Telefonhörer
  • Telefonkarte
  • Telefonzelle,
  • Verkabeln
  • Videokassette, Videorecorder
  • Wählscheibe
  • Warteschleife

 

Welche Begriffe sterben aus?

 

 

Auf eine gute Woche!

Ihr und Euer

Guido Quelle

Mandat Wachstums Wochenstart Nr. 627: Verselbstverständlichung

Viele von Ihnen kennen meinen Satz „Der Luxus von heute ist der Standard von morgen“. Es ist ein Satz, der bestens zu Wachstum passt, denn Dinge, die heute noch mehr oder weniger fundamental neu, teilweise unverständlich und teilweise auch unerschwinglich, vielleicht sogar überflüssig erscheinen, werden über die Zeit normal und man möchte sie nicht mehr missen. Beispiele dafür? Rechter Außenspiegel am Auto, ABS, ESP, allerlei Helferlein beim Einparken, Funkverschluss, iPhone, Künstliche Intelligenz, digitale Buchungsmöglichkeiten, Smart Home, Liste kann bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag fortgesetzt werden.

Innovation ist ein Haupttreiber für Wachstum und wird von den Degrowth-Fanatikern gern und oft auch bewusst übersehen. Innovation schafft Fortschritt, wobei „Fortschritt“ erst einmal nur bedeutet, dass man fortschreitet. Ob das gut ist, wird die Zukunft zeigen. Viele Innovationen enden in einem Fortschritt in die falsche Richtung, doch das ist ein anderes Thema.

Mit der Zeit werden Dinge, Verfahren, Leistungen also selbstverständlicher. Sie integrieren sich in unseren Alltag. Wir sprechen in diesem Zusammenhang von „Verselbstverständlichung“. Ich bin gar nicht sicher, ob es das Wort gibt, die Textverarbeitung erkennt es nicht, ich verwende es in Vorträgen. Wir verwenden es in der Beratung regelmäßig.

Verselbstverständlichung bedeutet im Rahmen der Integration in den Alltag, dass man Dinge, Zustände nicht mehr wahrnimmt, außer wenn sie eine Störung erfahren oder entfallen. Der rechte Außenspiegel wurde von einem Rowdy abgefahren? Wie soll ich jetzt die Spur wechseln? Das Smartphone ist kaputt? Wie soll ich weiterleben? ChatGPT funktioniert nicht mehr? Wie soll ich den Beitrag für morgen fertigbekommen (Spoiler: Es gibt noch Menschen, die selber Neues erzeugen).

Verselbstverständlichung bedeutet auch, dass wir ehemals neue Dinge weniger infrage stellen und damit kommen wir zum Kern des heutigen Wochenstarts:

Nur weil Dinge, Verfahren, Aspekte, Gewohnheiten selbstverständlich geworden sind, bedeutet dies nicht, dass sie auch auf Dauer bleiben müssen. Im unternehmerischen Kontext bedeutet dies zum Beispiel, für einen Zeitraum wichtige Abfragen in der Data-Analytics- oder BI-Umgebung zu löschen, wenn sie nicht mehr gebraucht werden, Meetingformate abzuschaffen, wenn der Zweck und das Ziel des Formats nicht mehr klar ist und Positionen im Unternehmen zu eliminieren, wenn nicht mehr klar ist, was der genaue Wertschöpfungsbeitrag ist.

Kundenbeziehungen müssen auf eine tragfähige Basis gestellt werden, wenn sie nicht mehr tragfähig sind, egal wie alt die Beziehung ist. Lieferantenbeziehungen dito. Das gesamte Produkt- und Angebotsportfolio muss regelmäßig hinterfragt werden. Reines Addieren ist unintelligent.

Das, wiederum, hat etwas mit Wachstum durch Weglassen zu tun und somit haben wir den Mehrklang aus Wachstum, Innovation, Verselbstverständlichung und Weglassen – ein Thema, zu dem ich in der vergangenen Woche auch ein Interview gegeben habe – hergestellt.

Welche Selbstverständlichkeiten sind es, die Sie am liebsten nicht mehr hätten?

Auf eine gute Woche!

Ihr und Euer

Guido Quelle

Mandat Wachstums Wochenstart Nr. 626: Sprache und sprechen

Kennen sie auch Menschen, die eine überaus weitschweifige Ausführung einer knappen Erläuterung vorziehen? Als Erlebnisbericht ist das interessant, als Urlaubsbericht, fein, aber im Business? Eher entbehrlich. Vermutlich kann sich niemand davon freisprechen, gelegentlich über Gebühr ausführlich zu sein. Wenn es bei „gelegentlich“ bleibt, ist das in Ordnung. Wenn es die Regel ist, wird es schwierig.

In einem Meeting mit, sagen wir, 15 Personen des mittleren Managements plus zwei Geschäftsführern, kommen konservativ Teilnehmer zusammen, deren jährliche Personalaufwendungen sich auf, machen wir es einfach, 1,7 Millionen Euro summieren, je nach Unternehmen, mit oder ohne Sozialabgaben. Akademische Exaktheit spielt für meine Ausführungen keine Rolle.

Wenn ein solches Meeting acht Stunden dauert, also einen Arbeitstag, dann sind dies fast 8.000 Euro, gehen wir von 220 Arbeitstagen im Jahr aus (jajaja: 7.727 Euro, lassen wir das). Eine Stunde kostet also knapp 1.000 Euro, eine Minute 16 Euro.

Zehn Minuten Ausführungen ohne Wert („Herumlabern“)? 160 Euro. Eine Stunde: 1.000 Euro. Wie oft geht in einem Meeting fahrlässig eine Stunde verloren?

Man komme mir nun nicht mit dem Argument, dass die anwesenden, hoch bezahlten Führungskräfte gewohnt sind, unbezahlte Überstunden zu machen, sonst mache ich das Thema „Zeitverlust“ auf, das noch schwerer wiegt als Geldverlust, wie wir alle wissen, denn die verlorene Stunde kostet nicht nur 1.000 Euro, ich bekomme sie auch nicht zurück.

Mit der Art und Weise, mit der Wortwahl, mit der gedanklichen Klarheit, mit der wir unsere Ausführungen bilden, beeinflussen wir maßgeblich nicht nur den Gesprächsverlauf, sondern auch das Gesprächsergebnis! Das kommt also noch erschwerend hinzu, denn eine verlorene Tausend-Euro-Stunde bringt auch ein schlechteres Ergebnis des Meetings.

Diejenigen von Ihnen, die von uns persönlich beraten werden, kennen die Regel: „Stellen Sie die Frage, die Sie beantwortet haben möchten, an den Anfang. Wir holen uns Details, wenn wir sie brauchen.“ Dies ist eines der wirksamsten Mittel für effektive Themenlösungen.

Es wird immer von Meetingdisziplin gesprochen. Jawohl, aber wie halten wir sie denn? Indem wir beim Thema bleiben und erst klar denken, dann klar sprechen und indem jemand darauf achtet. Ein Leser des Mandat Growthletters®, Geschäftsführer eines mittelständischen Großhandelsunternehmens, schrieb mir kürzlich auf meinen CEO-Tipp, er habe von einem Kollegen den Satz gehört „Wenn Du es nicht kommunizieren kannst, kannst Du es auch nicht umsetzen“. Das kommt noch erschwerend hinzu.

Achten Sie auf die Art und Weise, wie in Ihren Zusammenkünften gesprochen wird. Fördern Sie klares Denken und klares Sprechen. Achten Sie dazu auf die Zeit in Meetings, stellen Sie Regeln auf: „Fragen vorab“, zum Beispiel.

Probieren Sie es aus. Sie haben jetzt etwa Eineinviertel bis Zweidreiviertel Minuten investiert, um diesen Wochenstart zu lesen. Machen Sie etwas daraus!

Auf eine gute Woche!

Ihr und Euer

Guido Quelle