23. Oktober, 11:30 Uhr. Mein erstes Meeting in München ist beendet, das Meeting war gut, das Wetter ist „semi“, es nieselt, manchmal regnet es auch. Ich habe keinen Schirm dabei, weil es mit einer Aktentasche, einem Cabin-Trolley und einem Schirm kompliziert wird. Mittagessen, das wäre jetzt prima, ich bin schon um vier aufgestanden. Google Maps wird’s richten, ich bin mitten in der Stadt, das kann nicht schwer sein.
Richtig: Es besteht eine große Auswahl naheliegender Restaurants. Ich wähle eines aus, mache mich auf den Weg und verlaufe mich prompt, zumindest finde ich das Restaurant nicht. Ach, komm, das kann doch nicht wahr sein. Dafür beginnt es jetzt, kräftiger zu regnen. Das will nicht recht passen, mit Businesskleidung und Gepäck.
Ich stelle mich unter. Statt auf mein Smartphone und google Maps schaue ich mich um und stelle fest, dass ich unmittelbar neben einem – anderen – Restaurant stehe. Die Karte ist vielversprechend, die Öffnungszeiten sind es nicht. Es ist Viertel vor Zwölf, der Laden macht um 12 auf und ich verspüre keine Neigung, im kühlen Regen zu warten. Aber, man kann ja mal an der Tür ziehen. Siehe da: Die Tür ist nicht verschlossen, ich trete ein und warte.
Eine Dame kommt, ich bekunde, dass ich wisse, dass es vor der Öffnungszeit ist, dass ich mich aber freuen würde, einen Platz einnehmen zu können. Die Dame: „Auf welchen Namen haben Sie reserviert?“ Ich, baff, weil ich diese Frage mittags an einem Wochentag nicht erwartet habe: „Ich habe gar nicht reserviert.“ Die Dame jongliert ein wenig am Tablet. „Das Team ordnet sich gerade noch, es kann ein wenig dauern, aber ich habe einen Platz für Sie. Darf ich Ihnen Ihre Garderobe abnehmen?“
Ich gebe ihr meinen Mantel, die Dame weist mir einen Platz zu, wo ich auch den Trolley und die Aktentasche bequem abstellen kann. Ich bedanke mich für die Flexibilität.
Es folgt eine Aneinanderreihung freudvoller Momente: Äußerst freundliche, kompetente Mitarbeiter, eine Speisekarte, die allein schon Freude macht, hinzu einige Spezialitäten des Tages, man reicht mir ein Magazin für die Überbrückung der Pause, ebenso wie ein selbstgemachtes Stück Brot, frisch aus dem Ofen. Wasser wird nachgeschenkt, sobald das Glas nahezu leer ist, das Gericht ist eine Wonne, der Umgang miteinander gleichermaßen.
Das Beste: Der Laden füllt sich. Es wird 12:00, 12:30, 12:45 Uhr, das Restaurant ist ausgebucht. Menschen werden namentlich begrüßt, manche treffen sich hier und alle haben reserviert. Ich staune. Ja, es ist München, aber es ist auch ein ganz normaler Mittag an einem ganz normalen Mittwoch.
Ich spreche die Dame vom Empfang an, frage, ob dies ihr Restaurant sei, was sie bejaht. Ich beglückwünsche sie zu Design, Karte, Mitarbeitern und dem, was sie hier geschaffen hat. Sie freut sich, man sei ja schon zwölf Jahre dort. Ich freue mich auch und entgegne, dass Dauer kein Qualitätskriterium sein muss. Eher ein Qualitätsbeweis.
Als ich um etwa 13 Uhr das gut gefüllte Restaurant verlasse, ist mir mehreres klar:
- Niemand komme mir mehr mit „Oh, oh, Restaurants haben es schwer“. Mag sein, wir alle haben es an der einen oder anderen Stelle „schwer“, denn wenn es leicht wäre, wären alle erfolgreich. Nein, es geht.
- „Fachkräftemangel“ oder „Arbeitskräftemangel“ ist nicht nur eine Frage der Anzahl verfügbarer Personen, sondern eine Frage des Sogs. Der Arbeitgeber trägt dazu bei, ob er „Arbeitskräftemangel“ hat oder nicht. Die Mitarbeiter dort waren spitze.
- In dieses Restaurant werde ich wieder gehen.
Wo machen Sie einen Unterschied?
Auf eine gute Woche!
Ihr und Euer
Guido Quelle