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Mandat Wachstums-#Wochenstart Nr. 277: Das Beste oder nichts?

Ich fahre seit über drei Jahren ein tolles Produkt aus dem Hause Mercedes-Benz. Das Leasing lief eigentlich in diesem Sommer aus, aber ich konnte mich noch nicht so recht für ein neues Auto entscheiden, weil so viele Kriterien zu erfüllen waren und ich mir auch nicht die nötige Zeit genommen hatte, mich ausreichend zu kümmern. Zwar lagen Angebote von Mercedes und anderen Herstellern vor, aber wir hatten schlicht so viel zu tun und waren so viel unterwegs, dass ich andere Prioritäten gesetzt habe. Mercedes machte es mir leicht und verlängerte das Leasing um weitere sechs Monate zu vernünftigen Konditionen.

So weit die linke Seite des „oder“ in „Das Beste oder nichts“. Jetzt kommt die Schattenseite:

Mit den drei Jahren lief auch die „Live Traffic“-Lizenz des Navigationssystems aus und man musste diese Funktion gebührenpflichtig erneuern, wollte man sie weiter nutzen. Wer „Live Traffic“ kennt, weiß es zu schätzen, die TomTom-Engine, die in dem Mercedes-Navi wirkt, ist wirklich brauchbar, Echtzeitinformationen sind sehr genau. Ein Verzicht kam nicht in Frage, also musste eine Lizenzerneuerung her. Auf in die virtuelle Welt von „mercedes.me“, das seine Besucher mit „Jederzeit und überall. Meine Welt von Mercedes-Benz“ begrüßt.

Engpass Nummer 1: Mercedes kann so etwas nicht übernehmen, es musste ein Konto eingerichtet werden. Erledigt. Engpass Nummer 2: Die Lizenz konnte nicht stichtagsbezogen erworben werden, sondern die alte Lizenz musste zunächst ablaufen. Die Folge: Ich schaute an besagtem Tag auf das veraltete „TMC“-Symbol, ein gänzlich nutzloser Dienst. Engpass Nummer 3: Obwohl wir am Tag des Ablaufs der drei Jahre den Service gebucht (und bezahlt!) hatten, wurde Live Traffic nicht verfügbar.

Die Engpässe Nummer 4 bis 25 erspare ich Ihnen im Detail, sie ergaben sich aus teils unerquicklichen Dialogen zwischen Mandat, einer meist bemühten Mercedes-Niederlassung, Mercedes-„Me“ und mir. Von „Die Aktivierung braucht ein paar Tage“ über „Wir haben technische Probleme“ bis hin zu „Jetzt weiß ich auch nicht weiter“ haben wir alles erlebt. Jederzeit und überall? Weder noch. Ich habe allein 22 E-Mails zu dem Thema, meine Assistentin Anne Hausen hat sicher noch mehr und unzählige Telefonate geführt. Es hat drei Wochen (!) gedauert, bis der Service wieder verfügbar war, begleitet von einer höflichen Entschuldigungsmail.

Jederzeit und überall? Nein, Mercedes.me, das muss besser gehen. Wir möchten nicht auf der rechten Seite des „oder“ in „Das Beste oder nichts“ stehen. Standen wir aber.

Enttäuschungen dieser Art wirken nach und sie schaden der Marke, auch wenn nichts wirklich Wichtiges passiert ist. Ein Zeitdieb war die Geschichte allemal. Versprechen, Versprechen darf man nicht brechen. Das gilt vor allem für Unternehmen mit hohem Wachstumsanspruch.

Einen guten Wochenstart!

Ihr und Euer
Guido Quelle

© 2017, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH, Dortmund, London, New York.
© Sprinter: mezzotint_fotolia – Fotolia.com

 

Mandat Wachstums-Wochenstart #53: Überraschen Sie Ihre Kunden

Ihr Fokus in dieser Woche: Machen Sie sich Gedanken darüber, wie Sie Ihre Kunden künftig regelhaft überraschen.

Wer online ein 1. Klasse-Ticket von London Gatwick nach Victoria Station bucht, erhält mit der Buchungsbestätigung einen Download-Link zu drei Musikzusammenstellungen unterschiedlicher Stilrichtungen. Der Fahrgast kann sich eine der Zusammenstellungen kostenfrei pro Buchung downloaden. Jede der Musikzusammenstellungen ist ca. 30 Minuten lang, genauso lange, wie der Gatwick-Express für die Fahrtstrecke braucht. Man möge die Musik auf Kopfhörern genießen und die Landschaft an sich vorbeiziehen lassen, so der Wunsch des Gatwick Express.

Gatwick-Express hat mich damit überrascht. Es handelt sich um eine Leistung, die Gatwick-Express sicher nicht teuer bezahlen musste und die gleichwohl hohe Kundenbezogenheit widerspiegelt. Ich finde, das ist „Best Practice“ würdig. Wie überraschen Sie Ihre Kunden?

(c) 2013, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH;

Servicewüste Deutschland? Und es gibt sie doch!

Die gute Nachricht vorab: Ebenso einfach, wie man sich durch eigentlich selbstverständliches Verhalten (Pünktlichkeit, Höflichkeit, Zuverlässigkeit) als Person differenzieren kann, kann sich ein Unternehmen durch Antizipieren von Kundenbedürfnissen, Eingehen auf den Kunden und Verzicht auf egoistische Selbstoptimierung differenzieren.

Hier sind Worst Practices, die ich vor kurzem auf einer Reise erlebt habe:

Ich erreichte das Hilton Hotel im Frankfurter Flughafen erst spät am Abend, was auch avisiert worden war. Obwohl ich Diamond Member bin, wurde mir kein Upgrade angeboten. Die Fenster der Suite, die ich gebucht hatte, wiesen auf einen innenliegenden Baukörper, der sich ca. einen oder zwei Meter von der einen der beiden Fensteranlagen entfernt überraschend darbot. Die zweite Unverständlichkeit, für meine Begriffe. Ich hatte keine Zeit zu verlieren, da ein Klient und ich ein abendliches Meeting vereinbart hatten, so verzichtete ich auf eine Reklamation.

Unser Meeting ging bis ca. 0.30 Uhr, am nächsten Morgen musste ich einen sehr frühen Flieger bekommen. Um 05.59 Uhr betrat ich die Lobby, um festzustellen, dass es ein Early Bird Croissant Frühstück gab. Löblich. Leider war es nach meinem Auschecken um 06.01 Uhr vollständig abgebaut – dass es ein reguläres Frühstück für Diamond Member gab, habe ich erst später erfahren. Schade.

Hungrig hastete ich zum Lufthansa Schalter, nahe des Hotels, um mein Gepäck schnell aufzugeben. Das Resultat zeigt das folgende Foto:

Einsamkeit am Lufthansa Checkin

Einsamkeit am Lufthansa Checkin

Einsamkeit … Leere … Offenbar ist es ungewöhnlich, dass Lufthansa-Passagiere ihr Gepäck morgens um 6 Uhr in der Nähe des Hotels aufgeben möchten. Schade.

Eigentlich dachte ich, es wären nun genug Überraschungen für einen Tag, der eigentlich noch gar nicht begonnen hatte, zumindest nach meiner Zeitrechnung. Aber die Dame am Lufthansa-Schalter in der Haupthalle schaffte doch noch ein weiteres Highlight. Nachdem ich ihr mein Flugziel nannte und meine Kreditkarte gegeben hatte, begann der folgende Dialog:

Lufthansa-Mitarbeiterin (LH): „Auf welcher Maschine sind Sie denn gebucht?“
Ich (ungehalten): „Weiß ich nicht.“
LH: „Ich müsste das wissen.“
Ich: „Stimmt, finde ich auch: Sie müssten das wissen. Sollten Sie mir das nicht sagen?“
LH: „Wie war Ihr Name?“
Ich: „Wieso schauen Sie nicht auch die Kreditkarte, die vor Ihnen liegt?“
LH: „Es gibt eine Maschine um 7.10 und eine um 8.50.“
Ich: „Und?“
LH: „Auf welcher sind Sie?“

Mir platzte fast der Kragen, als mir klar wurde, dass die Mitarbeiterin mehr Arbeit mit ihrer Computermaske haben musste, wenn sie mich namentlich zu suchen hatte, als wenn ich ihr bereits eine feste Uhrzeit sagte. Ich gab ihr zu verstehen, dass ich das nicht unter Kundenfreundlichkeit verstünde und zog mit meinem Ticket, das dann doch ‚mal ausgestellt wurde, meiner Wege – zum nächsten Café, weil ich erst einmal einen Espresso brauchte. Ich weiß schon, weshalb ich lieber mit Singapore Airlines auf der Langstrecke unterwegs bin …

Fazit: Kundenfreundlichkeit, HIneinversetzen in den Kunden und Antizipation seiner Bedürfnisse bringen per Sekunde einen enormen Wettbewerbsvorsprung.

Der guten Ordnung halber sei erwähnt, dass sich das Hilton am Frankfurter Airport inzwischen aufmerksam mit meiner Unzufriedenheit, die ich in der per E-Mail zugestellten Zufriedenheitsbefragung zum Ausdruck brachte, auseinandergesetzt hat und sich um mich als Kunden bemühte.

Ihr Guido Quelle

(c) 2012, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH