Schlagwortarchiv für: Baumarkt

Mandat Wachstums Wochenstart Nr. 648: Der Ferrari am Baumarkt

Ein Samstagabend auf dem Parkplatz eines Baumarkts. Auf dem Weg zurück zum Auto fällt mein Blick sofort auf einen Ferrari, der schräg hinter unserem Auto steht. Rot, natürlich. Ein Ferrari. Auf dem Baumarktparkplatz. Herrlich. Vermutlich musste der Fahrer noch rasch zwei, drei Rollen Tesa kaufen, mehr passt ja nicht rein, in den Flitzer.

Ein tolles Auto. Ich mag die Marke sehr, finde die Autos großartig, aus professioneller Sicht auch die Markenentwicklung und -kontur. Auch die stets gepflegte, klare Trennung zwischen Lamborghini und Ferrari hat mich schon immer fasziniert. Meist gilt: Entweder Du entscheidest Dich für einen Ferrari oder für einen Lambo. Hier ist in Sachen Markenführung einiges richtig gemacht worden.

So strahlt der rote Flitzer, ein Spider, offen, in der Sonne. Seine Prominenz wird dadurch verstärkt, dass an diesem Samstagabend natürlich nicht mehr so viele Autos auf dem Parkplatz stehen.

Zwei Jungs, vielleicht 15, 16 Jahre alt, kommen mit ihren E-Scootern zum Auto, zücken die Smartphones, vergewissern sich kurz, dass ich nicht der Fahrer des Fahrzeugs bin, sondern zu unserem Multivan gehe und fotografieren den Flitzer dann ausgiebig. Für die beiden ist es ein Tageshighlight, das sieht man an ihren glücklichen Gesichtern. Ich freue mich mit ihnen, steige in unseren Bus und fahre heim. Die beiden bleiben noch ein bisschen bei dem roten Straßenflitzer.

Soweit die Situation, nun zum Thema „Strategie“. Die beiden Jungs haben einen Ferrari erkannt und fotografiert. Warum? Nein, nicht wegen der Farbe allein – wobei das Rot natürlich prominent ist. Sie haben ihn fotografiert, weil er etwas Besonderes ist. Etwas sehr Besonderes. Testen wir ein wenig: Hätten die beiden einen Mercedes-AMG S63 oder gar einen Maybach fotografiert? Vermutlich nicht, obwohl es eine vergleichbare Preisklasse und Motorklasse ist. Ach, Sie meinen, das seien zu sehr Alltagsfahrzeuge? Ok. Hätten die beiden einen Porsche Targa fotografiert? Ah, auch zu gewöhnlich. Ok. Einen Trabant? Sehr selten sind sie geworden. Aha, zu billig?

Tja? Warum haben die beiden den Ferrari fotografiert? Hier sind Erklärungsangebote: Ferrari hat um die Marke eine Legende gebaut. Viele Promis fahren Ferrari. Ferrari ist teuer, vollkommen unsinnig in der Vernunftargumentation, laut, immer ein wenig schrill und nicht jeder bekommt einen. Ferrari ist Emotion pur.

Nein, nein, lassen Sie uns nicht in die Themen „Ist das denn noch zeitgemäß“, „das wird sich alles ändern, weil, die Jugend‘ (ich liebe ja Pauschalisierungen ja) sich nicht mehr für Autos interessiert“, „ja, aber der CO2-Verbrauch“, „wer braucht denn sowas“ und andere Nebengeräuschorte abdriften. Wir bleiben beim Thema. Die beiden haben den Ferrari fotografiert (und hätten auch einen Lamborghini fotografiert), weil Ferrari in Sachen Markenaufbau, -entwicklung und -führung sehr vieles richtig gemacht hat.

Und jetzt kommt’s: Das können Sie auch. Unsere Klienten, mit denen wir das Thema „Marke“ angehen, sei es Schärfung und Konturierung der Marke, Neupositionierung der Marke, Weiterentwicklung der Marke oder gar Aufbau einer Marke, beweisen dies Tag für Tag im Wettbewerb. Richtig, nur wenige Marken sind „Ferrari-Marken“, aber darum geht es doch auch gar nicht. Es geht auch nicht ums Foto. Es geht darum, dass möglichst viele sagen: „Natürlich musst Du bei [Marke] kaufen, alles andere kannst Du Dir sparen.“

Wie steht es um Ihre Markenkontur?

Auf eine gute Woche!

Ihr und Euer

Guido Quelle

Mandat Wachstums Wochenstart Nr. 640: Es zieht sich wie Kaugummi

Kürzlich, am Spätnachmittag eines sehr abwechslungsreichen Tages führte mich eine „Besorgungsrunde“ erst in die Reinigung, dann in den gegenüberliegenden Baumarkt.

In der Reinigung treffe ich immer fröhliche Mitarbeiterinnen an. Ja, auch sie freuen sich auf den Teil des Tages nach der regulären Arbeit, ja, auch sie freuen sich auf das Wochenende, aber das ist ja alles in Ordnung. Alles zu seiner Zeit. Jedenfalls ist die Stimmung dort immer gut, nie verlieren die Damen die Geduld, auch schwierige Aufgaben werden angenommen, zeitliche Sonderwünsche, wenn erforderlich und machbar, realisiert. Auch an jenem Tage. Wir scherzten, wünschten einander einen schönen Tag und ein routiniertes „bis nächste Woche!“

Ganz anders im Baumarkt. Ich gehe durch den Hauptgang und komme an einem Duett vorbei, bestehend aus einer Mitarbeiterin und einem Mitarbeiter, die sich augen- und ohrenscheinlich über irgendwelche Interna echauffierten. Da sie mitten im Weg standen, musste ich nah an ihnen vorbei und hörte einige Einzelheiten. Stark fand ich den Mitarbeiter: „Poah, das zieht sich heute aber wieder alles wie Kaugummi“ und das verstärkende „Das stimmt“ von der Mitarbeiterin.

Ich ging weiter und dachte mir „Wie schade“. Es gibt doch so vieles, was man tun kann. Wie viele Kunden laufen im Baumarkt ganz offensichtlich ohne Orientierung herum und suchen etwas, trauen sich aber nicht jemanden anzusprechen? Ich möchte den Gag von Dieter Nuhr „Wenn Sie im Baumarkt eine Frage haben, dann müssen sie sich tot stellen, dann werden die Mitarbeiter zutraulich und denken, Sie seien einer von ihnen“ gar nicht über Gebühr strapazieren, aber ich dachte „Menschenskinder, helft doch den Kunden, dann zieht es sich auch nicht wie Kaugummi, dann habt Ihr den ganzen Tag über freudvolle Aufgaben.“

Im Wachstums- und Führungskontext: Diesen Dialog zwischen den beiden Mitarbeitern hat die Marktleitung und die Geschäftsführung nicht mitbekommen. Wie viele Mitarbeiter mögen noch so denken? Wie wirkt sich eine solche Haltung auf die Kultur aus?

In der Führung ist das, was wir nicht sehen und hören, mindestens so relevant, wie das, was wir sehen und hören. Dummerweise ist der nicht-offensichtliche Teil meist größer als der offensichtliche.

Welche Einstellung herrscht in Ihrem Unternehmen? Ist man happy, wenn man ein wenig Zeit hat, weil man sich dann Dingen widmen kann, die sonst zu kurz kommen? Ist man happy, wenn man viel Arbeit hat, weil man dann viel Wert schafft? Sucht man sich aktiv Aufgaben? Oder versucht man, Aufgaben jenseits des Üblichen zu vermeiden, möglichst unsichtbar zu sein und Tage, die sich ziehen „wie Kaugummi“ möglichst geduldig zu ertragen?

Wie auch immer Ihre Antwort ist: Die Einstellung von Mitarbeitern ist sowohl durch deren intrinsische Motivation geprägt als auch durch Ihr Führungsverhalten, das den inspirierenden Rahmen geben soll.

Auf eine gute Woche!

Ihr und Euer

Guido Quelle

 

Das Praktiker-Desaster

Seit mindestens sieben Jahren muss die Baumarktkette Praktiker in meinen Vorträgen und in strategischen Dialogen als Negativbeispiel für intelligentes Wachstum herhalten. Das Unternehmen hat sich durch nichts besonders ausgezeichnet, außer durch eine durchgehend katastrophale Unternehmensführung, einen ausgeprägten Strategie-Mangel und das offenbar dringende Bedürfnis, sich intensiv mit internen Themen auseinanderzusetzen, die jedoch selten inhaltliche Relevanz hatten.

Weder ist „20% auf alles“ eine Strategie, noch kann man eine solche Ansage durchhalten, wenn die internen Prozesse dafür nicht gegeben sind. In einem Gespräch mit Poco-Gründer Peter Pohlmann sagte dieser mir einmal, „Discount muss man leben“. Richtig. Hätte Praktiker dies auch verinnerlicht, wären möglicherweise zweckmäßigere Nutzenaspekte entstanden. Inhaltlich lässt sich bei Praktiker alles vermissen, was man strategisch vermissen kann.

Dass Praktiker nun Insolvenz anmelden wird, ist nur konsequent. Das Unternehmen wird in dieser Form am Markt nicht benötigt. Es ist schade für diejenigen Mitarbeiter, die sich, in dem Glauben, das Unternehmen voranbringen zu können, eingesetzt haben und nun erleben müssen, dass das Management auf ganzer Linie versagt hat.

Wachstumsintelligenz beginnt dabei, sich auf den Kunden einzustellen, die internen Bremsen zu lösen und konsequent und konsistent markgegerechte Angebote zu schaffen. Dass dies funktioniert, zeigen einige Wettbewerber von Praktiker seit Jahren, allen voran Hornbach. Es ist eben wieder einmal nicht das Wetter, das als Schuldiger herhalten kann. Das Wetter, die Politik oder den dummen Kunden als Verursacher eines solchen Desasters zu bemühen, ist billig. Das Praktiker-Versagen ist intern begründet.

(c) 2013, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH

„Nehmen Sie Tesa“

Vor einiger Zeit strapazierte ich mein Glück wieder einmal, um im Baumarkt einige erforderliche Dinge zu kaufen. Da Baumärkte gemeinhin ein Ort der Einsamkeit sind, weil viele einsame Menschen durch die Gänge streifen und vergeblich einen Ansprechpartner suchen (auch wenn eine Kollegin mir neulich weismachen wollte, dass Sie in einem Baumarkt einen kompetenten Verkäufer getroffen hat), machte ich mir nicht viele Hoffnungen auf ein Beratungsgespräch.

Meine Aufmerksamkeit galt dem Klebeband-Sortiment und wer beschrieb mein Erstaunen, als ich neben den bekannten Marken nun auch eine Eigenmarke des Baumarktbetreibers vorfand. Ich schlich auf einem Umweg mit einer „Beispielrolle“ auf einen zufällig und eher ahnungslos vorbeischlendernden Verkäufer zu – so konnte er mich erst im letzten Augenblick bemerken und nicht fliehen – und fragte ihn, wie gut denn die neue Eigenmarke sei.

Der Verkäufer nahm die Rolle in die Hand, wog sie hin und her und es folgte …. eine Gedankenpause, gefühlte 30 Sekunden. Dann seine Antwort, wobei er mir gerade in die Augen sah:

„Nehmen Sie Tesa“, und er fügte an: „Das Hausmarken-Zeug taugt nichts.“

Benötigen wir weitere Beispiele, um über die „Kraft der Marke“ oder „Eigenmarken-Marketing“ oder „Identifikation der Mitarbeiter mit Eigenmarken“ zu sprechen? Ich glaube nicht.

Ihr Guido Quelle

(c) 2012, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH

PS: Als ich neulich in einem Vortrag in Wien dieses Beispiel ansprach, erhielt ich nachfolgend eine E-Mail von begeisterten „Tesanern“, also Tesa-Managern. Ich kann mir denken, dass ihnen diese Geschichte gefallen hat.

Die Einsamkeit erleben – Ein Mittwoch Mittag im Baumarkt

Was tun Sie, wenn Sie einmal richtig für sich sein möchten, keinen Menschen sehen wollen? Fahren Sie auf eine einsame Hütte in den Bergen? Oder an einen norwegischen See? Gehen Sie am frühen Sonntagmorgen in den Wald? Hier ist die gute Nachricht: Sie brauchen nicht zu reisen, zumindest in der Regel nicht mehr als fünf Kilometer: Gehen Sie einfach an einem Ferienmittwoch mittags in den nächstgelegenen Baumarkt. Sie werden staunen.

Der Comedian Dieter Nuhr hat einmal gesagt, man müsse sich im Markt nur tot stellen, dann kämen genügend Verkäufer zu einem, denn sie dächten dann, man sei einer von ihnen. Selbst das funktioniert an einem Ferienmittwoch mittags nicht. Es kann niemand kommen, denn es ist niemand da.

Unbegangene Gänge, vereinsamte Informationsstände, mehrfach ungehört verhallende Rufe der Damen an der Kasse, dass sich bitte, bitte, bitte einer der Mitarbeiter mit dem „Ich-helfe-Ihnen“-T-Shirt in der Abteilung Elektrowerkzeuge einfinden möge, alles Zeichen einer großen Leere. Und inmitten all dessen ein Kunde, der willens ist, etwas zu kaufen, jemand, der bereit ist, den Konsum anzukurbeln, jemand der sich darauf freut, sein Heim mit der neuen Errungenschaft zu verschönern, sucht er doch nur noch einen Berater.

Jener Kunde kann lange warten, denn er hat die Rechnung ohne die PEP-Software gemacht. PEP steht für „Personaleinsatzplanung“ und diese Software weiß exakt, was gut für uns ist und sie weiß das Wochen und Monate im voraus. Sie kennt die Spitzen im Personalbedarf und sie kennt die Tage, an denen man einfach kein Personal im Baumarkt braucht: Neujahr, Pfingstmontag und an einem Mittwoch in den Ferien.

Und wenn dann doch ein Kunde kommt? Bitte, bleiben wir ernst, wer geht denn schon an einem Ferienmittwoch mittags in den Baumarkt? Die Gauss’sche Verteilung stimmt immer und am Rand fällt man eben aus dem Raster.

Ein Gutes hat die Leere: Der Kunde kann sich endlich einmal ausgiebig mit den zahlreichen Videos beschäftigen, die an jeder Regalecke um Aufmerksamkeit heischen – genauer gesagt: Sie brüllen um Aufmerksamkeit. All diese interessanten Lektionen zu Klebern, die nicht kleben, wenn man zuhause ist, Fegern, die beim ersten Einsatz abbrechen und Farben, die irgendwie daheim doch anders aussehen und sich nicht auftragen lassen – wie jene Raufaserfarbe, die im Freundeskreis einmal beinahe für einen Tobsuchtsanfall gesorgt hat, aber das ist eine gesonderte Geschichte.

(Fast) jeder von uns war schon einmal im Baumarkt und diejenigen von Ihnen, die schon einmal einen meiner Vorträge gehört haben, wissen, dass manche (meist leider schlechte) Beispiele in Sachen „Wachstum“ und „Kundenorientierung“ aus dem Baumarktbereich kommen. Erstens liegt es nahe, weil es so handfest ist und zweitens bietet die Branche einfach multiple Angriffspunkte.

Die gute Nachricht: In dieser Branche ist es einfach, sich aus der Masse der schlechten Beispiele herauszuheben und Wachstum zu generieren. Und wir Kunden sind doch so dankbar. Ein Tipp: Mit „20 Prozent auf alles“ klappt das nicht, aber das haben die Kollegen von Praktiker ja nach nur wenigen Jahren inzwischen offenbar auch gemerkt.

Ihr Guido Quelle

(c) 2011, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH