Mandat Wachstums Wochenstart Nr. 638: Zum richtigen Zeitpunkt gehen
Vor etwa einem Monat habe ich nach fünf Jahren ein Ehrenamt beendet, nämlich das des Vorsitzenden des Vorstands der Dortmund-Stiftung. Fünf Jahre lang stand ich einem Vorstandsgremium vor, dessen Arbeit von gegenseitigem Respekt, hoher Wertschätzung und erheblicher Wirksamkeit geprägt ist. Wir haben alle ehrenamtlich daran gearbeitet, die Dortmund-Stiftung und vor allem die von ihr geförderten Projekte weiterzuentwickeln. Die Resultate sprechen für sich. Wir konnten das durchschnittliche jährliche Investment in Projekte trotz der Corona-Pandemie in den fünf Jahren verdreifachen, haben unser Profil geschärft und unsere Wahrnehmung in der Öffentlichkeit verbessert.
Das wäre eine komfortable Basis zum Weitermachen gewesen und meine reguläre zweite Amtszeit wäre auch noch nicht beendet gewesen, sondern lief bis Juni 2025. Ich habe mich aber trotzdem entschieden, den Staffelstab vorzeitig zu übergeben. Warum? Weil das strategische Zeitfenster richtig war.
In der Beratung von Familienunternehmen, Eigentümerunternehmen des gehobenen Mittelstands raten wir jedem, das Unternehmen dann zu übergeben, die Nachfolge dann zu regeln, wenn zwei Dinge gewährleistet sind:
- Es geht dem Unternehmen gut.
- Es geht dem Unternehmer oder den Unternehmern gut.
Ja, das ist ein schwieriger Zeitpunkt, denn es läuft ja alles, alles ist rund, es wird immer so weiterlaufen. Wirklich? Es könnte sein. Es könnte aber auch ganz anders laufen.
Es ist unfair, Verantwortung zu spät abzugeben. Im Zweifel bedarf es auch noch einer Übergangszeit, innerhalb derer man als Vorgänger noch zur Stelle sein muss. Auch dafür muss man selbst gut beieinander sein. Man will auch keinen Trümmerhaufen übergeben, sondern etwas, das richtig gut läuft, oder?
Also: Es gilt, zum richtigen Zeitpunkt zu gehen. Zu oft habe ich es schon erlebt, dass Kurzschlussreaktionen dazu führten, dass eine Übergabe schlecht erfolgte oder das Unternehmen, falls keine Übergabe möglich war, zu einem schlechten Preis verkauft werden musste. Das passiert dann, wenn sich Unbehagen aufstaut und die Eigentümer dann irgendwann die Reißleine ziehen. Vorsicht davor!
Zwei Dinge halfen mir bei der Übergabe meines Ehrenamtes, auch wenn ich das damit verbundene Ausscheiden aus dem Vorstand bedauere: Erstens hatte ich mir zu Beginn meines Antritts maximal zwei Amtszeiten vorgenommen und zweitens habe ich perspektivisch bereits im fünften Jahr mit der Suche nach einem Nachfolger begonnen. Dass mein Wunschnachfolger dann bereits in diesem Sommer antreten konnte, hat mich beflügelt, eher aufzuhören, als ich hätte aufhören müssen.
Werde ich die Arbeit in der Stiftung vermissen? Selbstverständlich. Werde ich die Zusammenarbeit mit den Personen vermissen? Unbedingt. War der Schritt richtig? Absolut. So werden weitere Innovations- und Entwicklungssprünge wahrscheinlich.
Zum richtigen Zeitpunkt zu gehen und diesen Schritt sorgfältig zu planen, das ist eine wichtige Aufgabe, nicht nur in Ehrenämtern. Ist das immer leicht? Nein, wer würde das behaupten?
Auf eine gute Woche!
Ihr und Euer
Guido Quelle