Die persönliche Sicht: Freiheit und die Vollkasko-Mentalität
Der Begriff der Freiheit scheint aus der Mode zu kommen – obwohl es sich nicht um einen Modebegriff handelt. Kein Tag vergeht, in dem nicht irgendwer in den Medien offen oder verdeckt ein stärkeres Einwirken des Staates fordert.
Schade, denn „der Staat“ hat bisher nicht bewiesen, dass er klüger ist als seine Bürger. Staatliche Regulierungen haben noch nicht unter Beweis gestellt, dass sie besser wirken, als privatwirtschaftliche Unternehmungen. Staatliche Unternehmen sind den Beweis, dass sie – subventionsbereinigt – bessere Ergebnisse erbringen als Wirtschaftsunternehmen in privater oder institutioneller Hand, noch schuldig geblieben.
Übrigens dürfen wir bitte nicht vergessen, dass wir, die Bürger es sind, die diesen Staat bilden – nur nebenbei.
Zurück zur Versorgung durch „den Staat“. Was ich in Deutschland vermisse, ist ein größeres Maß an Mut, an Zutrauen zu eigenen Fähigkeiten, an Lust am kontrollierten Risiko. Ich vermisse eine Aufbruchstimmung, die gestützt durch die feste Überzeugung ist, dass unser Schicksal in unserer eigenen Hand liegt und dass wir es in erster Linie selbst sind, die wir uns um uns und um andere, die dies nicht können, kümmern müssen. Ich vermisse ein größeres Bewusstsein dafür, dass die Verantwortung für Glück und Unglück in großen Teilen bei uns selbst liegt.
Die Vollkasko-Mentalität, die sich ihren Raum nimmt, wird gezielt gefördert. Durch immer mehr staatliche Interventionen, die häufig unter dem Deckmantel der Innovation verborgen werden, wird nicht Freiheit gegeben, sondern Freiheit genommen. Der Widerstand dagegen nimmt gefühlt ab. Damit möchte ich übrigens nicht dem Freiheitsverständnis der „Piraten“ Vorschub leisten. Es gehört nicht alles jedem und es muss nicht alles jedem bekannt sein. Und es muss auch nicht jeder gerettet werden.
Eine staatliche Schlecker-Rettung zum Beispiel wäre ein Totalausfall gewesen. Aber auch die permanente Diskussion um die Höhe der Hartz-IV-Sätze und die vermeintliche Erfordernis einer weiteren Stütze sowie die Art und Weise, wie besprochen wird, dass man jemandem etwas wegnehmen müsse, um es anderen zu geben, befremdet mich sehr.
Ich möchte einen Vergleich zu meinen zahlreichen US-amerikanischen Kollegen und Freunden ziehen. Diese nämlich schütteln häufig den Kopf, wenn ich darüber spreche, wie es bei uns hierzulande in Sachen Staatsversorgung zugeht. Zugegeben, auch in den USA ist nicht alles zum Besten. Und, ja, ich möchte viele Vorteile in Deutschland nicht missen, aber müssen wir es denn wirklich hinnehmen, dass Freiheit und Mut immer weniger Wert zu werden scheinen? Eine US-Amerikanerin fragte mich einmal „Is that what you have in Germany called Socialism?“ – Bitte sehr.
Lassen Sie uns als Unternehmer, als Bürger, als diejenigen, die diesen unseren Staat mit Leben füllen, nicht müde werden, für die vielen, vielen Vorzüge der Freiheit zu werben und lassen Sie uns vieles tun, um zu verdeutlichen, dass Leitplanken nur rechts und links zu sein brauchen und nicht auch vorne, hinten, oben und unten.
Ihr Guido Quelle
(c) 2012, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH