Mandat Wachstums-Wochenstart® Nr. 578: Die Prozesse-Landschaft
Ich musste kürzlich lachen, als ich an einen alten Stehsammler Mitte der 1990er Jahre dachte – für die Jüngeren unter uns: Stehsammler sind Papp-Schober, in denen man lose Blätter, Broschüren und anderen analogen Papierkram sammeln kann, ohne das Zeug abheften zu müssen und die man wie einen Aktenordner in den Aktenschrank stellt. Herrlich: „Stehsammler“, „Aktenordner“, „abheften“, „Broschüren“, „Aktenschrank“, alles Begriffe, die es nicht mehr geben wird, in einem Satz.
Ich schweife ab. Wir abonnierten bereits damals seinerzeit sehr viele Magazine, waren Mitglied in vielen Verbänden, schrieben – so wie wir es auch heute noch tun – für viele Fachmagazine und bekamen entsprechend viele Belegexemplare. Ich dachte also an diesen Stehsammler in einem Aktenschrank bei Mandat, dessen Rücken die Aufschrift „Plagiate“ trug. In diesen Stehsammler kam alles hinein, was wir fanden, das andere bei uns abgeschrieben hatten und insbesondere waren dies unterschiedlichste Varianten der „Prozesse-Landschaft“, wie wir sie nennen.
Es gibt die Prozesse-Landschaft inzwischen unter Dutzenden unterschiedlichen Namen und den Modellen, die aussehen wie das unsere, ist gemein, dass sie bei uns, bei Mandat, kopiert wurden, denn unser Gründer hat das Basismodell der Prozesse-Landschaft seinerzeit in seiner Dissertation entwickelt, die 1991 erschien und bereits zuvor war der Mandat-Gründer mit der Prozesse-Landschaft seit Ende der 1980er Jahre in vielen Vorträgen unterwegs.
Unternehmerische Reife erhielt die Prozesse-Landschaft dann in der Anwendung, in der Beratung unserer Klienten. Die Prozesse-Landschaft und das dahinterliegende Gedankengut wurde bekannter, manche kopierten sie dreist, manche subtiler und wir sammelten fleißig „Plagiate“. Wir ärgerten uns manchmal über die Dreistigkeit und ich muss gestehen, dass ich auch irgendwann einmal einen rechtlichen Rat einholte, um mich zu erkundigen, ob wir gegen solche Plagiate vorgehen könnten, um mich belehren zu lassen, dass dies in der Regel aussichtslos sei.
Der Stehsammler wurde voller und voller und irgendwann haben wir ihn entsorgt, weil wir selbst aus dem „Aufregen“ herausgewachsen waren. Wir sahen Kopien fortan als Anerkennung. All das begann übrigens bevor Hammer und Champy sich mit „Business Process Reengineering“ beschäftigten.
Warum waren wir zunehmend gelassen? Weil es ähnlich ist wie mit einem Klavier: Nur weil man ein Klavier im Haus hat, kann man es noch lange nicht spielen und so ist es auch mit Methoden. Die Virtuosität, die wir im Umgang mit dem Instrument „Prozesse-Landschaft“ entwickelt hatten und haben, kann uns niemand nehmen. Die wertschöpfenden Abläufe eines beliebigen Unternehmens auf einer Seite management-, investoren- und gesellschaftertauglich abzubilden, die Tiefe, die wir erreichen, um die Defizite und die erforderlichen Maßnahmen an den Schnittstellen aufzudecken, die Möglichkeit, aus den Hauptprozessen in weitere Ebenen hinabzusteigen, wenn es erforderlich ist, das ist etwas, das man nicht so einfach kopiert, indem man ein Bildchen malt.
Ich werde nie vergessen, was der Vorstand eines Unternehmens sagte, als er die Prozesse-Landschaft sah, die wir mit ihm und seinen Mitarbeitern aus unterschiedlichsten Bereichen erarbeitet hatten, ausgedruckt auf DIN A 0 und präsentiert in unserem Studio bei Mandat: „Es ist das erste Mal, dass ich mein Unternehmen mit Hilfe einer einzigen Seite erklären kann. Das ist wichtig, denn das Abstraktionsvermögen mancher hört nach dem Guten-Morgen-Sagen auf.“
Sie hören es oft von uns: „Die Euro-Millionen sind in den Schnittstellen verborgen“. Die Kraft der – inzwischen natürlich weiterentwickelten – Prozesse-Landschaft ist noch immer ungebrochen, sie hat schon viele Millionen Euro gehoben.
Wie sieht Ihre Prozesse-Landschaft auf einer Seite aus? Was leiten Sie daraus ab?
Auf eine gute Woche!
Ihr und Euer
Guido Quelle