Mandat Wachstums-Wochenstart® Nr. 614:Der Herr Professor und die Theorie
Ich nehme an, dass niemand vor Vorurteilen gefeit ist. Neulich war ich wieder einmal das Objekt, auf das sich ein Vorurteil richtete. Ich postete etwas auf der Plattform „X“, vormals Twitter, und ein mir unbekannter User antwortete sinngemäß: „Ja, man merkt schon, dass Sie vor allem in der Theorie unterwegs sind …“
Wenn ich so etwas lese, schüttele ich grundsätzlich mit dem Kopf. Was ist an „Unternehmer“ nicht zu verstehen? Das Wort steht in meinem Profil. Was hat der User gemacht? Aus „Professor“ auf „Theorie“ geschlossen und erst einmal pauschalen Unfug gepostet.
Jetzt komme mir bitte niemand mit dem Einwand, dass sich auf „X“ eben auch viele komische Typen herumtrollen. Das stimmt zwar, aber dieses Beispiel ist eben nur ein Beispiel. Als junger Berater hörte ich, dass wir ja erstens zu jung seien und zweitens Berater, also Theoretiker – in dem Alter hatte ich schon mit mehr Unternehmen gearbeitet als vier Fünftel der Anwesenden am Tisch. Als seniorer werdender Berater fiel das „jung“ weg und die „Theorie“ blieb, als promovierter Ingenieur war es der „Doktor“, später der „Professor“, der immer wieder für den Vorhalt der eher theoretischen Betrachtung herhalten musste.
Ich mache mir nichts daraus und gebe auch stets unseren jungen Kollegen mit, dass sie diesen Vorhalt immer wieder hören werden. Wir haben bei Mandat mit mehr als 300 Unternehmen in sicher 600 Beratungsmandaten zusammengearbeitet, zehntausende Menschen haben etwas aus unseren Projekten, Vorträgen, Veröffentlichungen mitgenommen, außerdem führen wir ein eigenes Unternehmen und haben ein Start-up gegründet, das steht alles auf der Habenseite, insofern können die Menschen uns gern weiter grundlagenbefreite Vorhalte zur „Theorie“ machen.
Das meine ich auch nicht – siehe oben: Es ist nur ein Beispiel. Was ich betonen möchte ist, dass niemand vor Vorurteilen, die aus dem äußeren Schein kommen, gefeit ist und – viel wichtiger –, dass diese Vorurteile zu falschen Schlüssen führen. Dies kann unerheblich sein, aber es kann auch existenziell gefährlich werden, wenn es den Kern des Geschäfts berührt. Fehlannahmen über Kunden und Kundenverhalten aufgrund nicht hinreichend recherchierter Fakten, Fehlannahmen über Kollegen, Chefs, Zusammenhänge, all das kann ein Unternehmen mächtig in die Irre führen.
Achten Sie darauf, ob in Ihrem Unternehmen vorschnell Schlüsse gezogen werden. Nicht alles muss bis ins Detail recherchiert werden, aber das Bauchgefühl benötigt nicht selten Hilfe durch Ratio, durch Fakten, durch Recherche, durch genaues Lesen.
Auf eine gute Woche, direkt aus der Praxis!
Ihr und Euer
Guido Quelle