Die aufmerksamen Leser werden mitbekommen haben, dass ich in diesem Wintersemester wieder die Vorlesung „Entrepreneurship“ gehalten habe, in der vier Teams vier Start-ups konzipieren. Die Teams sind zwischen drei und fünf Personen stark, es kommt auf jeden einzelnen und auf die Teamleistung an.
An einem Vorlesungstag war eine Gruppe nur mit einem Studenten besetzt. Wo die anderen seien? Sie seien krank.
An einem weiteren Vorlesungstag fehlten nach der Mittagspause drei Studenten. Einer einfach so, die anderen seien „arbeiten“. Ich sagte, dass ich auch arbeiten würde und notierte die drei Fehlenden, weil die Anwesenheit in dieser Vorlesung – wie angekündigt – mit bewertet wird. In Tat und Wahrheit ist es nämlich weniger eine Vorlesung, wie man sich denken kann, denn es sollen ja – mindestens konzeptionell – Start-ups entstehen.
Eine Woche vor der Prüfung, zu der alle Studenten zur gleichen Uhrzeit in der Hochschule sein müssen, fragt mich eine Studentin, ob sie später zur Prüfung kommen könne, sie käme aus einer Stadt in Süddeutschland und ihr Zug sei erst um 10:50 Uhr in Leverkusen, wo die Prüfung aber in der Hochschule schon um 10:15 startet. Ich: „Nein.“ Sie – nach langem „Aber“: „Ok, ich buche um.“
Geht doch, möchte man sagen, aber schön ist das nicht. Es wird zu leichtfertig mit Verbindlichkeit umgegangen.
Pflicht, Disziplin, Verbindlichkeit, das sind natürlich ganz dröge Worte, aber ich halte viel von ihnen und noch mehr von den hinter den Worten liegenden Inhalten. Sie erleichtern nämlich das Zusammenleben und -arbeiten. Ich stelle fest, dass vielfach recht lässig ein simpler Weg gesucht wird, der oft darüber führt, dass mehrere andere sich anpassen müssen. Davon halte ich gar nichts.
Auf der anderen Seite hat das auch eine gute Seite. Erstens kann man sich als Gegenüber in Konsequenz üben. Zweitens kann man sich ganz leicht von vielen differenzieren, indem man einfach pünktlich, verlässlich, verbindlich, zuverlässig, zuvorkommend, berechenbar, ehrlich, konsequent ist. Es wird sofort bemerkt. Je schlechter das Allgemeinniveau, desto stärker die Chance, sich durch vermeintliche Selbstverständlichkeiten zu differenzieren – darüber schrieb ich auch im Wachstums-Wochenstart vor acht Wochen.
Ich werde, wir werden häufig gefragt, wie man die Unternehmenskultur positiv verändert und wir haben eine Reihe von Antworten darauf, die hier auszuführen zu weit ginge. Eines haben sie aber alle gemeinsam:
Sie, ja Sie, liebe Leserin, lieber Leser, Sie müssen vorangehen, sonst glauben alle, es ginge auch anders.
Auf eine frohe Weihnachtswoche!
Ihr und Euer
Guido Quelle