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Mandat Wachstums-Wochenstart Nr. 257: Die Telekom und das E-Mail-Verbot

Mit großem Unverständnis aber nicht unerwartet las ich kürzlich, dass vor dem Bundesarbeitsgericht eine Klage des Telekom-Betriebsrates gegen die Telekom anhängig ist, in welcher der Betriebsrat das Unternehmen zwingend verpflichten will, aktiv zu verhindern, dass dienstliche E-Mails außerhalb der Arbeitszeit zugestellt werden. Wie das ausgeht, kann ich mir bei unserer Rechtsprechung im Arbeitsrecht vorstellen, man lese aus Interesse vielleicht auch die letztlich erfolgten Einlassungen der Präsidentin des Bundesarbeitsgerichtes zum Thema „Managergehälter“.

Aber zurück zum E-Mail-Verbot. Abgesehen von den eher technischen Fragen, wie „Wann genau ist ‚außerhalb der Arbeitszeit’?“, „Wie gehen wir mit internationalen Projekten in einer globalisierten Welt um?“, „Was ist im Notfall?“, „Wie und für wen können Ausnahmen gelten?“ ist hier ein viel größerer Punkt relevant, den ich mit einer gewissen Sorge sehe: Die schrittweise Entmündigung des Menschen.

Statt sich daran zu üben, den Menschen im Umgang mit der größer werdenden E-Mail-Flut Hilfe zu leisten, statt sich Gedanken darüber zu machen, wie wir unsere Intelligenz nutzen – Intelligenz ist die Fähigkeit, mit neuen Situationen fertig zu werden –, um neue Formen der Interaktion zu finden, „Arbeit“ neu zu definieren, Abstand von dieser unsäglichen ideologischen Phrase der „Work-Life-Balance“ zu nehmen und unser Schicksal selbst zu bestimmen, soll was genau kommen?

Ein Verbot.

Schön, dann drehen wir das doch weiter. Wie wäre es denn, wenn Menschen, die so etwas fordern, auch verbotsaussprechende Einschränkungen erfahren? Zum Beispiel so: Diese Menschen dürften nur noch Fahrzeuge fahren, die nicht auch nur 1 km/h schneller fahren können, als es die jeweils angegebene Höchstgeschwindigkeit vorsieht. Nein, auch nicht mal eben beschleunigen, auch nicht 51 km/h, auch nicht bei einer gelben Ampel. Ping, ein Knöllchen. Oder wie wäre das: Menschen erhielten ihre Nahrungsmittel zugeteilt, damit sie gesund leben. Zigaretten kaufen? Nein, schade. Alkohol? Oha, aber nur in Maßen. Nur ein Glas Bier pro Tag, mein Lieber. Eine Kiste? Na, na, na, die muss aber sechs Wochen halten, notieren wir das gleich einmal. Ein bisschen Schummeln bei der Steuererklärung oder ein wenig Schwarzarbeit im Haushalt? Ist schon verboten, würde aber sofort durch überwachende Aktivitätskontrolle sanktioniert oder verunmöglicht. Vorbeugen ist besser als heilen.

Absurd und weltfremd? Genau. Genauso absurd und weltfremd wie der Vorstoß, E-Mails zu gewissen Uhrzeiten zu verbieten. Lasst uns bitte – bitte – für die Kraft der freien Entscheidungen und für den mündigen Menschen eintreten.

Ihr und Euer

Guido Quelle

© 2017, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH, Dortmund, London, New York.
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Die persönliche Sicht: „Beschäftigte“

Vor kurzem war ein hohes Betriebsratsmitglied eines großen deutschen Unternehmens im Radio zu hören, der davon sprach, dass die „Beschäftigten“ etwas Bestimmtes nicht länger mitmachen würden, dass die „Beschäftigten“ nun schon lange genug auf Gehaltserhöhungen gewartet hätten und dass die „Beschäftigten“ überhaupt viel zu häufig die Fehlentscheidungen des Managements ausbaden müssten.

Irgendetwas störte mich – nicht so sehr an dem Inhalt, sondern an der Form. Nach der dritten Verwendung kam ich darauf: Es war das Wort „Beschäftigte“ und es wurde mir klar, dass dieses Wort bewusst verwendet wurde und zwar vermutlich aus ideologischer Absicht. Beschäftigte werden nämlich beschäftigt. Das ist eine passive Rolle. Beschäftigte beschäftigen sich mit irgendetwas. Das ist resultatsneutral. Ist diese Passivität vielleicht gewollt, damit man die „Beschäftigten“ bekümmern oder (zwangs-)beglücken kann seitens des Betriebsrats oder der Gewerkschaft? Wird hier durch ein Wort eine Entselbstständigung wissentlich unterstellt?

Auf die politische Korrektheit kann dieses Wort „Beschäftigte“ jedenfalls nicht reduziert werden. Allerorten ist von „Bürgerinnen und Bürgern“, „Frauen und Männern“, „Kolleginnen und Kollegen“ die Rede. Dann geht also auch „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ an Stelle von „Beschäftigten“. Nein, ich glaube, dieses Wort ist sehr wohl gewählt. Schließlich könnte es gefährlich für die Mitarbeitervertretung werden (heißt sie denn dann auch „Beschäftigtenvertretung“?), wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu viel selbst denken.

Wir haben bei Mandat jedenfalls motivierte, aktive und konstruktiv-kritische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit einer eigenen Meinung und eigenen Ideen und ich bin stolz darauf und heilfroh darüber, keine „Beschäftigten“ beschäftigen zu müssen.

(c) 2013, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH

Der Kärcher-Konflikt

In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung von Sonnabend, 09.02.2013 war über einen Konflikt bei Kärcher nachzulesen. Der aufmerksame Leser staunte nicht schlecht, dass es mitnichten um einen Konflikt zwischen der Unternehmensführung und den Mitarbeitern geht, sondern um – Achtung – einen Konflikt zwischen der IG Metall und dem Betriebsrat.

Zum Mitschreiben: die Gewerkschaft (vermeintliche Vertreterin der Mitarbeiterinteressen) wirkt gegen den Betriebsrat (tatsächlicher Vertreter der Mitarbeiterinteressen). Bei Kärcher würde mitunter zu geringer Lohn gezahlt, es gebe zu wenig Betriebsversammlungen, usw.

Ein Witz. Würde Kärcher Mitarbeiter schlecht entlohnen, arbeiteten sie nicht dort, sondern bei Bosch oder Stihl oder einem anderen namhaften Unternehmen in Süddeutschland. Eine Mitarbeiterbefragung, so der Betriebsrat, habe ergeben, dass die überwiegende Mehrheit der Mitarbeiter bei Kärcher zufrieden ist. Wohlgemerkt: das sagt der Betriebsrat, also die gewählte Mitarbeitervertretung.

Wer Kärcher kennt – und wir hatten einen kleinen Einblick in das Wertesystem des Unternehmens, weil Kärcher Chef Hartmut Jenner im vergangenen Jahr auf unserem Internationalen Marken-Kolloquium referierte – ahnt, dass es sich hier um einen Machtkampf handeln muss, denn das Unternehmen bemüht sich ausgesprochen stark um seine Mitarbeiter. Die Gewerkschaft will einfach mehr Macht, mehr Einfluss. Es sollen wohl gewerkschaftsfreundlichere „Beschäftigte“ in den Betriebsrat einziehen. Diese Vermutung liegt zumindest nahe.

Liebe IG Metall: Aufwachen! Vielleicht ist Ihre Zeit ja einfach um. Der Klassenkampf ist Geschichte. Menschen wollen über ihr Leben selbst bestimmen. Schon gemerkt?

(c) 2013, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH