Die Kultur des Scheiterns
Wer nichts riskiert, kann nicht scheitern. Herrlich, bleibe man also in der Hängematte, denn Scheitern kommt in Deutschland in der Regel nicht gut an. Lieber nicht bewegen und, im Gegenteil, ordentlich herumkritisieren an unhaltbaren Zuständen, als sich aus der Masse herauszubewegen, etwas zu wagen, zu riskieren und dabei auch die „Gefahr“ des Scheiterns in Kauf zu nehmen. Wer in Deutschland scheitert, dem ist häufig der Hohn der Masse gewiss. „Das konnte nicht gehen“, „Wer hoch steht, fällt auch tief“, „Das musste ja so kommen“, dies sind nur einige Sätze, die ich bereits gehört habe, wenn jemand mutig etwas gewagt hat, damit aber (vorerst) gescheitert ist.
Es wird in unserer Kultur oft nicht gesehen, dass jemand etwas versucht hat. Es wird gesehen, dass jemand gescheitert ist. Das Glas ist nicht halb voll, es ist halb leer. Bemerkenswert und gleichermaßen fatal dabei ist im Übrigen, dass diejenigen, die nicht gescheitert sondern ausgesprochen erfolgreich sind, auch nicht besonders hoch angesehen werden. „Gescheiterte“ haben es oft schwer, wieder Fuß zu fassen. Was für eine vergebene Chance, könnten doch viele von diesem Mut und den mit dem Scheitern verbundenen Erfahrungen profitieren. Aber nein, es wird sich in Abwendung und Besserwisserei geübt.
Unsere US-amerikanischen Kollegen haben dazu eine gänzlich andere Mentalität. Der amerikanische Traum lebt immer noch. Wenn jemand scheitert, versucht er es eben noch einmal. Oder er versucht etwas anderes. Sein Umfeld macht ihm dazu Mut und hilft ihm. Ich finde, davon könnten wir uns eine Scheibe abschneiden, denn wenn sich die Kultur hier ändert, wird es auch eine (noch) größere Gründerszene geben, davon bin ich überzeugt.
(c) 2014, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH, Dortmund, London, New York.