Mandat Wachstums-Wochenstart Nr. 192: Nur gewusst oder auch verstanden?
In der letzten Woche habe ich hier über meine Prüfungen an der Hochschule gesprochen, was mich zu einem weiteren Gedanken führt: Es ist mir in einer Prüfung immer wichtig, festzustellen, ob eine Studentin oder ein Student das zu prüfende Fachgebiet nur aus dem Studienbrief gelernt hat, sich also lediglich „Wissen“ angeeignet hat, oder ob das Fachgebiet auch verstanden wurde, der Prüfungskandidat also das, was er weiß, auch anwenden kann. Das ist ein wesentlicher Unterschied und all meine Prüfungen seit nunmehr zehn Jahren enthalten sowohl Wissens- als auch Verständnisfragen. Mit reinem Wissen kann man bei mir keine Top-Note bekommen. Das reicht höchstens für ein „ausreichend“. Wer eine Eins oder Zwei haben will, muss das Fachgebiet verstanden haben.
Wie verhält es sich mit dem Verhältnis zwischen „Wissen“ und „Können“, zwischen „kennen“ und „verstanden haben“ bei Ihren Mitarbeitern? Unsere Beobachtung ist, dass erstens viel mehr Mitarbeiter ein umfangreiches Wissen haben, als es in den von uns beratenen Unternehmen regelhaft abgefragt wird und dass es deutlich weniger Mitarbeiter gibt, die willens und in der Lage sind, dieses Wissen in Transferleistung umzumünzen, als man meint. Die wirklich wertvollen Mitarbeiter aber sind diejenigen, die nicht nur wissen, sondern auch können. Es sind diejenigen, die einen Sachverhalt, ein Fachgebiet, eine Tätigkeit wirklich verstanden, ja sogar durchdrungen haben. Es sind die, die mit einer mitunter traumwandlerischen Sicherheit auch in neuen Situationen, in denen sie noch nicht waren, das Richtige tun, was wiederum mit Liebe zur Aufgabe, mit Erfahrung und mit Intuition – ja, und auch mit Mut zu tun hat.
Bemerkenswert ist: Viele Mitarbeiter hätten das Zeug dazu, vom Wissenden zum Könnenden zu avancieren wenn man sie nur ließe. Wer von Ihren Mitarbeitern könnte mehr gefordert werden? Wer braucht eine herausforderndere Aufgabe, bei wem können Sie Bremsen lösen?
Es ist jetzt kurz vor dem Jahreswechsel. Eine gute Zeit, über solche Fragen in Ruhe nachzudenken. Denken Sie daran: Führung bedeutet, zu inspirieren und Räume zu öffnen. Also: Wann, wer, wem, auf welche Weise?
Wir hören nächstes Jahr wieder voneinander. Schön, dass Sie immer so interessiert dabei sind.
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© 2015, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH, Dortmund, London, New York.
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