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Mandat Wachstums Wochenstart Nr. 658: Manchmal müssen es aber doch 100 Prozent sein

Sie haben oft von mir Ausführungen zum Nichterfordernis von Perfektion gelesen oder gar gehört. Sie haben oft gehört, dass achtzig Prozent meist völlig ausreichend sind. Manchmal müssen es aber eben doch 100 Prozent sein. Hier kommt ein Beispiel:

Unser Wohnmobil steht, wenn wir zu Hause sind, auf unserem Grundstück. Ich versorge es stets mit Strom, denn auch die bei voller Ladung verfügbaren 510 Amperestunden der Aufbaubatterien sind irgendwann durch kleine erforderliche Verbraucher, genutzt, die Batterien sind irgendwann leer, was für deren Lebensdauer nie gut ist. Also, die Routine: Strom anlegen, fertig.

Kürzlich stand ich vor der Steckdose am Haus, in der eigentlich der Stecker für das Kabel der Stromzufuhr zum Wohnmobil stecken sollte, aber jener Stecker lag fröhlich daneben. Schnell wurde mir klar, dass das Wohnmobil in den letzten zehn Tagen seit Parken stromlos war, ich steckte den Stecker in die Dose und schaute dann nach dem Zustand im Wohnmobil.

Aha, natürlich, einen durchaus nennenswerten Verbraucher hatte ich vor zehn Tagen offenbar auch noch eingeschaltet gelassen und das System war bereits heruntergefahren und in den vorgesehenen Schonmodus gegangen. Das Display der Statusinformationen über Tanks, Gas, Batteriezustand waren bereits abgeschaltet, die Stromversorgungs-Kontrolleinheit hatte die Displayfarbe von grau auf rot gewechselt. Immerhin: die Schonfunktion hatte funktioniert, denn die Batterien verfügten noch über dreißig Prozent Ladung, ein Schutz vor Tiefentladung. Immerhin.

In einer Facebook-Reisemobilgruppe zu unserer Wohnmobilmarke fragte ich, ob ich etwas beachten müsse. Man versicherte mir, das sei nicht der Fall, es würde sich bei Ladung alles wieder richten. Ein Glück. So war es auch.

Was lernen wir? Manchmal sind es eben doch 100 Prozent, die man benötigt, um einen Vorgang abzuschließen. Ich hatte den Stecker oben, am Wohnmobil, bestens verbunden, wettergeschützt, vor Hundespiel geschützt, sehr sorgfältig verlegt, aber nicht für Strom gesorgt. Ein Stecker reicht eben nicht, wenn man zwei braucht.

In der Facebookgruppe amüsierten sich einige über meine Selbstkritik und ich musste auch lachen. Ich dachte an manchen sogenannten Experten, der in Sachen Führung empfiehlt, ganz, ganz viel zu loben, auch wenn die gelobte Tätigkeit überhaupt nicht zum richtigen Ergebnis geführt hat – wohlgemerkt: bei Erwachsenen.

Das sähe dann in etwa so aus:

„Ja, Herr Quelle, das haben Sie schon sehr schön gemacht. Hmm, ja, wunderbar verbunden, regengeschützt, oh, sogar vor Hunden geschützt, richtig schön. Beim nächsten Mal denken Sie bitte nur noch daran, dass der andere Stecker auch angeschlossen wird. Ansonsten war das schon ganz, ganz, toll, wirklich. Dankeschön!“

Erinnert ein wenig an „Da ist schon viel Schönes bei“, nicht wahr?

Also: Manchmal brauchen wir 100 Prozent, sonst ist es eine Nichtleistung. Fertig.

Auf eine gute Woche!

Ihr und Euer

Guido Quelle

Mandat Wachstums-Wochenstart® Nr. 565: Die 100-Prozent-Falle

Nach der Berlin-Wahl schrieb ich auf Twitter angesichts der aus meiner Sicht stark verbesserungswürdigen Wahlbeteiligung von nicht einmal zwei Dritteln der Walberechtigten: „Wer nicht wählt, sollte seine Kritik an der Politik für sich behalten.“ Natürlich weiß ich, was dann geschieht und so kam es auch. Es wurde widersprochen, nicht heftig, nicht häufig, aber eben widersprochen. Das ist in Ordnung, gleichwohl bleibe ich bei meiner Ansicht.

Die Wahl ist ein demokratisches Recht. Bei uns gehört zu diesem demokratischen Recht hinzu, dass man es sich erlauben darf, nicht an der Wahl teilzunehmen. Das finde ich auch in Ordnung. Mein Punkt ist, dass ich nicht weiß, woher diejenigen, die nicht an der Wahl teilnehmen, ihre Kritikberechtigung an der neuen Regierung oder der Opposition ableiten. Sie hätten es ja ändern können, haben sich aber entschieden, dies nicht zu tun.

Nein, die Anzahl der Nichtwähler ist im Zweifelsfall kein Signal an die Politik, weil es so oder so eine Regierung und eine Opposition geben wird. Es ist ein Signal des Nicht-Entscheidens und diese Nicht-Entscheidung kommt häufig aus dem, was ich die 100-Prozent-Falle nenne.

Der Wahl-O-Mat ist eine prima Ersthilfe, um sich vor einer Wahl zu informieren, welche Parteiposition der eigenen Position am ehesten entspricht. „Am ehesten“. Es geht also nicht darum, dass eine Partei alle eigenen Meinungen, Positionen und Befindlichkeiten abdeckt, sondern es geht um die Mehrheit der eigenen Meinungen, Positionen und Befindlichkeiten. Dazu sind beim Wahl-O-Mat sogar Gewichtungen möglich. Man kommt also in den gestellten Fragen dem eigenen Prioritätenbedarf schon sehr nahe.

Ja, nicht jeder kennt den Wahl-O-Mat, viele sind „politikverdrossen“, aber ein Prinzip ist: Ich finde niemanden, der alle meine Meinungen, Prioritäten und Befindlichkeiten abdeckt. Richtig. Das ist nämlich nie der Fall. Es gibt keine Perfektion, es gibt keine 100 Prozent. Die 100-Prozent-Falle lässt Menschen in der Passivität zurück.

Was nehmen wir in unser Thema „Wachstum“ mit? Nicht nur, dass es erforderlich ist, Menschen mitzunehmen, Dinge zu erklären, damit sie verstanden werden, sondern auch, dass die 100-Prozent-Falle erklärt, dass viele Entscheidungen nicht getroffen werden, weil eben nicht alle Informationen vorliegen (das wird nie der Fall sein), weil nicht alle gefragt wurden (ist das erforderlich?), weil nicht alle Auswirkungen analysiert wurden (das ist unmöglich).

Wir sind wieder einmal beim Thema „Perfektion“. Perfektion ist oft genug eine Ausrede. Erst wenn wir perfekt sind, können wir die Entscheidung treffen, erst wenn ich perfekt bin, kann ich diesen Vortrag halten, erst wenn … [ergänzen Sie selbst].

Raus aus der 100-Prozent-Falle. Schluss mit der Perfektion. Mehr Mut zu Entscheidungen. Vermitteln Sie das auch an Ihre Mitarbeiter und Sie werden mit internem Wachstum belohnt.

Auf eine gute Woche!

Ihr und Euer

Guido Quelle