Schlagwortarchiv für: Arroganz

Mandat Wachstums-#Wochenstart Nr. 285: Zwischen Kontur und Arroganz

Diejenigen, die mit uns an strategischen Fragen arbeiten, wissen, dass wir stets mit unseren Klienten an Kontur und Erkennbarkeit eines Unternehmens oder einer Marke arbeiten. Die Grenze zwischen Kontur und Arroganz kann dabei mitunter schmal sein. Ein prominenter Vertreter von Arroganz ist Apple: Proprietäre Schnittstellen, erster im Verzicht auf Disketten-, CD-ROM-, DVD-Laufwerk, Quasi-Zwang für iCloud, permanente Erinnerungen, dass man die Ortungsdienste ausgeschaltet und Updates noch nicht vorgenommen habe. Apple kann es sich trotzdem leisten. Die Arroganz wird als Stärke gewertet.

Ein weniger prominentes Beispiel ist Peter Luger, ein Steakhaus in Brooklyn. Gegründet 1887 ist es heute eines der angesagtesten Restaurants. Bezahlung? Bar oder mit Peter Luger Kreditkarte. No credit cards. Reservierung? Zwingend. Wenn man mit einer Gruppe von 19 Personen angemeldet ist, wird gewartet und abgezählt, so mussten wir uns einmal eine Dame, die wir gar nicht kannten, die an der Bar wartete, als Gruppenmitglied „ausleihen“, weil wir nur 18 waren, denn einer von uns kam verspätet. Anderenfalls wären wir nicht zu unserem Tisch gekommen. Serviert wird? Steak rare. Oder Steak medium rare. Oder Steak medium. Steak well done? Nein. Für Vegetarier gibt es Lachs. Oder Steak. Bis man einen höflichen Ober findet, dauert es mitunter Jahre. Trotzdem: Man geht immer wieder hin.

Oder, ebenfalls in New York: Katz’s, gegründet 1888, auch bekannt durch „Harry und Sally“ (über einem der Tische hängt ein Schild: „Hier saßen Harry und Sally. Bestellen Sie, was die beiden hatten“). Es gibt dort die wohl besten Pastrami der Stadt. Zahlung? Cash. Ich glaube, es könnte inzwischen sogar mit Karte gehen, aber nur mit Murren. Füllgrad des Ladens? Üblicherweise 200 Prozent. Man erhält ein Verzehr-Ticket beim Eintreten, egal ob man etwas isst, oder nicht und dieses Ticket muss man auch wieder abgeben. Wenn Du es verloren hast, hast Du ein richtiges Thema. Ein Trick: An den Tischen auf der linken Seite wird serviert, in der Mitte muss man sich selber kümmern. Bestellungen laufen ungefähr so: „One corned beef, two pastrami, a coke, two ice teas, three times fries.“ „No, you’ll get one portion of fries, that’s enough, portions are big.“ So geht Bestellung à la Katz’s. Wenn Strohhalme gewünscht sind, schleudert sie der Ober im Vorbeilaufen auf den Tisch: „Your straws.“ Und? Man geht immer wieder hin.

Nicht jeder kann den Arroganz-Grad leisten, den sich Apple, Peter Luger oder Katz’s leisten und wir raten auch nicht dazu, dies zu tun. Aber erkennbar ist, dass Markenstärke vieles erlaubbar macht, da kann es doch nicht schaden, wenigstens an klarerer Kontur zu arbeiten. Was tun Sie in dieser Woche in Sachen „Strategie und Marke“?

Auf eine gute Woche!

Ihr und Euer
Guido Quelle

© 2017, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH, Dortmund, London, New York.
© Sprinter: mezzotint_fotolia – Fotolia.com

Thema verfehlt

Glaubt man den aktuellen Umfragen, setzt(e) die SPD auf die falschen Themen. Weder das Thema „Abhörskandal“ noch das Thema „Strompreise“ kann bei den Bürgern besonders punkten. Punkten könnten die Themen „Altersversorgung“ – verbunden mit Antworten auf die Fragen, wie man im Alter finanziell sorgenfrei leben könne – und „Einkommen“.

Dies soll an dieser Stelle kein politisches Statement werden, sondern ich möchte das Augenmerk auf die systemische Frage lenken, wie man sich so in die Irre leiten lassen kann. Wie kann es sein, dass ein großer Wahlkampfapparat, der keine anderen Aufgaben hat, als die für die Bürger zentralen Themen zu finden und zu adressieren, diese zentralen Themen nicht erkennt, geschweige denn adressiert?

Drei Gründe liegen auf der Hand und wir sind vor dem Effekt vermutlich alle nicht gefeit:

  1. Low-hanging-fruits: Die tiefhängenden Früchte sind es, die eine gewisse Verlockung ausüben. Sie führen aber in Versuchung und damit in die Irre. Siehe dazu auch meinen entsprechenden Post auf diesem Blog.
  2. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf: Einmal begonnen, kann man ein Thema gesichtswahrend nicht einfach fallen lassen unter der Anmerkung, man habe sich verstiegen. Ich habe Nachrichten: Doch, man kann. Und man sollte sogar, denn es verschafft Respekt und Glaubwürdigkeit.
  3. Arroganz und Ignoranz: Das Ignorieren des Marktbedarfes, das vermeintliche Wissen darüber, was gut für den Markt ist, das Suchen nach Bestägigung dafür und das Beharren auf dem Push-Prinzip (Druck), statt auf das Pull-Prinzip (Sog) zu setzen, begleitet durch eine „Wird-schon-noch“-Mentalität ist durch Arroganz und Ignoranz gekennzeichnet. Beides sind keine guten Ratgeber.

(c) 2013, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH