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Die persönliche Sicht: Steuerliche und ideologisch geprägte Wegelagerei

Die SPD hat endlich wieder einmal deutlich gemacht, warum wir „sozialdemokratisch“ besser direkt mit „sozialistisch“ übersetzen sollten, ohne den Umweg eines Euphemismus. Die Partei setzt sich deutlich dafür ein, die Kapitalertragsteuer abzuschaffen und stattdessen Kapitalerträge mit dem persönlichen Steuersatz zu versteuern. Ein absolutes Unding. Warum?

  1. Erinnern wir uns: Bundesregierungen wurden nicht müde, dem Wahlvolk zuzureden, dass man doch selbst für seine Alterssicherung – additiv zur erodierenden Rentenaussicht – sorgen möge. Aktienfonds böten sich dazu an. Gesagt, getan, denn die Erträge waren ja steuerfrei. Dann kam die Kapitalertragsteuer und – schwupps – waren die danach folgenden Erträge aus Neuinvestitionen (oder thesaurierten Anteilen) mehr als ein Viertel weniger wert. Genauer: 26,375% ohne Kirchensteuer. Ich nenne das Vertrauensbruch.
  2. Wenn nun nach dem Willen der sozialistischen Umverteilungsbefürworter die Kapitalerträge mit dem persönlichen Steuersatz von bis zu 45% (der ja natürlich auch noch erhöht gehört) versteuert werden, beträgt die Abgabenlast bis zu 47,475% ohne Kirchensteuer. Ein „großartiges“ Konzept, das insbesondere auch diejenigen, die tatsächlich den Rat ernst genommen haben, selbst für das Alter vorzusorgen, treffen wird.

Darf ich nebenbei daran erinnern, dass das der Kapitalinvestition zugrundeliegende Geld bereits einmal versteuert wurde? Überdies ist das Argument, dass die Kapitalertragsteuer eingeführt wurde, um die Steuerehrlichkeit zu erhöhen und dass nun angesichts der europaweit zunehmenden Schließung von Steuerschlupflöchern und der zunehmenden Eintreibung von Kapitalerträgen weniger Möglichkeiten existierten, Kapitalertragssteuern zu hinterziehen, ein ganz schlechtes, denn das bedeutet ja, dass sich die eingetriebenen Steuerbeträge bereits jetzt erhöhen. Wozu soll man dann die Sätze erhöhen? Richtig: Um sogenannte „Gerechtigkeit“ zu erzeugen, die wieder einmal mit „Gleichmacherei“ verwechselt wird.

Jetzt noch die ernüchternde Rechnung für Unternehmer:

  • Ein GmbH-Gesellschafter führt seiner GmbH frisches Eigenkapital in Höhe von 100.000 Euro zu. Das Kapital stammt aus versteuertem Einkommen. Für die 100.000 Euro erwartet der Gesellschafter eine jährliche Verzinsung von – konservativen – 10 Prozent nach Steuern.
  • Heute muss eine Dortmunder GmbH, sollen 10.000 Euro zusätzlich netto beim Investor ankommen, etwa 20.215 zusätzlichen Gewinn erwirtschaften (15,83% Körperschaftssteuer inkl. Soli, 16,975% Gewerbesteuer (Hebesatz 485) inkl. Soli, 26,375% Kapitalertragsteuer inkl. Soli beim Investor). Die Kirchensteuer geht von den 10.000 Euro noch ab.
  • Unterläge der Investor dem persönlichen Steuersatz von 45% und würden Kapitalerträge derart besteuert, müsste die GmbH bei gleichem Renditeanspruch 28.335 Euro zusätzlichen Gewinn erwirtschaften, also über 40% mehr. Dass die GmbH dies durch spontan gefundenen, zusätzlichen Umsatz erzielt, ist eher unwahrscheinlich. Ob die Rendite dann aus den Kosten kommen wird? Ob dies wohl Arbeitsplätze kosten wird? Nein, nein, sicher nicht, denn es kann ja nicht sein, was nicht sein darf.

Man komme mir jetzt bitte nicht mit dem Argument, eine Rendite von 10 Prozent nach Steuern sei überzogen. Erstens handelt es sich stets um Risikokapital, zweitens müsste der Investor es nicht tun und drittens – am wichtigsten: Die resultierende Differenz von 40% ist unabhängig von der Höhe der Renditeerwartung.

Die F.A.Z. sprach vor kurzem von möglicher Demenz in der Rentendebatte. Diese Annahme von Demenz liegt in der Steuerdebatte durchaus auch nahe.

© 2014, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH, Dortmund, London, New York.***

Die persönliche Sicht: Abgerechnet wird am Schluss

Es mangelt nicht an vorschnellen Urteilen (siehe dazu auch mein Editorial im Mandat Growthletter, der am 3. Februar erscheint) und das Urteil über den Start der neuen Regierung ist gesprochen: Ein schlechter, verzögerter, verpatzter Start.

Ich finde, das ist ein typischer Stammtischspruch. Jawohl, zwischen der Wahl und dem operativen Start der neuen Regierung ist (sehr) viel Zeit vergangen, aber ist der Start deshalb „verpatzt“? Ich würde mich freuen, wenn wir uns mehr über Resultate unterhalten, als über Tätigkeiten. Für mich ist es wichtiger, ob eine Regierung eine gute Arbeit im Sinne des Volkes, das sie vertritt und im Sinne des Staates in seiner globalen Einbindung, dem sie verpflichtet ist, macht. Der Start ist für mich dabei wesentlich weniger relevant als die Resultate.

Schauen wir also doch einmal aufmerksam hin und bewerten wir die Ergebnisse. Das macht zwar mehr Mühe, weil es einer inhaltlichen Auseinandersetzung bedarf, aber abgerechnet wird bekanntlich am Schluss.

(c) 2014, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH, Dortmund, London, New York. ***

Die persönliche Sicht: Es gibt keine Sicherheit

Die Lebensversicherungsbranche, interessanterweise eine Branche, die gerade auf Sicherheit setzt, versucht derzeit, die versprochenen Sicherheiten irgendwie einzuhalten, bzw. meistert die Zinssituation dergestalt, dass die Risiken auf die Versicherungsnehmer abgewälzt und die Zusagen einfach reduziert werden. Wenn möglich, auch nachträglich, dafür hat man sich ja die Eventualitäten in Sachen „Überschussbeteiligung“ offen gelassen. Alles ganz legal und legitim obendrein, natürlich. Verkauft wird uns das als notwendige Anpassung. Natürlich: Auf Kosten der Versicherten.

Die damalige Bundesregierung hat vor vielen Jahren die Bürgerinnen und Bürger maßgeblich und nachdrücklich dazu angehalten, ihre Altersvorsorge in die eigenen Hände zu nehmen und insbesondere Investitionen in Aktienfonds als Altersvorsorge zu nutzen. Viele haben dies getan, versprachen doch die Renditen einiges, insbesondere steuerfreie Erträge. Einige Jahre später, auf der hilflosen Suche nach neuen Erträgen, wurde dann die Abgeltungssteuer erfunden, die sich inklusive Solidaritätszuschlag (wofür gibt es den eigentlich noch?) und Kirchensteuer auf fast dreißig Prozent des Kapitalertrages beläuft – wohlgemerkt auch auf Erträge aus den als erstrebenswerte Anlageform propagierten Aktienfonds. Die Steuer betrifft aber natürlich nur diejenigen, die Kapitalerträge oberhalb einer gewissen Summe erwirtschaften. Wenn man aber für seine Altersvorsorge etwas tun will, muss man auch signifkante Erträge erwirtschaften dürfen, so dass man sehr rasch zu den Kapitalertrassteuerpflichtigen zählt. Verkauft wurde uns das als Vereinfachung. Natürlich: Mehr Steuern wurden einfacher erhoben.

Erinnern Sie sich noch? Vor dreißig Jahren hieß es „Die Rente ist sicher“. Das war damals schon falsch.

Nahezu alles, was uns als vermeintlich „sicher“ verkauft wird, ist nicht sicher. Wir sind gut beraten, wenn wir profitables Wachstum schaffen wollen, darauf zu achten, dass das eigenverantwortliche Eingehen eines überschaubaren Risikos wesentlich mehr Sicherheit bietet, als das Verlassen auf andere, die vermeintliche Sicherheit vorgaukeln. Vergessen wir Versicherungen, vermeintlich „todsichere“ Tipps oder windige Zusagen. Wenn wir uns auf uns selbst verlassen und unser Umfeld entsprechend gestalten, ist dies die größte Sicherheit, die wir haben.

(c) 2013, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH

Die persönliche Sicht: Abgeordnetenbezüge

Die Bezüge der Bundestagsabgeordneten, der Bundesregierungsmitglieder und des Bundespräsidenten sowie seiner Vorgänger steigen. Was tut Deutschland? Es diskutiert darüber. Ein Ex-Bundeskanzler meint, er hätte zu seiner Zeit genug verdient und überhaupt könne man ja einen anderen Job machen, wenn man das Einkommen in der Politik als zu gering empfinden würde. Ein Möchtegern-Bundeskanzler wird damit zitiert, dass die Bezüge ohnehin zu gering seien. Ein Nachrichtensender veröffentlicht im Detail, wie viele hundert Euro mehr es pro Position künftig gibt.

Müßig und lachhaft

Die Diskussion ist ebenso müßig wie lachhaft. In der Tat: Die Bezüge in der Politik sind bekannt und wer mehr verdienen möchte, macht eben etwas anderes. Niemand wird zu einem Job in der Politik gezwungen. Überdies geht es in der Politik gar nicht um Geld. Es geht um Macht. Niemand wird wegen der nicht einmal Dreihunderttausend Euro Bundeskanzler(in). Niemand wird wegen der Bezüge Abgeordneter, auch nicht, wenn man die Aufwandspauschalen hinzurechnet (die ja ohnehin der Bestreitung von Nebenkosten dienen). Man geht in die Politik, um zu gestalten, um Macht auszuüben.

Unnötig

Des weiteren ist die Diskussion über die Höhe der Erhöhung unnötig. Wir sprechen über Mehrkosten von drei Millionen Euro in Summe pro Jahr. Damit diese Summe in eine Größenordnung kommt, über die wir im Zuge der Euro-Rettung sprechen, also in die Größenordnung von einer Milliarde, zum Beispiel, benötigen wir 333 Jahre.

Bescheiden

Drittens sind die Bezüge von Abgeordneten und Regierungsmitgliedern in der Tat vergleichsweise bescheiden, insbesondere, wenn man sich die Arbeitszeiten ansieht.

Kleinkram

Mein Coach hat mir einmal gesagt „Don’t sweat the small stuff“. Und er hat Recht, denn dieser Rat gilt für das ganze Leben. Bleiben wir also auf dem Teppich und nehmen nicht jeden Kleinkram als Anlass, uns aufzuregen. Aufregen können wir uns über hinterzogene Steuern in unserem Land und anderen Ländern, über korrupte Staatspräsidenten oder solche, die es (wieder) werden wollen, über Milliarden Steuergelder, die an Flughäfen und anderen Mega-Bauvorhaben verbrannt werden. Aber bitte, bitte nicht über lausige drei Millionen Euro für Menschen, die wir erstens gewählt haben und die sich zweitens mehrheitlich Tag und Nacht für das einsetzen, was sie für das Beste für unser Land halten.

Hand aufs Herz: Wer möchte denn wirklich gern tauschen? Nur Mut!

(c) 2013, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH