Die beste Vertriebsstrategie nützt nichts, wenn sich der Vertrieb Illusionen hingibt, was die Kaufentscheider anbelangt, oder wenn sich der Vertrieb sogar weigert, der Wahrheit ins Gesicht zu schauen.
Lieber Vertrieb, es geht nur um den Entscheider. Natürlich müssen Beeinflusser einer Kaufentscheidung erkannt werden, Empfehler gleichermaßen, aber am Ende tut der Entscheider das, wofür er bezahlt wird: Er entscheidet. Empfehler empfehlen, Beeinflusser beeinflussen, Berater beraten und Entscheider entscheiden. So einfach ist die Welt.
Das ist Ihnen zu trivial? Wie kommt es dann, dass sich täglich zig-tausende Vertriebsmitarbeiter in Deutschland erfolglos mit Nicht-Entscheidern herumärgern, sei es bei sinnlosen Arbeitsessen oder – schlimmer – in Meetings? Wie kommt es, dass regelhaft derjenige den Auftrag bekommt, der die beste Beziehung zum Entscheider aufgebaut hat? Oh nein, damit meine ich nicht „Beziehung“ im Sinne von „Gefälligkeiten erteilen“, sondern eine echte Business-Beziehung, die sich durch Zuhören, Verstehen, auf die Wünsche eingehen, die eigentlichen Bedarfe herausarbeiten entwickelt. Eone Beziehung, die zu beiderseitigem Nutzen ist. Eine solide, belastbare, faire Geschäftsbeziehung.
Eine solche Beziehung kommt meist zu kurz. Viele Vertriebsmitarbeiter sind heilfroh, ein Angebot erstellen zu dürfen, nicht beachtend, dass die Zeit noch nicht reif ist, weil der Entscheider noch gar nicht eingebunden wurde. Die Folge: Der Vertrieb arbeitet mit Türstehern, die zwar „Nein“ sagen dürfen, aber nicht „Ja“. Das Spiel ist verloren, bevor es begonnen hat.
„Ja,“ so hören wir häufig, „aber wir können doch nicht immer zum Vorstandsvorsitzenden gehen. Und überhaupt: Vielleicht bringt uns ja jemand zum Entscheider.“ Erstens: Natürlich nicht und zweitens: Viel Spaß beim Hoffen.
Was wir auch oft hören: „Natürlich spreche ich mit dem Entscheider. Er hat ein Budget und stimmt sich nur noch kurz mit seinem Boss ab.“ Prima, dann ist der Boss der Entscheider.
Klartext: Ein Entscheider über die Inanspruchnahme einer Leistung oder den Kauf eines Produktes kann dies ohne Rücksprache tun. Er verfügt über ein Budget, über das er – Achtung: ohne jemanden zu fragen – frei verfügen kann. Selbst dann, wenn sich jemand ein Budget im Rahmen der Jahresplanung für ein bestimmtes Thema oder Produkt hat freigeben lassen: Wenn er sich den konkreten Fall genehmigen lassen muss, ist er nicht der Entscheider, Budget hin oder her. Wenn ein Autoverkäufer mit einem Mann spricht und der Mann sagt, er will das alles gerne noch mit seiner Frau besprechen, ist entweder die Frau der Entscheider, oder beide zusammen entscheiden. Der Mann ist auf jeden Fall nicht Alleinentscheider.
Auch auf Unternehmensebene kann es sein, dass der Vertrieb auf ein Entscheidergremium trifft. Insbesondere bei kleineren Unternehmen besteht häufig ein Konsenswunsch auf Eigentümerebene, aber auch der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft kann ein Entscheidergremium sein.
Wichtig: Es kommt nicht auf die Hierarchie-Ebene an, sondern einzig darauf, wer über das in Rede stehende Leistungs- oder Produktangebot in der Sache und in der Höhe ohne weitere Rücksprache entscheiden darf. Ein Vetrieb, der die Bedürfnisse dieses Entscheiders, sei es eine Einzelperson oder sei es ein Gremium, nicht herausgefunden hat, vergibt seine Zeit und verringert seine Chancen, denn der Vertrieb, der sich konsequent auf den Entscheider konzentriert, wird stets schneller und wirksamer sein.
Dies ist nur eines der Themen, die uns in unseren Projekten zur Steigerung der Vertriebswirksamkeit immer wieder begegnen, aber es ist eines der Themen mit dem größten Wachstumshebel – leider auch mit dem größten Widerstand in der Organisation, aber dafür ist Wachstum ja auch wichtig.
© 2014, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH, Dortmund, London, New York.