Mandat Wachstums Wochenstart Nr. 695: Ehrlich währt am längsten
Mit einem unserer Hunde im Wald und nahezu zurück an unserem Auto nahm ich auf dem geschotterten Parkplatz in unmittelbarer Nähe von uns ein Geräusch wahr, das ich zunächst als „kleiner Stein fliegt an Innenkotflügel“ abhakte, weil sich ein Fahrzeug in Bewegung befand. Dann aber sah ich, dass es auch sein konnte, dass jenes Fahrzeug (silber) gerade rückwärts ein anderes Fahrzeug (schwarz) touchiert hatte.
Der Fahrer des silbernen Fahrzeugs fuhr langsam Richtung Parkplatzausgang, ich schaute an dem schwarzen Auto – ein leichter Kratzer – und lief zu dem silbernen Auto. Der Fahrer hatte das Fenster herabgelassen. „Könnte es sein, dass Sie gerade das schwarze Fahrzeug touchiert haben?“ – „Wie bitte? Tatsächlich?“, der Fahrer schien erstaunt, was mir angesichts der Parksensoren des Autos merkwürdig vorkam. Wir schauten uns sein Fahrzeug an: leichte schwarze Streifen hinten rechts, am schwarzen Auto leichte silberne Streifen, ebenfalls hinten rechts. Der Fahrer des silbernen Fahrzeugs betonte, er habe auch ein Geräusch gehört, es aber, wie ich, als Steinchen abgetan, das gegen seinen Innenkotflügel flog.
Wir wurden uns sehr schnell einig, dass es eine gute Idee wäre, auf den Fahrer des schwarzen Fahrzeugs zu warten. Ich wartete auch, an unserem Auto. Nach einer Zeit des vergeblichen Wartens ging ich zum „Remplerverursacher“, teilte ihm mit, dass ich jetzt gehen würde, wir tauschten Adressen und Telefonnummern aus, ich fotografierte die Kennzeichen.
Eine Stunde später, eine Nachricht auf meiner Voicebox: Der Verursacher des Remplers teilte mir mit, dass er den Fahrer des schwarzen Fahrzeugs getroffen habe, er nannte mir den Namen und dessen Telefonnummer, man habe sich geeinigt, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Ich rief zurück, sagte dem Remplerverursacher, dass ich an des anderen Fahrers Stelle genauso gehandelt hätte, weil es wirklich eine Bagatelle war und beglückwünschte ihn zu seiner Ehrlichkeit. So sei doch alles zu einem guten Ende gekommen, denn wenn das noch jemand gesehen hätte und er einfach weitergefahren wäre, wäre der Tatbestand der Unfallflucht in einem minder schweren Fall vermutlich schlecht zu widerlegen gewesen und so habe er noch einen schönen Abend.
Ehrlich währt am längsten. Der Fahrer des silbernen Fahrzeugs hat am Ende richtig gehandelt. Der Fahrer des schwarzen Fahrzeugs hat sich gefreut, dass jemand so ehrlich war, beide Fahrer werden ein Poliertuch nehmen und die Kratzer sind an beiden Fahrzeugen weg, die Polizei muss sich nicht befassen – wunderbar.
Wie bekommen wir jetzt die Wachstumskurve? Recht einfach: Ehrlichkeit ist auch im geschäftlichen Kontext extrem wichtig. Wie oft wird gelogen und betrogen? Kunden, die vorgeben, ein wesentlich besseres Angebot vorliegen zu haben, obwohl das nicht stimmt, Lieferanten, die sagen, dass man „nur noch heute“ diesen Preis halten könne, obwohl das nicht stimmt, Mitarbeiter, die fälschlich vorgeben, etwas erledigt zu haben, Chefs, die betonen, dass kein Geld für eine bestimmte Maßnahme vorhanden sei, obwohl es nur umbudgetiert werden müsste.
Auch Notlügen, sogenannte „white lies“ sind nicht gut für eine Wachstumskultur. Wer wirklich wachsen will, darf keine Geschichten erfinden müssen, sondern soll sich auf die Wahrheit konzentrieren und die Zeit in Wachstum investieren, nicht in erfundene Sachverhalte. Einer unserer ehemaligen Mitarbeiter – vor sehr langer Zeit – hatte an einem Freitag nach mehrfacher Nachfrage zugegeben, vorgegebene Tätigkeiten doch nicht, wie behauptet, erledigt zu haben. Am darauffolgenden Montag war das Arbeitsverhältnis beendet.
Sind Sie konsequent in Sachen „Ehrlichkeit“? Es ist belohnend – für alle.
Auf eine gute Woche
Ihr und Euer
Guido Quelle