Die IT als Wachstumsbremse?

„Die IT brauchen wir dazu gar nicht zu fragen – die sagen uns, dass die Programmierung dieser Auswertung zwei Jahre dauert“. Diese Aussage hören wir in dieser oder anderer Qualität immer wieder, insbesondere von Produktverantwortlichen und Vertriebsverantwortlichen; So auch in dieser Woche wieder mindestens einmal.

Sei es eine Auswertung, ein „kleines“ Skript, eine Änderung einer Maske oder die grundlegende Abildung eines neuen Prozesses in der IT des Unternehmens: Die Abteilung „Informationstechnologie“ (ersatzweise auch „EDV“ genannt) bekommt in der Regel keine guten Noten von ihren internen Kunden.

Ein Dilemma – aber ein bekanntes Dilemma

Sicher, der IT geht es wie der Logistik: In beiden Bereichen wird 100%-ige Verfügbarkeit und Performance vorausgesetzt. Wenn etwas schiefgeht, gibt es Ärger und heftige Proteste, wenn es gut läuft, ist das selbstverständlich. Ja, das ist ein Dilemma. Aber: Jeder, der in der IT oder in der Logistik (ergänzen Sie hier weitere Servicebereiche und interne Dienstleistungen) arbeitet, weiß das. Also: Kein Grund zur Klage.

Der Vorwurf

Der Vorwurf, den die IT sich immer wieder anhören muss, ist, dass sie zu langsam ist. Man könne – so die operativ Verantwortlichen – nicht „mal eben schnell“ etwas ändern, immer müsse ein Change Request angefordert werden – oder wie auch immer die entsprechende Änderungsanforderung im jeweiligen Unternehmen heißen mag. Danach geht alles seinen Verwaltungsweg und man bekommt wenn man Glück hat irgendwann Bescheid, dass die Änderung vorgenommen wird. Durchlaufzeit? Mindestens drei Monate. Bestenfalls. Schlechtestenfalls bekommt man eine Ablehnung. Nein, richtig ist: schlechtestenfalls hört man gar nichts.

Wer setzt eigentlich die Prioritäten?

In manchen Unternehmen kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die IT die Prioritäten für bestimmte Ändeurngen selbst setzt. In vielen Unternehmen spielen überdies die persönlichen Beziehungen zu den IT-Verantwortlichen eine nicht unwesentliche Rolle, um auf der Liste der wichtigen Change Requests ein paar Sprünge nach oben zu machen. Verscherzen wir es uns mit dem IT-Chef besser ‚mal nicht …

All das habe ich persönlich häufig beobachtet und ich weiß, dass diese Situation sich bei weitem nicht als Einzelfall darstellt. Aber – und das ist ein wesentliches „Aber“: In allen Unternehmen, in denen die Unternehmensführung eng mit der IT zusammenarbeitet, sie in die Strategie und die IT-spezifischen Implikationen einbezieht, in den Unternehmen, in denen sich das Management nicht von der IT die Butter vom Brot nehmen lässt, ist die IT auch auf der Spur. Leistungsvereinbarungen werden geschlossen, nachvollzogen und justiert, es existieren klare Regeln für Change Requests, es werden eindeutige Prioritäten vergeben und das wachstumsträchtige Geschäft hat Vorrang vor internen administrativen Prozessen. So einfach geht das.

So einfach?

Jawohl: Einfach. Und dennoch tun sich manche Unternehmensführer immer noch schwer damit, die IT statt als potenzielle Wachstumsbremse als Wachstumsunterstützer einzusetzen. Das Unangenehme daran: Der Vorstand, die Geschäftsführung muss sich einerseits mit dem Großen („Strategie“), andererseits auch mit dem Kleinen („Einbindung der IT“) beschäftigen und damit auch in manchen einzelnen Prozess abtauchen. Wird das gewollt, wird die IT entsprechend eingephast und stehen die finanziellen Mittel bereit, dann steht einer Wachstumsunterstützung nichts mehr im Wege.

Trotzdem: „Zwei Jahre“?

Wenn Ihre IT-Abteilung dann allerdings bei Ihren operativen Einheiten immer noch den berechtigten Ruf hat, nicht voran zu kommen und ihre eigene Agenda zu verfolgen, fordern Sie noch ein einziges Mal Ihren IT-Chef heraus. Wenn’s dann nicht klappt, lagern Sie die ganze Einheit aus. Konsequent.

Dienstleistung kommt von „Dienen“ und „Leisten“. Und eine Wachstumsbremse wollen Sie sich eben nicht „leisten“.

Ihr Guido Quelle

(c) 2011, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH