Mandat Wachstums-Wochenstart® Nr. 517: Meadows und die vermeintlichen Grenzen des Wachstums
Mandat Wachstums-Wochenstart® Nr. 517: Meadows und die vermeintlichen Grenzen des Wachstums
Besonders aufgefallen ist mir kürzlich ein Beitrag im Premiumbereich von faz.net aus der F.A.S., der „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“, mit dem Titel „Wachstumskritik – ,Ich habe dazugelernt in den fünfzig Jahren‘“, ein Bericht über Dennis Meadows und ein Gespräch mit ihm. Meadows, Co-Autor von „Die Grenzen des Wachstums“ (das Jahrzehnte später ein Update als „Die neuen Grenzen des Wachstums“ erhielt), ist sich klar darüber, dass sein Buch mehr besprochen, als gelesen wurde: „Und leider gilt das sowohl für die Leute, die sagen, sie mögen das Buch, als auch für diejenigen, die es nicht mögen.“ (Zitat aus o. g. Artikel).
Ich habe die „Grenzen des Wachstums“ Anfang der 1990er Jahre und auch später die „Neuen Grenzen“ aufmerksam gelesen. Stets fiel mir auf, dass eine wesentliche Limitierung darin bestand, den Erklärungsversuch der Zukunft aus der Gegenwart vorzunehmen, was ich für falsch hielt und nach wie vor für falsch halte. Wir werden die morgigen Probleme mit Instrumenten und Methoden von morgen lösen, nicht mit denen von heute und wir müssen heute dafür sorgen, an die Lösung heranzugehen. Ersetzen Sie von mir aus „Probleme lösen“ durch „Möglichkeiten schaffen“, darauf kommt es mir jetzt nicht an.
1972 trafen „Die Grenzen des Wachstums“ auch auf eine Ölkrise. Wir würden kein Öl mehr haben, das war die Befürchtung. 2022: Wir tanken immer noch – aktuell zu horrenden Preisen und mit absehbarem Abwenden vom Erdöl, aber wir tanken noch.
Jawohl, es gibt einige (physikalische) Grenzen, die wir zur Kenntnis nehmen müssen. Eine davon ist die begrenzte Fläche auf der Erde – für mich stellen sich Mond oder Mars als Alternative nicht sonderlich attraktiv dar. Ein Irrtum, an dem Wachstumsgegner immer wieder festhalten ist, dass die Menschheit sich quasi ins Unendliche steigern werde. Dies ist nicht Erkenntnisgegenstand der Wissenschaft – und das hat sich hoffentlich auch inzwischen in der Politik herumgesprochen –, denn es wird von einem Peak bei circa elf Milliarden Menschen ausgegangen, dazu hat auch Rosling in „Factfulness“ ausführlich geschrieben. 200.000 Menschen überwinden täglich „extreme Armut“, 300.000 Menschen erlangen täglich erstmals Zugang zu Strom und Wasser. Das ist laut Rosling auch Teil der Wahrheit, die nur nicht zu uns durchdringt.
Wir müssen uns also mit physikalischen Grenzen auseinandersetzen – wie bekommen wir es hin, dass elf Milliarden Menschen auf der Erde leben und mit den verfügbaren Ressourcen klarkommen? Wobei wir dabei schon eine Einschränkung implizieren. „Verfügbare Ressourcen“? Wir wissen nicht, ob die Ressourcennutzung und -verfügbarkeit in zehn, zwanzig, dreißig Jahren eine andere sein wird, ob Innovationen es ermöglichen, eine ganz andere Sicht auf die Dinge zu haben. Neulich las ich die Frage: „Wer sagt uns eigentlich, dass wir nicht Dinge erfinden können, die atomare Endlager unnötig machen?“ – Ich werde dazu als Laie keine Position vertreten, aber wir müssen uns auch mit solch kontroversen Fragen auseinandersetzen und wir müssen uns mit diesen Themen beschäftigen wollen, ergebnisoffen.
Ich bin fest davon überzeugt, dass Wachstum, richtig verstanden – also nicht als „Raubbau“, wie uns gerne unterstellt wird, sondern als kerngesunde Weiterentwicklung –, ein immanentes Bestreben des Menschen ist – nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ. Wir müssen uns vor Augen halten, dass dieses Wachstum – und das ist ein weiterer meiner Kritikpunkte an den „Grenzen“ von 1972 – sich nicht auf ein „Mehr des Gleichen“ reduzieren darf. Darüber spreche ich in nahezu jedem meiner zahlreichen Vorträge.
Beeindruckt hat mich, dass Meadows, inzwischen 79 Jahre alt, im Interview sagt, dass er zahlreiche Einladungen zu „Degrowth“ Initiativen habe, aber daran nicht teilnehme. Zitat aus o. g. Beitrag: „Der Begriff ,Degrowth‘ sei ihm zu negativ, sagt er. ,Er ist gegen Wachstum, aber nicht explizit für etwas‘, findet Meadows. ,Aber ohne eine positive Vision ist die Menschheit nicht zu motivieren.‘“
Das lassen wir genau so stehen.
Auf eine gute Woche!
Ihr und Euer
Guido Quelle
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© 2022, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH, Dortmund, London, New York.
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