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Ein Plädoyer für Wachstum

Inzwischen wird es ja fast schon schick, darüber zu philosophieren, wie schön – und vor allem wie langfristig notwendig – es denn sei, auf Wachstum zu verzichten. Wohlstand ohne Wachstum, ein Einheitseinkommen ohne Gegenleistung, Wachstum als negative Forderung einiger sogenannter „Neoliberaler“. Begriffe, die immer salonfähiger zu werden scheinen.

Wir können es gar nicht oft genug wiederholen: Ohne Wachstum kein Wohlstand, ohne Wachstum kein Fortschritt, Gleichmacherei ist glücklicherweise (hoffentlich) zum Scheitern verurteilt und Leistung ohne Gegenleistung funktioniert erfreulicherweise auch nicht.

Es wird glücklicherweise immer Menschen geben, die Dinge vorantreiben wollen, es wird glücklicherweise immer Menschen geben, denen der aktuelle Standard nicht genug ist und es wird glücklicherweise immer Menschen geben, die ihre Erfüllung darin sehen, Dinge zu verbessern. Was ist das? Richtig: Wachstum.

Welcher Mitarbeiter möchte auf Gehalt verzichten? Welcher Rentner auf die Steigerung seiner Rentenbezüge? Welcher Unternehmer möchte auf das qualitative und auch quantitative Wachstum seines Unternehmens verzichten? Ich meine damit nicht temporär, sondern dauerhaft. Ehrlich: Wer? Wer möchte aktiv darauf verzichten, in Zukunft noch besser gesundheitlich versorgt zu werden? Wer möchte auf eine steigende Lebensmittelqualität verzichten? Die Liste der Fragen, die mit „nahezu niemand“ beantwortet werden kann, ist lang.

Das eindimensionale Wachstumsdenken vieler Politiker, aber auch mancher Wachstumsgegner ist es, das einem gesunden Verhältnis zu Wachstum im Wege steht. Ein ganzheitliches Wachstumsverständnis im Sinne von Wachstumsintelligenz beschränkt sich nie auf „Mehr des Gleichen“, sondern ist stets multidimensional und bezieht qualitative wie quantitative Faktoren ein. Es ist eben nicht das schiere Schielen auf die letzte Zeile der betrieblichen Gewinn- und Verlustrechnung.

Wachstum ist nicht reduzierbar auf den Sieg über andere, es ist nicht etwas, das auf Kosten anderer stattfinden muss, bei Wachstum geht es nicht um Verteilen von Stücken eines immer gleich großen Kuchens. Wachstumsintelligenz bedeutet, aus 1 plus 1 mehr zu machen als 2.

Wenn unsere Politiker es nicht schaffen, sind eben wir Unternehmer gefordert, gemeinsam mit unseren Mitarbeitern ein positives Wachstumsbild zu zeichnen. Auf dass sich dieses in der Gesellschaft etabliert.

Ihr Guido Quelle

(c) 2012, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH

Die persönliche Sicht: Volkswagen – Die E-Mail-Diktatur

Wenn diese Meldung wirklich stimmt – was anzunehmen ist, weil es vergleichbare Meldungen von anderen Unternehmen gibt –, ist der Entmündigung der Mitarbeiter jetzt in Deutschland Tür und Tor geöffnet. Und das ausgerechnet durch die, die eigentlich für die Mitarbeiter da sein sollten: Durch die Mitarbeitervertretung.

Tariflich angestellte Mitarbeiter von Volkswagen, so heißt es, würden demnächst ab 18.15 Uhr am Abend bis 7.00 Uhr morgens keine E-Mails mehr auf ihren Blackberry zugestellt bekommen. Darüber sei bereits eine Betriebsvereinbarung geschlossen worden. Erste Reaktionen seien positiv, heißt es. Ein Schelm, der Böses dabei denkt. Ich finde: Armes Deutschland, wenn das Schule macht.

Warum 18.15 Uhr? Warum nicht 18.08 Uhr, 17.52 Uhr oder 18.29 Uhr? Mehr noch: Warum überhaupt? Das kann doch nicht wahr sein: In einer zunehmend vernetzten Welt schließt Volkswagen Mitarbeiter von der internationalen Kommunikation aus.

Volkswagen entmündigt auf diese Weise seine Mitarbeiter. Statt darauf zu setzen, dass jeder selbst entscheiden kann, wann und wo er seine E-Mails abruft – was auch tariflich angestellten Mitarbeitern zugemutet werden kann, darf und soll –, setzt Volkswagen darauf, dass die Führung besser weiß, was für die Mitarbeiter gut ist, als die Mitarbeiter selbst. Verbot statt Führung. Das ist Diktatur.

Außertariflich angestellte Mitarbeiter erhalten im Übrigen weiterhin E-Mails zu jeder beliebigen Zeit. A-ha. Können AT-Mitarbeiter besser entscheiden? Sind sie wichtiger? Oder leidensfähiger? Ist der vermeintliche E-Mail-Schmerz mit dem AT-Gehalt abgegolten? Wem E-mailen die AT-Mitarbeiter – Führungskräfte und Manager – aber künftig nach 18.15 Uhr? Ihren Mitarbeitern ja wohl nicht, die empfangen nämlich erst ab 7.00 Uhr wieder E-Mails. Bedauerlich. 18.15 Uhr soll eine Uhrzeit sein, zu der der Eine oder Andere durchaus noch arbeitsfähig ist.

Liebe Volkswagen-Führung und lieber Volkswagen-Betriebsrat: Lassen Sie sich sagen, dass das nach hinten losgehen wird. Wenn in internationalen Projekten wichtige Mails aus Indien, China, Australien nach Deutschland kommen, aber nicht abgerufen werden können, weil es noch nicht 7.00 Uhr morgens ist, ist das kein Vorteil, sondern ein massiver Beitrag zu verhindertem Wachstum.

Damit haben Sie sich einen Bärendienst erwiesen. Sie haben gezeigt, dass bei Volkswagen offenbar die Mündigkeit der Mitarbeiter unterschätzt und Führung nicht zureichend ausgeübt wird.

Führung bedeutet auch, Mitarbeitern im Selbstmanagement zur Seite zu stehen. Führung bedeutet auch, Mitarbeitern eine gewisse Arbeitszeitsouveränität zuzugestehen. Schade, Volkswagen. Das war jetzt wirklich mal voll daneben. Wer wohl der nächste ist, der diesem schlechten Beispiel folgt?

Bin ich froh, dass ich E-Mails schreiben und empfangen kann, wann ich möchte. Sie auch? Frohe Weihnachten!

Ihr Guido Quelle

(c) 2011, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH

Wachstum durch Innovationen? Verlassen Sie sich nicht auf Ihre Kunden.

Viel Geld wird für Kundenbefragungen, Marktforschung, Vertriebsoffensiven ausgegeben. Das Ärgerliche ist nur, dass ein großer Teil dieses Geldes besser anders hätte verwendet werden sollen, nämlich dann, wenn die Kundenbefragungen, Marktforschungen und Vertriebsoffensiven zum Ziel haben, herauszufinden, was Kunden wollen, um Kunden dann damit zu bedienen.

So entstehen nur selten Innovationen – und wenn Innovationen entstehen, dann sind dies meist keine echten Sprunginnovationen. Der Grund: Kunden wissen meist sehr wohl, was sie wollen, aber Kunden wissen meist nicht, was sie brauchen (könnten).

Niemand brauchte in der Vergangenheit ein iPhone. Hätte man Menschen vor der Erfindung des iPhones gefragt, was sie wollen, hätten sie vermutlich gesagt „Ein kleineres Handy mit längerer Akkulaufzeit“, „Ein bisschen mehr Design“, „Einen größeren Speicher für SMS und Kontakte“, vielleicht sogar „Ein Handy mit wirklich gutem Musikklang“. Niemand hätte gesagt: „Ich brauche ein stylishes Mobiltelefon, das alles kann und das mein gesamtes Leben revolutioniert. Ein Telefon, das mir Restauranttipps in der Nähe gibt, mir den Weg in einer unbekannten Stadt weist, mit dem ich von überall auf der Welt Zugriff auf all meine Daten habe, mit der gesamten Welt vernetzt bin, mich in meinen Social Communities bewegen kann und das überdies mit mir spricht.“

Steve Jobs und seine Teams wussten aber, dass dies ein Bedürfnis der Menschen sein könnte – das Resultat ist bekannt.

Als das Automobil erfunden wurde, waren die Menschen überaus skeptisch, denn warum sollte eine Kutsche ohne Pferde fahren? Viel zu unsicher.

Als der Personalcomputer erfunden wurde, sagten führende Köpfe der Branche, dass der Markt für solche Computer auf weniger als ein Dutzend weltweit begrenzt sei.

Lineares Denken bringt uns nicht weiter.

Um Sprunginnovationen zu schaffen, genügt es nicht, sich linear weiterzuentwickeln. Geben Sie sich nicht zufrieden damit, dass Ihr Vertrieb Ihren Kunden das gibt, was sie wollen. Sie werden sonst überholt. Sie müssen Ihrer Mannschaft dabei helfen, das herauszufinden, was Ihre Kunden brauchen (könnten). Ihre Kunden werden Sie lieben. Dies ist ein Element von Wachstumsintelligenz und so entsteht Wachstum und Wohlstand.

Ihr Guido Quelle

(c) 2011, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH

Die Balanced Scorecard: Meist maßlos übertrieben

Auf dem Weg zu Wachstum sind Instrumente zur Überwachung hilfreich. Abgesehen davon, dass es eines überschaubaren Instrumentenkastens bedarf, der nur wirklich relevante Instrumente enthält (siehe auch mein Beitrag in unserem Blog „Entschlacken Sie Ihr Cockpit“), muss jedes Unternehmen auch seinen Weg finden, nicht in die Perfektionsfalle zu tappen oder Opfer einer Instrumentenmode zu werden.

Die Balanced Scorecard (kurz „BSC“) hat in den vergangenen Jahren immer wieder von sich reden gemacht. Als Allheilmittel gepriesen, wenn es darum ging, die verschiedenen „Dimensionen“ des Unternehmens zu betrachten und Sorge dafür zu tragen, dass alle Parameter in Sachen Wachstum eingehalten werden, ist die BSC den Nachweis, dass sie wirklich hilft, bisher auf breiter Linie schuldig geblieben.

Viele Stabsbereiche und Berater beschäftigen sich damit, die BSC auf jeden Winkel von Unternehmen auszudehnen. Das Resultat? Eine Scheinsicherheit und Detailverliebtheit, die der großen Linie „Innovation und Wachstum“ nur schwerlich dient. Abgesehen davon, dass das ursprüngliche Konzept der BSC, vorgestellt von Kaplan und Norton, den Faktor Führung völlig vermissen ließ, führt Detailverliebtheit bei der Anwendung der BSC auf dem schnellsten Weg in die Irre. Ist es überdies nicht eigentlich normal, die verschiedenen Facetten des Unternehmens in Balance zu halten? Der Verdacht eines Universalinstrumentes – das es nicht geben wird – drängt sich auf.

Stoppen Sie unnötige Übertreibungen und sorgen Sie dafür, dass – wenn Sie sich für den Einsatz einer BSC entscheiden –, diese sich ausschließlich auf die Faktoren fokussiert, die Sie pointieren wollen: Innovation und Wachstum. Verhindern Sie jede Initiative, die BSC auf jeden Winkel des Unternehmens auszudehnen. Und schicken Sie Ihren Berater nach Hause, wenn er darauf besteht, dass nur eine „vollständige BSC“ Ihnen die erforderliche Sicherheit böte.

Es gibt keine absolute Sicherheit.

Ihr Guido Quelle

(c) 2011, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH

GROW! – Die Studie als Buch

Unsere aktuelle Studie „GROW! – Wachstumsorientierte Zusammenarbeit zwischen Private Equity Gesellschaften und Unternehmen“ ist jetzt auch als Buch erhätlich.

Hier der Klappentext:

„GROW! ist Name und Anspruch der vorliegenden Studie. Erkenntnisgegenstand ist die wachstumsorientierte Zusammenarbeit von Private Equity Gesellschaften und Unternehmen. Zusammenarbeiten und gemeinsam wachsen, das klingt zunächst nach einer selbstverständlichen Zielsetzung und einem auf der Hand liegenden Vorgehen. Wie so oft liegt der Grund für Wohl und Wehe dieses Modells in der praktischen Gestaltung. GROW! leistet einen Beitrag, aufzuzeigen, wie die Zusammenarbeit in der Praxis gelebt wird, Erfolgsmuster multipliziert und Engpässe vermieden bzw. gelöst werden.

Befragt wurden Unternehmensführer auf Vorstands-/Geschäftsführungsebene mit Erfahrung im relevanten Bereich, Private Equity-Investmentmanager sowie Chairmen. Gestützt durch die umfassende Mandat-Beratungserfahrung im Private Equity-Umfeld und durch flankierende qualitative Beiträge der Teilnehmer werden hieraus Erkenntnisse und Empfehlungen für die Praxis abgeleitet. Zu den Charakteristika von GROW! gehört es, nicht auf der Erkenntnisebene zu verbleiben, sondern zahlreiche Ansätze zur Verbesserung zur Kollaboration zwischen Private Equitiy Gesellschaften und Unternehmen zu liefern. Abgerundet wird die Studie durch Tiefeninterviews zur Fallstudie Symrise.“

Books on Demand
ISBN 978-3-8448-0687-8, Paperback, 64 Seiten, 149,00€

E-Mails im Kundenservice: Wenn, dann richtig

Jedes Unternehmen, das heute etwas auf sich hält, bietet die Möglichkeit der Kontaktaufnahme über E-Mail. Soweit die Theorie.

Haben Sie sich auch schon beliebig häufig darüber geärgert, dass Sie tage-, wochen- oder gar monatelang von Unternehmen keine Antwort auf Ihre E-Mails bekamen, die Sie an „info@…..“, „kontakt@…..“, „service@…..“ gesendet haben? Ich mich auch.

Waren früher Antwortzeiten per E-Mail von einigen Tagen, bis zu zwei Wochen noch akzeptabel, reduziert sich das Geduldspolster in Zeiten von Twitter, ICQ, WhatsApp, Facebook & Co. dramatisch. Antwort ist sofort gefragt. Der schnelle Dialog via E-Mail kann ein echter Wachstumstreiber sein, denn eine schnelle Reaktion auf elektronische Post zeigt eine gute Organisation, eine gute Prozesswirkung und ein Interesse am Kunden, das wiederum in eine höhere Bindung münden kann. Wohlgemerkt: Wir sprechen hier nicht von einer automatisch generierten Eingangsmeldung, wie „Wir haben Ihre Nachricht erhalten und werden sie so schnell wie möglich an einen Fachberater weiterleiten“. Das ist maximal eine notwendige, mitnichten aber eine hinreichende Bedingung für einen gelungenen E-Mail-Dialog. Problemlösung ist gefragt -und das schnell.

Auch wenn einige E-Mails für manche Unternehmen vielleicht schwer zu interpretieren sind, ist die schnelle Rückfrage zu unverständlichen E-Mail-Passagen bereits die erste Chance, beim Kunden zu punkten. Vorbildlich haben wir dies in der jüngeren Vergangenheit bei Firmen wie Brennenstuhl, LaCie, oder Fujitsu erlebt, die sich nicht auf Eingangsmeldung beschränkten, sondern direkt eine Problemlösung in der ersten E-Mail herbeiführten. Vorbildlich, wie gesagt.

Die Negativ-Beispiele nenne ich hier aus Rücksichtnahme nicht, aber es betrifft IT-Dienstleister ebenso wie bekannte Versicherungen oder Premium Automobilhersteller. Allesamt vergaben sie die Chance, ein gutes Bild zu hinterlassen und sich bei ihren Kunden weiter zu empfehlen. Schade.

Ich habe mir übrigens angewöhnt, E-Mails, auf die ich zwei Tage keine Antwort bekommen habe, unverändert noch einmal zu senden, mit dem Vorsatz: „Haben Sie untenstehende E-Mail erhalten?“ Das wirkt häufig Wunder …

Ihr Guido Quelle

(c) 2011, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH

Dimensionen des Wachstums

Unser neuestes Buch: „Dimensionen des Wachstums“, das Buch zur 10-teiligen Mandat Telekonferenz-Serie 2010 ist jetzt erschienen und bei uns bestellbar. ISBN 978-3-8448-0728-8, Hardcover, 360 Seiten, 35,90 Euro.

Hier der Klappentext:

Nach dem großen Erfolg der Mandat Telekonferenz-Serie „Das Wachstum führen“ und dem großen Zuspruch, den wir von den Teilnehmern erhalten haben, haben wir in 2010 wieder eine Telekonferenz-Serie gestartet. Die zehnteilige Serie trägt den Titel „Dimensionen des Wachstums“ und enthält geballtes Know-how zu aktuellen Führungsthemen.
In sechs Vorträgen am Telefon und vier Gesprächen mit hochkarätigen Gesprächspartnern beleuchtet Prof. Dr. Guido Quelle folgende Themen:

• Powerziele: Die Kraft des Kurzfristigen
• Ethik: Wachstum und Verantwortung (Gespräch mit Prof. h.c. Manfred Maus)
• Turn-Around: Wenn, dann richtig
• Führung: Konsequenz und Verbindlichkeit (Gespräch mit Horst Trimborn)
• Einsichten: Wachstum kommt von innen
• Wachstum: Anforderungen an das Top-Management (Gespräch mit Christoph Zeiss)
• Strategie: Keine Einbahnstraße
• Familienunternehmen: Engpässe und Chancen (Gespräch mit Hans-Henrich und Julian Philipp Tintelnot)
• Wachstumsfallen: „Wir haben es doch gut gemeint“
• Ausblick: Gute Vorsätze, oder echte Pläne?

In Kürze wird „Dimensionen des Wachstums“ auch im Online Buchhandel erhältlich sein. Weitere Informationen hier

Mandat Growthletter – Fokusthema „Lernen“

Der Mandat Growthletter des Monats Dezember ist ab dem 6. Dezember verfügbar. Fokusthema: „Lernen“. Abonnenten haben ihn schon.

Zur Dezember-Ausgabe (ab 6. Dezember): Aktuelle Ausgabe
Zur kostenfreien, unverbindlichen Registrierung: Eingabe Ihrer Mailadresse

Achtsamkeit: Unnötiger Luxus? Schnickschnack gar?

In manchen Unternehmen, insbesondere in stark wachsenden Unternehmen, ist ein Verhalten zu beobachten, dass annehmen lässt, es gebe kein Morgen. Es wird hektisch miteinander umgegangen, Befehle werden erteilt, Sanktionen werden ausgeübt, der Ton ist rau, schließlich geht’s um Wachstum. Auch in Unternehmen, die sich in Restrukturierungsphasen befinden, lässt sich mitunter ein gewisses Maß an Achtsamkeit vermissen.

Achtsamkeit aber ist ein hohes Gut, lässt sich durch sie doch mancher Konflikt vermeiden, so dass man ihn erst gar nicht beheben muss. Eine Voraussetzung für Achtsamkeit ist Interesse, nämlich Interesse am eigenen Umfeld, an seinen Mitmenschen, an Gegebenheiten. Dieses ehrliche Interesse ist es, das achtsame Menschen automatisch achtsamer sein lässt, denn es ist ihnen nicht egal, wie sich ihr eigenes Verhalten auswirkt. Diese Menschen brauchen sich gar nicht anzustrengen, achtsam zu sein. Überdies gehört zu Achtsamkeit ein gewisses Gefühl dafür, wie man selbst auf andere wirkt. Äußerungen, die man selbst als völlig akzeptabel einstuft, werden von einem Kollegen oder Nachbarn vielleicht schon als völlig inakzeptabel angesehen.

Dies ist kein Plädoyer dafür, sich nach allem und jedem zu richten. Sehr wohl lohnt es sich aber, darauf zu achten, ob sich gewisse Verhaltensmuster bei uns selbst eingestellt haben, die geeignet sind, im Dialog mit anderen, an denen uns etwas liegt, regelhaft Konflikte zu erzeugen. Wenn dies so ist, sind wir besser beraten, mit den Veränderungen bei uns selbst zu beginnen, bevor wir unendlich mühsame Anstrengungen unternehmen, andere zu verändern.

Achtsamkeit ist in ihrer „Rentabilität“ wie Freundlichkeit: Sie kostet nichts und hat einen enorm positiven Effekt „unter dem Strich“.

Ihr Guido Quelle

(c) 2011, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH

Die Notfall-Mentalität

Vor kurzem war ich Gast in einer Vortragsveranstaltung in Dortmund. Üblicherweise pflege ich, relativ weit vorn zu sitzen, weil ich dort besser sehe und näher am Geschehen bin. Im Gegensatz zu Uni-Zeiten mag ich es gar nicht, weit hinten zu sitzen. Auch an diesem Tag nahm ich einen Platz in der dritten Reihe ein, viele andere konkurrierten um die hinteren Sitze.

Mein Nachbar und seine Gattin mussten aufstehen, als ich in der Reihe Platz nehmen wollte und ich setzte mich neben Sie. „Hier vorn ist man eindeutig näher dran“, begann ich einen Small Talk. „Ja, und vor allem näher am Notausgang“, war die Antwort, begleitet von einem Fingerzeig zum in der Tat recht nahen Notausgang. „Nun, den werden wir wohl kaum brauchen“, mutmaßte ich, worauf mein Nachbar entgegnete: „Ja, aber wenn es brennt, sind wir schnell raus. Die anderen … O-ha“ (mit gedehntem „Ohh“). Die Wahrscheinlichkeit eines Brandes oder gar einer Explosion stufte ich für diesen Abend als recht gering ein, aber mein Nachbar war offenbar anderer Auffassung. Der Dialog geriet ins Stocken.

Die Veranstaltung hatte noch nicht begonnen und ich zückte mein iPhone, um meine E-Mails zu checken. Ich las eine der Mails, als mir mein Nachbar ungefragt, unaufgefordert und wie sich herausstellte, auch unnötigerweise ein Gerät unter die Nase hielt. Bei genauem Hinsehen entpuppte es sich als „Microwave Decoder“, der in allen verfügbaren Farben strahlte und in den fröhlichsten Tönen summte. Genauer: Es machte einen Höllenlärm. „Sehen Sie“, rief mein Sitznachbar gegen den Krach an, „diese ganze Strahlung kommt jetzt von Ihrem Handy!“ Für diese Erkenntnis hätte ich keinen Mikrowellen-Decoder gebraucht. Meine Antwort „Das macht es nicht besser“ veranlasste meinen Sitznachbarn, sein Gerät wieder einzupacken und in die Schmollhaltung zu gehen. Was wollte er mir damit sagen?

Mein Sitznachbar weiß nicht, dass ich ihm diesen Blogeintrag verdanke. Was ist mein Punkt?

Es gibt Menschen, die nur in Notfällen denken: Was kann alles passieren, was kann mir schaden, wovor muss ich mich vorsehen? Und es gibt Menschen, die zwar achtsam durchs Leben gehen, die aber in der Lage sind, Risiken einzuschätzen und mit ihnen sorgsam umzugehen. Niemand ist vor Unfällen gefeit, niemand kann sich davon freisprechen, in schwierige Situationen zu geraten, aber wir alle können ein bisschen mehr Umsicht walten lassen in zweierlei Hinsicht: Erstens können wir lernen, Wahrscheinlichkeiten einzuschätzen und zweitens können wir die Erkenntnis verinnerlichen, dass wir uns nicht auf jede Eventualität einstellen können. Lernen wir also lieber, uns schnell auf neue Situationen einzustellen und wir wachsen persönlich viel stärker als durch den Versuch, alle möglichen Situationen vorweg zu nehmen.

Ihr Guido Quelle

(c) 2011, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH