Die Kurzfrist-Falle

Die Phrase, dass wir kurzfristig Resultate produzieren müssten, weil wir langfristig alle tot seien, wird Keynes zugeschrieben. Lassen wir den Zynismus beiseite, können wir feststellen, dass es natürlich erforderlich ist, auch schnelle Resultate vorzuweisen und Powerziele zu verfolgen, die bereits kurzfristige Wirkung zeigen. Wenn wir dabei aber das langfristige Denken außen vor lassen, haben wir uns in Sachen Wachstum keinen Gefallen getan.

Quartalsdenken

Den Gipfel der Kurzfristigkeit erfahren Unternehmen, die ausschließlich in Quartalen denken. Verstehen wir uns richtig: Natürlich ist es für börsennotierte Unternehmen, die unter strenger Beobachtung der Anteilseigner und Analysten stehen, erforderlich, Quartalszahlen vorzulegen. Wer sich aber zum Ablieferer reduzieren lässt und sich von Quartal zu Quartal rettet, hat mit Zitronen gehandelt, denn irgendwann rächt sich diese Nicht-Strategie.

Nach mir die Sintflut?

Interessant ist, dass das vielfach kolportierte „Nach-mir-die-Sintflut“-Denken gar nicht so häufig vorhanden ist. Es sind häufig einfach geübte Praktiken, die dazu führen, dass immer weiter das getan wird, was immer schon getan wurde, nämlich das Vorlegen schöner Quartalszahlen. Welche internen Bemühungen dazu erforderlich sind, ist häufig sekundär – dies sind ja „eh-da“-Aufwände.

Überzeugung statt Erfüllung von Erwartungen

Unternehmen müssen sich keineswegs der Quartalsoptimierung hingeben. Ein konsequent geführter Dialog mit Shareholdern und Analysten, der Aufschluss über die Strategie und die dahinter liegenden Maßnahmen gibt, ein klarer Wachstumsplan, der verbindlich nachgehalten wird, kann Wunder wirken. Vorstände, die sich der Mühe unterzogen haben, diesen Dialog zu führen, haben nahezu immer davon profitiert, weil sie aus der Kurzfrist-Falle herauskamen.

Verbindlichkeit als Pflicht

Die „Kehrseite“ ist dann allerdings eine strenge Verbindlichkeit, unabhängig davon, ob versprochene Resultate eingehalten wurden, oder nicht. Offenheit, Transparenz, das Antizipieren von Maßnahmen sind Pflicht. Wird hier – wissentlich oder unwissentlich – gepfuscht, wird ein Unternehmen gnadenlos abgestraft. Nicht jede Unternehmensführung will sich dieser Pflicht unterziehen. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen.

Geschäftsbericht als Spiegel

Es gibt einen ganz einfachen Weg, festzustellen, ob ein Unternehmen eine Wachstumsstrategie hat, oder nicht: Man lege die Geschäftsberichte mehrerer Jahre nebeneinander und lese die Vorworte des Aufsichtsrates und des Vorstandes. Werden Themenfäden weitergesponnen? Wird Bezug genommen auf Versprochenes und wird gespiegelt, was davon eingetreten ist? Profitabel wachsende Unternehmen tun dies vorbildlich.

Wachstum ist eben kein Zufall.

(c) 2011, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH