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Mandat Wachstums-Wochenstart Nr. 411: Der Beschleunigungsstreifen und die Strategie

Wachstums-Wochenstart

Mandat Wachstums-Wochenstart Nr. 411: Der Beschleunigungsstreifen und die Strategie

Es ist schon dunkel, ich bin auf der Bundesstraße auf dem Weg nach Hause. Die Straßen sind relativ frei es halten sich fast alle an die Geschwindigkeitsbeschränkung von 60 km/h. Das nächste Kreuz ist das zur Schnellstraße, die mich nach Hause führt. Ich setze den Blinker und biege ab. Vor mir ein Fahrzeug, das ebenfalls blinkend auf die Schnellstraße abbiegt. Wir verlassen die Bundesstraße mit 60 km/h und fahren auf die Zufahrtrampe, danach auf den Beschleunigungsstreifen – mit 60 km/h. Autos rauschen an uns mit deutlich über 100 km/h vorbei. Das Fahrzeug vor mir beschleunigt nicht nur nicht, sondern der Fahrer blinkt und zieht in Seelenruhe auf die rechte Hauptspur der zweispurigen Schnellstraße – mit 60 km/h. Zu Beginn der Beschleunigungsmöglichkeit wurden 120 km/h als Höchstgeschwindigkeit ausgewiesen; Irrtum ausgeschlossen.

Erste Fahrzeuge hinter uns müssen bremsen, manche weichen auf die linke Spur aus. Das besagte Fahrzeug beschleunigt unbeeindruckt langsam, obwohl es längst auf „Mitschwimmgeschwindigkeit“ sein könnte. Ich arrangiere mich irgendwie und sehe zu, dass ich nicht auch ein Verkehrshindernis werde und mich schnellstmöglich aus der potenziell gefährlichen Szenerie entferne. Wieder mal gutgegangen – für alle.

Nächste Szene: Ich fahre auf der Autobahn, rechte Spur, es geht zügig voran. Weiter vorn sehe ich ein Fahrzeug rechts blinken, offenbar will der Fahrer die nächste Ausfahrt nehmen, es ist noch reichlich Platz. Der Abstand verkürzt sich aber jäh und deutlich, weil der Fahrer des vorausfahrenden Fahrzeugs bereits die Geschwindigkeit lange vor Beginn des Verzögerungsstreifens deutlich verringert und bremst. Mit geschätzten 60 oder 70 km/h geht es dann für ihn auf den Verzögerungsstreifen, ich habe die Möglichkeit, auf die mittlere Spur auszuweichen. Wieder einmal staunend setze ich meine Fahrt fort.

Beschleunigungsspur, Verzögerungsstreifen. Erinnern Sie sich an die Fahrschule, an Ihren Fahrunterricht? Ich erinnere mich sehr gut, trotzdem es über 35 Jahre her ist, denn ich hatte einen sehr guten Fahrlehrer. Die Beschleunigungsspur nutzt man, um auf die Geschwindigkeit zum Mitschwimmen zu gelangen, den Verzögerungsstreifen nutzt man, um die Geschwindigkeit so zu verringern, dass man gut in die Ausfahrt gelangt. Auf der Beschleunigungsspur wird beschleunigt, auf dem Verzögerungsstreifen verzögert. Klar, oder?

Das passiert aber regelhaft nicht. Genauso sieht es auch in vielen Unternehmen aus: Dinge, die eigentlich ganz anders beabsichtigt waren, wie man an den Begriffen ablesen kann, werden uminterpretiert. Die „Strategie“ gerät zur hektisch-reaktiven, operativen Auf- und Abfahrt, das „Vertriebscontrolling“ gerät zum reinen Informationsmedium, die „Wachstumsinitiative“ gerät zu einem neuen Begriff für das unveränderte operative Geschäft. Das „Strategiemeeting“? Eine Rechtfertigungsveranstaltung der Fachbereiche, die beabsichtigte Dinge nicht auf die Reihe bekommen haben.

Schauen Sie einmal auf die Begriffswelt Ihres Unternehmens, denn Sprache ist nicht nur Ausdruck des Denkens, sondern sie prägt auch das Denken und Handeln. Wenn Sie mit Ergebnissen nicht zufrieden sind, schauen sie sehr genau nach, wo Begriffe uminterpretiert wurden, wo Mitarbeiter sich ihre eigenen Regeln, ihre eigene Wahrheit geschaffen haben. Schauen Sie sehr genau nach, wo Mitarbeiter unbedacht oder gar eigennützig handeln. Sie werden staunen, welches Potenzial hier verborgen liegt.

Sorgen Sie dafür, dass auf dem Beschleunigungsstreifen wieder beschleunigt und auf dem Verzögerungsstreifen wieder verzögert wird. Dann läuft es auch auf Ihrer Wachstumsautobahn bedeutend wirksamer.

Auf eine gute Woche!

Ihr und Euer
Guido Quelle

 

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© 2020, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH, Dortmund, London, New York.
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