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Wachstumschancen im Commodity-Markt nutzen. Beispiel: Freenet

Wie häufig hören Sie, dass Dinge nicht funktionieren können, dass das Wettbewerbsumfeld schwierig sei, weil das Produkt austauschbar ist, dass andere etwas besser können, oder dass andere etwas auch schon probiert hätten – ohne Erfolg?

Auf dem 10. Internationalen Marken-Kolloquium am 12. und 13. September 2013 im Kloster Seeon machte Christoph Vilanek, Vorsitzender des Vorstandes der freenet AG deutlich, dass man gerade im Commodity-Markt gut beraten ist, nach Wachstumspotenzialen zu suchen. Die Tatsache, dass eine SIM-Karte austauschbar und ein Telefonprovider ein austauschbares, nicht anfassbares Gut anbietet, ist das eine. Das andere ist, was jener Provider daraus macht. Freenet zum Beispiel ist auf dem Weg zum Anbieter von „Digital Lifestyle“ und das sehr konsequent. Ein uneitler Umgang mit Produkten ist dabei ebenso wichtig wie die Akzeptanz der Tatsache, dass gering bepreiste Produkte und Leistungen dann Sinn ergeben, wenn viele sie kaufen. Ganz nebenbei räumte Vilanek auch mit der Frage auf, ob man als Provider „mobilcom-debitel“ einen neuen Namen benötigte. Nein, so die Antwort, denn es käme nicht auf den Namen an. Mercedes-Benz, Rolls Royce und Hennes & Mauritz funktionierten schließlich auch.

Auch die Sichtweise auf Fakten ist entscheidend. 47 Prozent der Deutschen haben ein Smartphone. Eine gewaltige Zahl. Vilaneks Sicht: 53 Prozent der Deutschen haben KEIN Smartphone. Ein gewaltiges Potenzial.

In unseren Beratungsmandaten hinterfragen wir häufig traditionelle Geschäftsmodelle im Hinblick auf ihre Wachstumspotenziale. Nicht selten stellen wir fest, dass die Organisation über die Jahre Verhaltensweisen gelernt hat, die sie erst einmal kritisch in Frage stellen muss, will sie weiter wachsen. Dies aber setzt eine gewisse „innere Opposition“ voraus, denn es bedeutet, sich mit der Tatsache auseinanderzusetzen, dass das, was die Organisation zum derzeitigen Erfolg gebracht hat, vermutlich nicht das sein wird, was die Organisation zu ihrem künftigen Erfolg führen wird. Ein Umbruch im Denken, der starke Führung voraussetzt.

In eigener Sache: Das 11. Internationale Marken-Kolloquium wird am 18. und 19. September 2014 wie immer im Kloster Seeon im Chiemgau stattfinden. Erneut werden Vorstände, Geschäftsführer, Unternehmer und seniorige Markenverantwortliche zusammenkommen, um im vertrauten und vertraulichen Rahmen über Marke, Strategie, Führung, Wachstum zu sprechen. Eine Dokumentation der Veranstaltung gibt es nicht, um den Referenten zu ermöglichen, auch Dinge zu besprechen, die nicht für die große Öffentlichkeit bestimmt sind. Mehr zum Internationalen Marken-Kolloquium finden Sie hier. Der Really-Early-Bird-Tarif für 2014 ist noch bis 30. November 2013 verfügbar. Wir erlauben uns, den Teilnehmerkreis zu limitieren.

(c) 2013, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH

„Ich habe keine Schuld und Recht habe ich auch“ – Episode 3

Diese Rubrik auf meinem Blog (siehe Liste rechts) erfreut sich wachsender Beliebtheit, daher wird sie fortgesetzt. Nach Episode 1 (Telefongerätehersteller) und 2 (Fensterhersteller) heute nun …

Episode 3: Telefonkonferenzanbieter

Warnung: Langer Post, aber dennoch erkenntnisreich.

Meine monatlichen Telekonferenzen, in diesem Jahr „Formel 1 statt Linienbus – 9 Bausteine für profitables Wachstum“, haben inzwischen etwa 250 registrierte Abonnenten, die theoretisch alle zugleich live bei meinen Konferenzen dabei sein können. Daher brauchen wir einen stabilen Anbieter für Telekonferenzen.

Unser Anbieter, den wir seit vielen Jahren haben, glänzte in der letzten Zeit durch Minderleistung. Der Gipfel, am vergangenen Montag: „Kein Anschluss unter dieser Nummer“. Unsere Raumnummer war nicht verfügbar, ich selbst habe es nur über einen Umweg geschafft, hineinzukommen und wir waren genau zwei Teilnehmer – inklusive ich selber – in der Konferenz. Ein Unding, das nicht zum ersten Mal passierte.

Ich wies den Provider direkt am Abend auf die Minderleistung hin. Das Unternehmen entschuldigte sich nicht, sondern ließ mich wissen, dass es uns entweder eine Monatsgebühr gutschreiben würde (was sinnlos war, weil wir monatlich kündigen können) oder wir kündigen können (was aus ebengenanntem Grund sinnlos war) und man uns den Monatsbeitrag rückerstatten würde. Kein Wort der Entschuldigung. Schade.

Eigentlich war der Fall für mich erledigt, wechseln wollte ich aus Komplexitätsgründen nicht. Dann aber nahm das Unheil seinen Lauf, gestern im Dialog mit dem Geschäftsführer des Unternehmens, der das oben Genannte nochmals bekräftigte und ergänzte:

  • Provider: „In der Tat hatten wir am Montag komische Fehler … Wieso unsere Rufnummern … nicht mehr erreichbar sind, wissen wir … nicht, wir forschen. … [Wir] … untersuchen … mit allen möglichen Mitteln. Nur leider bedarf es … guter detaillierter Fehlermeldungen durch unsere Kunden.“ (Bedeutet: „Wir tun alles, aber unser Produkt ist eben noch nicht reif, wir brauchen Euch als Tester.“)
  • Ich: „… ist es zuviel verlangt, wenn Ihre Kunden davon ausgehen, dass sie keine Bananenprodukte, die beim Kunden reifen, erhalten?“
  • Provider: „… vielen Dank für die ‚Bananenprodukt-Einschätzung. Die ist leider ein totaler Fehlgriff und trifft mich persönlich, … alle weiteren Erklärungen machen keinen Sinn, bzw. treiben meine Emotionen hoch.“ (Bedeutet: „Hier geht es in Wirklichkeit gar nicht um Dich, Kunde, sondern um mich und mein Ego.“)

Dies geschah alles per E-Mail.

  • Ich versuchte, den Dienstleister telefonisch zu erreichen, weil man solche Dialoge nicht per E-Mail führt.
  • „Sie rufen außerhalb unserer Geschäftszeiten an.“ (Eine 01805 (!) Nummer, es war kurz nach 17.00 Uhr)
  • Ich informierte den Geschäftsführer per E-Mail, dass ich ihn gern sprechen wollte und hierließ meine Rufnummer.
  • Erfolglos. Eine Stunde später kündigte ich den Vertrag schriftlich zum 31.03. und verzichtete auf die angebotene Erstattung.

Eigentlich könnte die Geschichte hier zu Ende sein, aber weit gefehlt.

Ich erhielt umgehend eine Kündigungsbestätigung, aber nicht zum Monatsende, sondern zum Abend desselben Tages, es war inzwischen fast 19.30 Uhr. Glücklicherweise hatte ich noch einen Provider in der Hinterhand und bereits all meine Konferenzteilnehmer über neue Einwahldaten informiert. Ich schrieb dem Geschäftsführer, dass Mandat zum 31.03. und nicht zum 20.03. gekündigt hätte, dass dies aber ins Bild passe.

Ich hatte mit dem Thema abgeschlossen.

  • Der Geschäftsführer nicht. E-Mail um kurz nach halb Acht, heute Morgen: „… unsere Paketlaufzeiten sind immer 30 Tage und nicht ein Monat vom ersten bis zum letzten Tag. Daher passt es nicht in Ihr Bild, in unser System schon.“ (Übersetzt: „Ich habe keine Schuld, Recht habe ich auch und Du, Kunde, bist nicht von Belang, sondern unser System ist es.“)
  • Für mich war der Fall immer noch erledigt und ich antwortete nicht mehr.
  • Der Geschäftsführer gab nicht auf, weitere Mail, einige Minuten später: „… in Ihrer Rechnung vom 22.02.2013 sehen Sie ebenfalls, das [sic!, GQ] die Laufzeit des Raumes am 20.3.2012 [sic! GQ] endet. Gestern wurde gekündigt, damit war dann in unserem System der Vertrag zu Ende. Alles sehr kundenfreundlich!“ (Übersetzt: „Ich habe keine Schuld, habe Recht, und Du, Kunde, bist nicht nur nicht von Belang, sondern auch noch dumm.“)

Ich untersagte dem Geschäftsführer per E-Mail weitere Zusendungen an mich. Immerhin: Ich hatte Stoff für einen neuen Blog-Beitrag.

Was hätte geholfen?

  1. Ein Wort des Bedauerns, des Verständnisses.
  2. Erreichbarkeit.
  3. Telefonieren statt mailen.
  4. Ein einziger Versuch, den Kunden zu verstehen.

Das Unternehmen hat gestern mit uns – trotz einiger Wechselschmerzen – einen Kunden der ersten Stunde verloren. Wird es das verschmerzen? Ja, aber nur solange dieses Verhalten ein Einzelfall bleibt, was ich bezweifele.

(c) 2013, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH