Mandat Wachstums-Wochenstart Nr. 360: Die Welt verstehen
Ich schreibe diesen Wochenstart, während ich im 45. Stock unseres Hotels sitze, meinen Blick über die Skyline von New York schweifen lasse, kurz vor einem Treffen mit Freunden und Kollegen zum Dinner und anschließendem Theaterbesuch. Von unten tönt das ewige Rauschen des Verkehrs, das Heulen der Sirenen, das Hupen (überall steht „Don’t honk!“) durch die Häuserschluchten nach oben. Wir kommen gerade von einem Ausflug zu Saks on 5th Avenue und der heutige Tag mit Arbeit und Freizeit hat mich zu diesem Wochenstart inspiriert.
Wenn man mit Deutschen über US-Amerikaner spricht, hört man häufig, sie seien oberflächlich. Das ist nachweislich falsch. Es ist einfach eine andere Art der Kommunikation. Auf „How are you today?“ will niemand eine wirklich relevante Antwort. Alles außer „Good, thanks“, „Excellent“ oder „Great, how are you?“ will niemand hören. Es geht nicht darum, herauszufinden, wie es jemandem geht, das diskutiert man unter Freunden, nicht unter Fremden, es ist schlicht eine freundliche Floskel, die aber nichts mit Oberflächlichkeit zu tun hat.
Beim Mittagessen heute haben wir diskutiert, was Amerikaner von Deutschen lernen können und umgekehrt – ein tolles Thema und wir waren uns einig, über das, was aufkam, von der Mehrsprachigkeit, die viele Deutsche haben und die US-Amerikaner gerne hätten, über die positive Haltung, die wir in den USA oft feststellen, die uns in Deutschland mitunter abhanden gekommen ist, über die Erfordernis, mehr über die Welt zu kennen, bis hin zu den Vor- und Nachteilen der politischen Systeme. Außerdem habe ich hervorgehoben, dass meiner Beobachtung zufolge hier mehr gefragt wird, als bei uns in Deutschland, was dazu führt, dass Konversationsstoff nie ausgeht. Ich habe noch keine ins Stocken geratene Konversation in den USA erlebt.
In Deutschland sprechen wir viel über Migration, Geflüchtete, über Integration. Das wird auch in den USA diskutiert, aber bleibt man einige Minuten auf 5th Avenue stehen (was je nach Tag und Uhrzeit unmöglich sein kann), geht die ganze Welt an einem vorbei und zwar binnen zehn Minuten. In Meetings, finde ich, geht man selbstverständlicher miteinander um, egal welche Hautfarbe oder Herkunft jemand hat.
Das, was man in Deutschland über „die USA“ hört, ist häufig geprägt durch Leute, die noch nicht ausgiebiger in den USA waren, teilweise – insbesondere im privaten Bereich – gar nicht. Man hat halt etwas gehört, man sieht Nachrichten, man liest über einen Präsidenten und man bildet sich seine Meinung, irgendwann sind die Meinungen vermeintliche Fakten und – voilà – das Vorurteil ist eine Tatsache. Das ist nicht nur dumm, das ist auch gefährlich, weil man ein verzerrtes Weltbild erhält. Gleiches gilt für China, Russland, Afrika, man vervollständige die Liste beliebig.
Was hat das alles mit Wachstum zu tun?
Eine ganze Menge, denn erstens kann gesundes unternehmerisches Wachstum nur mit dem Anspruch geschehen auch persönlich zu wachsen und dazu gehört, die Welt auf Basis von Erfahrungen zu verstehen und nicht Vorurteile zu Tatsachen zu machen und zweitens geschieht im Mikrokosmos des Unternehmens oft genau dasselbe: Man hat zwar keine eigene Beobachtung gemacht, aber man hat etwas gehört, sieht sich im Einzelfall bestätigt und macht eine (vermeintliche) Tatsache daraus. Unternehmenslenker müssen hier auf der Hut sein und etwas ganz Wichtiges tun, nämlich ihren Mitarbeitern helfen, die (Unternehmens-)Welt zu verstehen: Den anderen Bereich, über den Gerüchte kursieren, die wirklichen Kundenbedürfnisse, von echten Kunden vorgetragen und so fort. Sie müssen ihren Mitarbeitern helfen, Beobachtungen und Erfahrungen zu machen, statt Ahnungen zu manifestieren.
Wenn also das nächste Klischee bedient wird, wenn das nächste Gerücht aufkommt, gebieten Sie Einhalt und sorgen Sie dafür, dass Ahnung durch Erfahrung – mindestens aber durch Beobachtung – ersetzt wird. Die Kernfrage dazu: „Woran machen Sie das fest?“
Auf eine gute Woche!
Ihr und Euer
Guido Quelle
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© 2019, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH, Dortmund, London, New York.
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