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Mandat Wachstums Wochenstart Nr. 624: Wenn die Tinte trocken ist

Wie häufig haben wir das schon erlebt: Ein Unternehmen möchte ein anderes Unternehmen übernehmen oder eine Kooperation oder eine Fusion oder ein Joint-Venture starten. Ganz abgesehen davon, dass die Wortwahl hier sehr entscheidend ist, denn eine Übernahme ist keine Fusion und eine Kooperation keine Übernahme und jeweils umgekehrt, werden sooo viele Fehler – die vielfach vermeidbar sind – gemacht, dass man nur staunen kann. Nein, das ist keine Schlaubergerei, sondern vielfach im Voraus absehbar und damit vermeidbar.

Es wird zum Beispiel enorm viel Zeit damit verbracht, rechtliche Dinge zu regeln, das ist wichtig, kommt aber oft zu früh. Der erste oft beobachtete Fehler ist, dass die Rechtsfragen geklärt werden, bevor die Inhaltsfragen klar sind. Es gilt: Inhalt triggert rechtliche Gestaltung, nicht umgekehrt. Gleiches gilt für Steuerfragen. Zweitens herrscht nicht selten von Beginn an Misstrauen, der jeweils andere könnte den Partner über den Tisch ziehen wollen. Wenn man das Gefühl hat, sollte man unverzüglich stoppen. Drittens wird zu früh zu viel Zeit im Datenraum verbracht, statt sich über die relevanten Dinge auszutauschen. Viertens … ach, wir lassen das hier, das ist nicht der Raum für Beratung. Ich könnte noch ein Dutzend weitere Themen aus unserer Erfahrung aufzählen.

Wenn dann aber endlich alles in trockenen Tüchern ist – besser: zu sein scheint –, wenn die Tinte trocken ist, dann wird der immer wieder und immer noch festzustellende Kardinalfehler begangen: Die Aufmerksamkeit der Unternehmensspitzen lässt nach, nächstes Thema, ab mit der Ausführung in die Organisation, der Berichtsweg ist ja klar.

Milliarden gehen auf diese Weise verloren. Jedes Jahr. Die Reibungsverluste sind irrsinnig hoch und dabei wäre doch so vieles vermeidbar. Nein, nicht alles, aber vieles. Wenn – ja, wenn – man nur über die Ziellinie, über die Unterschrift hinausdenken würde, wie ein guter Läufer, der nie nur bis zur Ziellinie denkt, sondern immer darüber hinaus, weil er weiß, dass er sonst den Sieg im kompetitiven Umfeld verschenkt.

Nun denken Sie vielleicht, das betrifft mich nicht, uns nicht, wird es auch in absehbarer Zeit nicht, was schreibt der Quelle da an diesem Montag für ein gehobenes Zeug, wir wollen keine Übernahme, keinen Verkauf, keine Fusion, keine Kooperation, wir wollen nur arbeiten.

Gut, ok, einverstanden.

Dann schauen Sie bei Ihrem nächsten internen Projekt, ob sich die Prinzipien nicht vielleicht ähneln. Es wird analysiert, konzipiert, strukturiert, geplant, Bedenken werden abgewogen, das Konzept wird präsentiert, die Unternehmensführung gibt ein „Go!“.

Die Tinte ist trocken.

Und was passiert dann?

 

Auf eine gute Woche!

Ihr und Euer

Guido Quelle

Wenn aus 1 plus 1 nicht einmal 2 wird: Deutsche Bank plus Commerzbank – noch keine gute Idee

Das Wachstumspotenzial von Fusionen

Was wird nicht alles im Vorfeld einer möglichen Fusion fabuliert. Ein großes, neues Unternehmen wolle man schmieden, wettbewerbsfähig bleiben oder (wieder) werden, nicht zu vergessen, die „Synergien“, die sich ergeben. Nicht selten reagieren die Märkte auf Fusionsankündigungen mehr oder minder euphorisch, oft eher als Reflex.

Viele Fusionen bleiben, wenn sie denn überhaupt stattfinden deutlich – teilweise sogar existenzbedrohend deutlich – hinter den Erwartungen zurück. Die Synergien treten nicht ein, weil es sie entweder gar nicht gibt oder weil die Potenziale, die gehoben werden durch andere Maßnahmen wieder zunichte gemacht werden und das Geschäftsmodell fehlt nicht selten völlig, weil man sich nur auf Größe und das Prinzip Hoffnung fokussiert. Weder das eine noch das andere ist ein belastbares Fundament für erfolgreiches Wachstum.

Aktuelles Beispiel: Deutsche Bank und Commerzbank.

Diesem Vorhaben fehlt derzeit die notwendige Bedingung für eine am Markt erfolgreiche Fusion mit Wachstumspotenzial, nämlich das Geschäftsmodell. Aus zwei schwachen Unternehmen wird nicht ein starkes und wenn Fusionsdruck aus dem Berliner Regierungsviertel ausgeübt wird, ist das nicht unbedingt ein Vorteil, denn hier wird das Wort „Ego“ zu oft groß und die wirtschaftsstrategische Kompetenz zu häufig klein geschrieben. Brauchen wir wirklich eine marktbedeutende, große deutsche Bank?

So stellen wir derzeit also fest, dass noch nicht erkennbar ist, wo der Kundenvorteil einer solchen Fusion liegt – Kunststück, denn es gibt ihn schlicht nicht. Wir beobachten auch, dass über Synergien fantasiert wird, was die Gewerkschaften und Arbeitnehmervertretungen natürlich schon auf die Barrikaden treibt und was dazu führt, davon dürfen wir valide ausgehen, dass sich alle Mitarbeiter in beiden Instituten darüber Gedanken machen ob und in welcher Weise sie selbst von einer Fusion betroffen sein werden.

Grundsatzfragen und Sinnhaftigkeit

Ganz unabhängig davon, ob die Szenarien eintreten, kosten diese Gedanken und Gespräche erhebliche Wachstumspunkte am Markt, denn wenn man die eigene wirtschaftliche Existenz bedroht sieht, ist einem das Hemd näher als der Rock, man ist schlicht nicht so leistungsfähig. Zudem dürfen wir davon ausgehen, dass das Hauen und Stechen erst richtig beginnt, wenn die Tinte unter einem möglichen Vertrag trocken ist, das kennen wir als Berater aus Post-Merger-Integration-Projekten, also Projekten, die nach der Übernahme von Unternehmen oder nach Fusionen den Integrationserfolg sicherstellen sollen, sehr gut.

Nicht genug damit. Jüngst wird bereits kolportiert, die Zusammenlegung der IT würde ein Vermögen kosten. Jetzt sind wir endgültig im abgrundtiefen „Wie“ einer Fusion, bevor das „Ob“ überhaupt auch nur annähernd geklärt ist.

Dieses „Ob“, die Grundsatzfrage der Sinnhaftigkeit der Fusion der Deutschen Bank mit der Commerzbank muss aber zunächst geklärt werden und die Antwort darf nur positiv sein, wenn ein Kundenvorteil entsteht, der zu gesundem, profitablen Wachstum führt. Wenn Kostenüberlegungen oder gar politische Überlegungen dominieren, ergibt sich marktwirtschaftlich daraus noch kein Sinn. Man kann sich das Wachstum nicht ersparen – im doppelten Wortsinn. Die handelnden Beteiligten sollten also zunächst über die Marktstrategie sprechen und sich ohne Schönfärberei überlegen, ob sie durch eine Fusion wirklich Marktvorteile erzeugen. Wenn nur Kostenvorteile erzeugt würden, stünde das fusionierte Unternehmen in wenigen Jahren wieder vor einem Scherbenhaufen, aber dann ist in Deutschland niemand mehr zum Fusionieren am Markt. Es bedarf nicht des Addierens, es bedarf der intelligenten Neukonfiguration.

Eines noch: Die Politik möge sich aus den Diskussionen idealerweise heraushalten, denn Politik und Staat haben noch nicht nachgewiesen, dass sie auch gute Unternehmer sind.

Ihr und Euer

Prof. Dr. Guido Quelle

 

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Wachstumskolumne: Expansion – Chance oder strategischer Irrtum?

Wenn es um Wachstum geht, ist man schnell bei den folgenden Themen angelangt: regionale Expansion, vielleicht sogar Internationalisierung, Unternehmensübernahme, Kooperation, Fusion, Aufbau neuer Geschäftsfelder. Zu häufig, indes, führen diese Gedanken bestenfalls in die Irre, schlechtestenfalls in eine strategische und operative Falle.

Lesen Sie weiter und klicken Sie hier für das kostenfreie PDF. Dies ist ein Beitrag aus meiner monatlichen Wachstumskolumne im Schweizer KMU-Magazin. Mit herzlichem Dank an das KMU-Magazin für die Überlassung des PDFs.

© 2014, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH, Dortmund, London, New York.***