Zehn Fragen, auf die ich noch keine sinnvollen Antworten gefunden habe – eine persönliche, unpriorisierte Liste

  • Warum gibt es selbst in Top-Hotels berührungslose Seifenspender in den Waschräumen, aber manuelle Einhebelmischer?
  • À propos Hotels: Wer vergibt eigentlich diese sinnlosen Hotelsterne, wenn es doch so große Unterschiede zwischen zwei 5-Sterne-Hotels in Deutschland gibt?
  • Warum geben manche Autofahrer–offenbar mit Automatik-Getriebe–Gas und bremsen gleichzeitig?
  • Warum haben Dyson-Händetrockner nicht schon längst die Papiertücher und die überflüssigen Plagiate abgelöst?
  • Wer braucht mehr Zeiger auf einer Uhr, als einen?
  • Wie kann man mit ein wenig Intelligenz darauf kommen, dass die DDR kein Unrechtsstaat gewesen ist?
  • Wie kann man auch nur mit ein wenig Grips sagen, dass früher alles besser war?
  • Wer glaubt wirklich noch daran, dass extrinsische Motivation möglich ist?
  • Was sind die genauen Argumente, die dazu führen, dass betreutes Lesen (PowerPoint®) immer noch seinen Platz hat?
  • Warum werden Top-Leute, die meinen, dass die Konjunktur, das Wetter, der böse Wettbewerb oder der doofe Kunde Schuld am eigenen Nicht-Wachstum hat, geduldet?

„Five Minutes for Growth“ – Die Mandat Wachstums-Videoserie, Staffel 1 – Ab 13. Januar 2015 wöchentlich ein etwa 5-minütiges Video zu persönlichem und unternehmerischen Wachstum. Eine Episode verpasst? Kein Problem, Links werden bereitgestellt. Das Beste: Wenn Sie sich bis zum 30. November 2014 verbindlich anmelden, sind Sie automatisch kostenfrei für die Telekonferenz „Bewirken statt Bedenken – warum sich nichts ändert, wenn Sie nichts ändern“ als Start für 2015 registriert. Zur Information und Registrierung klicken Sie hier. Die kostenfreie „Episode 0“ gibt es hier zu sehen.

© 2014, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH, Dortmund, London, New York.

Streikendes Flugpersonal: Das Maß ist übervoll. Austrian Airlines handelt verantwortungslos.

Nicht nur in Deutschland kann offenbar jeder lustig streiken, wie er will, ohne Rücksicht auf Angemessenheit, auf den Schaden, auf irgendetwas oder irgendwen, Hauptsache es entsteht ein eigener Nutzen. In Österreich ist das nicht anders. Nachdem etwa 100 Passagiere am Gate eine halbe Stunde nach eigentlicher Zeit immer noch auf das Boarding ihres Flugs von Wien nach München warten, folgt die Durchsage: OS 113 ist wegen einer Gewerkschaftsversammlung gestrichen. Man möge sich an Gate F2 um Ersatz kümmern.

Ich natürlich mittendrin. Ein Witz? Mitnichten.

Nur der Senator-Status und das Business Class Ticket haben dafür gesorgt, dass ich überhaupt zeitnah umbuchen konnte. Auf Austrian Airlines habe ich dankend verzichtet, das möchte ich heute nicht nochmal erleben. Jetzt also Lufthansa, das ist zwar der gleiche Verein, aber die streiken heute mal nicht. Es geht demnach zwei Stunden später nach München, als geplant.

Das wäre nicht so schlimm, könnte man meinen …? Wie man es nimmt: Am Flughafen München wartet ein Klient auf mich, ein Fahrer ist bestellt, um uns abzuholen und heute Abend geht es im Kloster Seeon mit dem inoffiziellen Auftakt des 11. Internationalen Marken-Kolloquiums los, dessen Gastgeber ich bin.

Also: Fahrer umgebucht, Klient wartet geduldig, Team ist informiert und ich komme zwei Stunden später als meine Gäste ins Kloster Seeon.
Wer heutzutage, auf diesem Wohlstandspolster, das wir haben, in den Berufen, um die es hier geht, streikt, handelt verantwortungslos. Wohin soll das führen?

Wobei – eigentlich ist das ein super Argument, Business Class Tickets zu verkaufen: „Wenn wir streiken (was wir oft genug tun), können Sie mit höherer Priorität umbuchen.“ Ha!

© 2014, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH, Dortmund, London, New York.

Compliance – die nächste Stufe des Wahnsinns

Diejenigen von Ihnen, die regelhaft mein Blog lesen, wissen, dass mir der Vorsitzende der Geschäftsführung eines bedeutenden deutschen Unternehmens ein Buch von mir, in das ich ihm eine persönliche Widmung hineingeschrieben habe, zurücksandte, mit der Bemerkung, dass die Complianceregeln seines Unternehmens ihm verbieten, das Buch anzunehmen. Mit Verlaub – eine völlig idiotische Regelung.

Während eines Business-Lunches, zu dem ich als Wachstumsexperte geladen war, um ein wenig über unternehmerische Hebel für Wachstum zu sprechen, brachte einer der Teilnehmer ein weiteres Beispiel ein: Einige seiner Lieferanten, so berichtete der Geschäftsführer, haben sein Unternehmen aufgefordert, nicht mehr nur keine Weihnachtsgeschenke mehr zu senden – was das Unternehmen schon seit Jahren nicht mehr tut –, sondern auch keine WeihnachtsKARTEN mehr. Es handelte sich nicht nur um einen Lieferanten, sondern um mehrere. Ist das herrlich?

Wenn es so weit gekommen ist und wir uns mit so einem harnebüchenden Unsinn beschäftigen, können wir wirklich gar nichts anderes mehr zu tun haben. Compliance birgt die Gefahr einer Spielwiese für Welt- und Geschäftsfremde, für Entrückte, für Millimetergenaue und die Menschen bekommen auch noch Geld dafür. Lasst die Geschäftsfremden nicht die Oberhand gewinnen, sie bremsen uns aus, lasst lieber Angemessenheit und Augenmaß walten.

© 2014, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH, Dortmund, London, New York.

Zwangsbeglückung, oder: Vom Umgang mit E-Mails

Die im Sommerloch kursierende Nachricht, dass Daimler ermöglichen will, dass E-Mails, die im Urlaub eines Mitarbeiters eingehen, direkt gelöscht werden, löst – vorsichtig formuliert – eine noch größere Verwunderung aus, als das Abschalten des E-Mail-Servers bei Volkswagen nach einer bestimmten Uhrzeit am Abend. Man stelle sich vor, man sendet eine E-Mail an einen Mitarbeiter eines Unternehmens und erhält folgenden Autoresponder: „Sehr geehrter Absender, ich bin derzeit im Urlaub, mein Stellvertreter ist …, den Sie unter … erreichen. Ihre E-Mail an mich wird nicht weitergeleitet, sondern wurde automatisch gelöscht.“ Ich würde mich fragen, ob es der 1. April wäre.

Kaum ein Thema beherrscht in Sachen digitaler Technologie die Medien derzeit mehr als der Umgang mit Smartphones im Allgemeinen und mit E-Mails im Besonderen. Die Zwangsbeglücker sind schnell auf der Bühne und es gibt pauschale Beglückungsprogramme: Server ab einer gewissen Uhrzeit abschalten, E-Mails im Urlaub löschen lassen, was darf es sein? Mit Verlaub: Eingehende Briefe, Faxe, von Kollegen oder Projektpartnern abgegebene Aktenordner können auch nicht einfach „gelöscht“ werden. Das wurden sie auch nie.

Versäumt wird bei den gutmenschlichen Beglückungsversuchen, auf die Selbstständigkeit der Mitarbeiter zu setzen. Statt dass Führungskräfte in ihre Pflicht zu führen auch integrieren, dass sie sich mit ihren Mitarbeitern gemeinsam über den Umgang mit E-Mails und auch mit der Menge eingehender E-Mails verständigen, gibt es das volle Programm der Bevormundung.

Wie wäre es mit folgendem Konsens in einem Unternehmen:

  • E-Mails werden nur gesendet, wenn es erforderlich ist,
  • E-Mails werden nicht zur Diskussion wichtiger Dinge genutzt,
  • ein „CC“-Verteiler wird nicht zur Absicherung des eigenen Tuns genutzt,
  • „BCC“ findet nicht statt,
  • jede Person entscheidet eigenständig, ob und wann sie eine E-Mail sendet,
  • jede Person entscheidet eigenständig, ob sie außerhalb der Arbeitszeit E-Mails abruft
  • es besteht keine Pflicht zur Beantwortung von E-Mails außerhalb der Arbeitszeit (so auch im Urlaub), es sei denn, es wurde ausnahmsweise projekt- oder themenbezogen etwas Abweichendes vereinbart,
  • wenn es ausnahmsweise etwas wirklich Wichtiges gibt, das den Einbezug einer im Urlaub befindlichen Person erfordert, erfolgt der Kontakt per SMS oder Telefon.

Dies erfordert natürlich den gemeinsamen Dialog über „wichtig“ und „unwichtig“, es erfordert eine gemeinsame E-Mail-Kultur. Bei der obigen Liste handelt es sich um unaufgeschriebene aber thematisierte Empfehlungen, wie sie in meinem Unternehmen existieren und – viel besser: auch funktionieren.

© 2014, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH, Dortmund, London, New York.

Die persönliche Sicht: Unglaubwürdig oder scheinheilig?

Im Stadtverkehr: Ich schaue interessiert auf ein Elektro-Auto, mit Öko-Aufkleber und „Atomkraft? Nein Danke“. Die beiden Aufkleber ignoriere ich (wenngleich ich mich schon frage, welches Windkraftwerk denn das Auto bestromt) aber das Auto finde ich nett. Richtig schick. Dann geschieht es: Der Fahrer des Fahrzeugs hält den Arm heraus und schnippt seine Zigarettenkippe auf die Straße. Adieu, gutes Image, willkommen Öko-Scheinheiligkeit.

E-Auto-Fahrer, die Kippen auf die Straße schnippen, Sozialisten, die den Elysée-Palast und dessen Annehmlichkeiten schätzen, lieben und diese Annehmlichkeiten – auf Kosten des Volkes – auch auszubauen wissen, Linke, die Wasser predigen und Wein trinken: Es ist mindestens unglaubwürdig und in vielen Fällen nenne ich es scheinheilig. Entweder–oder, ganz oder gar nicht. Wenn ich möchte, dass alle gleich sind, kann ich nicht gleicher sein. Animal Farm lässt grüßen. Wenn ich akzeptiere, dass es Unterschiede gibt, geben muss und geben soll, kann ich nicht Gleichheit predigen. Wenn ich Öko vorleben will, kann ich nicht mutwillig vermeidbare Umweltverschmutzung begehen, ohne dass die Glaubwürdigkeit leidet.

Drum prüfe, wer eine Position hart vertritt. Vielleicht ist das Glashaus in dem man sitzt, kleiner, als man denkt.

© 2014, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH, Dortmund, London, New York.

Die persönliche Sicht: Berufspolitiker

Das Berufsbild „Politiker“ wird immer mehr zur Realität. Zunehmend finden wir in Parlamenten Menschen wieder, die keinen anderen Beruf gelernt haben, als den des Politikers, man schaue sich auch einmal die Wahlzettel an. Ich würde es begrüßen, wenn Politiker aus eigener Erfahrung wüssten, wovon sie sprächen. Jemand der etwas zu Gunsten oder zu Lasten von Unternehmen verabschieden lassen möchte, sollte einmal Unternehmer gewesen sein, um nur ein Beispiel zu nennen. Hört man manchen – auch durchaus exponierten – Politikern zu, erkennt man, dass diese mit einer derartigen Distanz zum Thema sprechen, die nur nahelegen kann, dass die Auswirkungen des Vertretenen nicht bekannt sind. Schade.

Ein Tennistrainer muss nicht selbst der beste Spieler sein, aber er muss die Technik und die Regeln kennen und muss sich in einem Spiel beweisen können. Oder würden Sie ein Greenhorn anheuern, wenn Sie das Tennisspiel erlernen wollten? Warum tolerieren wir dann, dass Politiker „Karriere“ machen, die in der Wirtschaft noch nicht einen Cent verdient haben?

© 2014, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH, Dortmund, London, New York.

Die persönliche Sicht: Mindestlohn

Mein Friseursalon, ein Filialsystem, hat den Preis für einen Herren-Haarschnitt (Waschen, Schneiden, „Stylen“–meint „Fönen“) um 30 Prozent (Dreissig Prozent) erhöht. Als mir die Friseurin den neuen Preis nannte, sagte sie gleich dazu „wegen Mindestlohn“. Ich lachte. Abgesehen davon, dass der Filialist hier die Gunst der Stunde zu einer saftigen Preiserhöhung genutzt hat, die mitnichten durch den Mindestlohn zu rechtfertigen ist, werden sich unter anderem folgende Konsequenzen einstellen:

  1. Die Zeiten zwischen den Friseurgängen werden sich verlängern.
  2. Es werden Leistungen selbst durch Kunden übernommen: „Nein, danke, ich föne selbst“, oder „Waschen ist nicht nötig, ein Trockenschnitt genügt.“
  3. Das Trinkgeld (Cash!) wird spärlicher.
  4. Die Schwarzarbeit durch nahezu unüberpüfbaren Haarschnitt daheim wird blühen.

Gut, dass wir ein ideologisch getriebenes Prinzip (wider besseren Wissens) durchgesetzt haben. Frau Nahles, vielen Dank für dieses besonders potente Beispiel mangelnden Systemdenkens. Wer, glauben Sie, wird die mangelnde Auslastung bezahlen? Dreimal dürfen Sie raten.

© 2014, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH, Dortmund, London, New York.***

Die persönliche Sicht: Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Beschäftigte, Auszubildende: Alles keine Zufallsbegriffe

Manchmal lohnt es sich, sprachlich genauer hinzusehen – oder hinzuhören, ganz nach Präferenz –, denn viele Begriffe sind meiner festen Überzeugung zufolge weder Zufälle noch ist deren Bedeutung im Bewusstsein der meisten Menschen präsent. Schauen wir einmal:

  • Arbeitgeber: Ein Arbeitgeber gibt jemandem Arbeit. Ein überholter Begriff. Der Einzige, der entscheidet, ob ein Unternehmen Arbeit hat, oder nicht, ist der Kunde. „Arbeitgeber“ ist ein ideologisch geprägter Begriff.
  • Arbeitnehmer: Ein Arbeitnehmer nimmt Arbeit (natürlich von einem Arbeitgeber). Er ist eher passiv (denn Nehmen setzt natürlich eine Aktion voraus, aber die Alternativen sind dünn: Ich kann etwas nehmen, oder ich kann es lassen). Arbeitnehmer sind klassischerweise also abhängig von jemandem. Sie müssen also beschützt werden. Ein ideologisch geprägter Begriff.
  • Beschäftigte (ersatzweise auch „abhängig Beschäftigte“): Einen wesentlich passiveren Begriff für Menschen, die eine Arbeit verantwortlich ausführen sollen, kenne ich kaum. Auch ideologisch geprägt.
  • Auszubildende: Früher waren es Lehrlinge. Ich fand den Begriff nicht schlecht und sah keinen Änderungsbedarf. „Auszubildende“ sind auszubilden, natürlich wieder von jemandem, von dem sie abhängig sind. Und natürlich sind sie zu beschützen. Ideologie ist hier im Spiel, nichts anderes.

Wir könnten fortfahren, aber es ist nicht nötig, um meinen Punkt zu machen: Wir brauchen, wenn wir weiter erfolgreich wachsen wollen, ein neues Verständnis der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Mitarbeitern (Mitarbeiter arbeiten übrigens entgegen Beschäftigten an dem Unternehmenserfolg mit). Wir brauchen eine Ent-Ideologisierung, was den Gewerkschaften und den anderen Lager-Befürwortern nicht passen dürfte, aber es muss ausgesprochen werden. Wir müssen wieder mehr Verantwortung auf den Einzelnen übertragen und davon wegkommen, zu meinen, dass wir zwangsbeglückt werden müssen. Wir brauchen das Recht, Fehler zu machen, zu scheitern und das Recht etwas richtig zu machen und dramatischen Erfolg zu haben.

Dafür brauchen wir aber keine Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Beschäftigte, Auszubildende. Dafür brauchen wir tolle Unternehmen, aktive, loyale, nach vorne denkende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Menschen, die etwas lernen wollen. Wir brauchen keine Ideologie in unserer Sprache.

© 2014, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH, Dortmund, London, New York.***

Die persönliche Sicht: Steuerliche und ideologisch geprägte Wegelagerei

Die SPD hat endlich wieder einmal deutlich gemacht, warum wir „sozialdemokratisch“ besser direkt mit „sozialistisch“ übersetzen sollten, ohne den Umweg eines Euphemismus. Die Partei setzt sich deutlich dafür ein, die Kapitalertragsteuer abzuschaffen und stattdessen Kapitalerträge mit dem persönlichen Steuersatz zu versteuern. Ein absolutes Unding. Warum?

  1. Erinnern wir uns: Bundesregierungen wurden nicht müde, dem Wahlvolk zuzureden, dass man doch selbst für seine Alterssicherung – additiv zur erodierenden Rentenaussicht – sorgen möge. Aktienfonds böten sich dazu an. Gesagt, getan, denn die Erträge waren ja steuerfrei. Dann kam die Kapitalertragsteuer und – schwupps – waren die danach folgenden Erträge aus Neuinvestitionen (oder thesaurierten Anteilen) mehr als ein Viertel weniger wert. Genauer: 26,375% ohne Kirchensteuer. Ich nenne das Vertrauensbruch.
  2. Wenn nun nach dem Willen der sozialistischen Umverteilungsbefürworter die Kapitalerträge mit dem persönlichen Steuersatz von bis zu 45% (der ja natürlich auch noch erhöht gehört) versteuert werden, beträgt die Abgabenlast bis zu 47,475% ohne Kirchensteuer. Ein „großartiges“ Konzept, das insbesondere auch diejenigen, die tatsächlich den Rat ernst genommen haben, selbst für das Alter vorzusorgen, treffen wird.

Darf ich nebenbei daran erinnern, dass das der Kapitalinvestition zugrundeliegende Geld bereits einmal versteuert wurde? Überdies ist das Argument, dass die Kapitalertragsteuer eingeführt wurde, um die Steuerehrlichkeit zu erhöhen und dass nun angesichts der europaweit zunehmenden Schließung von Steuerschlupflöchern und der zunehmenden Eintreibung von Kapitalerträgen weniger Möglichkeiten existierten, Kapitalertragssteuern zu hinterziehen, ein ganz schlechtes, denn das bedeutet ja, dass sich die eingetriebenen Steuerbeträge bereits jetzt erhöhen. Wozu soll man dann die Sätze erhöhen? Richtig: Um sogenannte „Gerechtigkeit“ zu erzeugen, die wieder einmal mit „Gleichmacherei“ verwechselt wird.

Jetzt noch die ernüchternde Rechnung für Unternehmer:

  • Ein GmbH-Gesellschafter führt seiner GmbH frisches Eigenkapital in Höhe von 100.000 Euro zu. Das Kapital stammt aus versteuertem Einkommen. Für die 100.000 Euro erwartet der Gesellschafter eine jährliche Verzinsung von – konservativen – 10 Prozent nach Steuern.
  • Heute muss eine Dortmunder GmbH, sollen 10.000 Euro zusätzlich netto beim Investor ankommen, etwa 20.215 zusätzlichen Gewinn erwirtschaften (15,83% Körperschaftssteuer inkl. Soli, 16,975% Gewerbesteuer (Hebesatz 485) inkl. Soli, 26,375% Kapitalertragsteuer inkl. Soli beim Investor). Die Kirchensteuer geht von den 10.000 Euro noch ab.
  • Unterläge der Investor dem persönlichen Steuersatz von 45% und würden Kapitalerträge derart besteuert, müsste die GmbH bei gleichem Renditeanspruch 28.335 Euro zusätzlichen Gewinn erwirtschaften, also über 40% mehr. Dass die GmbH dies durch spontan gefundenen, zusätzlichen Umsatz erzielt, ist eher unwahrscheinlich. Ob die Rendite dann aus den Kosten kommen wird? Ob dies wohl Arbeitsplätze kosten wird? Nein, nein, sicher nicht, denn es kann ja nicht sein, was nicht sein darf.

Man komme mir jetzt bitte nicht mit dem Argument, eine Rendite von 10 Prozent nach Steuern sei überzogen. Erstens handelt es sich stets um Risikokapital, zweitens müsste der Investor es nicht tun und drittens – am wichtigsten: Die resultierende Differenz von 40% ist unabhängig von der Höhe der Renditeerwartung.

Die F.A.Z. sprach vor kurzem von möglicher Demenz in der Rentendebatte. Diese Annahme von Demenz liegt in der Steuerdebatte durchaus auch nahe.

© 2014, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH, Dortmund, London, New York.***

Risiko oder Zwangsbeglückung: Was ist Ihnen lieber?

Jawohl, das Leben ist gefährlich, zumindest, wenn man denjenigen glaubt, die sich nur auf die Risiken konzentrieren. Was kann nicht alles passieren. Aber: Die meisten der Dinge, die passieren können, werden nicht passieren, sie werden schlichtweg nicht eintreten. Diese Tatsache schützt uns aber nicht vor den Zwangsbeglückern, die nicht müde werden, jeglichen Fall eines möglichen Eintretens regeln zu wollen.

Wir können uns nicht vor allem schützen. Das Leben birgt ein gewisses Restrisiko, das insbesondere in Deutschland vergleichsweise gering ist. Die Regelungswut indes steigt – zumindest gefühlt – stetig an. Gespräche über Helmpflicht auf Fahrrädern, ausufernde Tempo-30-Zonen in völlig unsinnigen Bereichen, Mails, die nur noch bis 18 Uhr und dann wieder ab 7 Uhr zugestellt werden, die Liste lässt sich beliebig verlängern. Statt auf die Steigerung des Urteilsvermögens der Bürger zu setzen, statt darauf zu setzen, die Einschätzung von Gefahren zu lernen, werden wir durch Vorschriften zwangsbeglückt, um uns vor einer unausweichlichen Katastrophe zu schützen. Dabei sind Unternehmen inzwischen nahezu genauso aktiv, wie der Gesetzgeber.

Ich würde mir wünschen, dass mehr Wert auf das Vermitteln von Zusammenhängen gelegt wird. Ich würde mir wünschen, dass der Bürger oder der Mitarbeiter ernst genommen wird und dass man mehr Zeit mit Überzeugung als mit dem Schaffen von Regeln und Gesetzen verbringt. Das ist langwieriger, aber lohnender.

Wie sagte mir Hans Andersson, seinerzeit Länderverantwortlicher in Südkorea und in Japan für H&M, just zu Zeiten des Tsunamis und der Fukushima-Katastrophe in einem unserer Gespräche? „Herr Quelle, einen Tsunami können Sie nicht regeln, da müssen Sie sich auf die Unternehmenswerte und das Urteilsvermögen der Führungskräfte verlassen, um das Richtige zu tun.“

Dem ist nichts hinzuzufügen.

(c) 2014, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH, Dortmund, London, New York.