CEO-Tipp des Monats Dezember 2016: Alles hat seine Zeit – auch die Wachstumspause

CEO-Tipp

Als Wachstumsexperten werden wir häufig gefragt, ob Wachstum denn tatsächlich dauerhaft und immer notwendig sei. Wir antworten stets „Jawohl“ – nicht zur Freude aller. Dieses „Jawohl“ ist der Tatsache geschuldet, dass wir der aus Hunderten von Projekten Erfahrung sowie aus unserer Forschung stammenden Überzeugung sind, dass gesundes profitables Wachstum auf der langen Achse der Zeit zwingend ist, um sich weiterzuentwickeln. Das Gegenteil hat uns noch niemand nachgewiesen und der Wohlstand, an dem in unserem extrem sozialen System nahezu alle teilhaben ist ein Resultat dieses Wachstums. Es ist unternehmensunspezifisch, volkswirtschaftsunspezifisch, weltweit gültig. Wirkliches Wachstum kennt keine Verlierer.

Es ist die Frage statthaft, ob bei einer detaillierteren Betrachtung auch Wachstumspausen ihre Berechtigung haben können. Die Antwort ist: „Jawohl“. Wann? Hier sind Anlässe für berechtigte Wachstumspausen:

  • Erholung nach einer Wachstumsphase, die für die Organisation zu schnell verlief. Erkennbar ist dies daran, dass sich starkes Wachstum einstellt, viele Kunden dem Unternehmen Zuspruch geben, sich daher eine hohe Zahl von (Neu-) Aufträgen einstellt, diese irgendwann nicht mehr zur Zufriedenheit der Kunden abgearbeitet werden können, sich irgendwann zu viele prozessuale und produktbezogene Fehler einstellen, Kunden sich zunehmend beschweren, diesen Beschwerden nicht mehr sorgfältig genug nachgegangen werden kann, aus der vermeintlichen Not Versprechen gemacht werden, die ebenfalls nicht mehr erfüllt werden können, Beschwerden sich „stapeln“, die besten Leute sich vom Unternehmen abwenden, … – Setzen Sie das Szenario fort.
  • Erheblicher Wechsel in zahlreichen Schlüsselpositionen im Unternehmen. Gönnt man dem Wachstumsturbo hier keine kurze Erholung – wir reden bitte nicht von „Stop“, denn auch ein Turbo darf nicht einfach abgeschaltet werden –, läuft man Gefahr, dass alle einfach weiterrennen, aber ohne Kenntnis der Unternehmensinterna. Sorgfältiges „Onboarding“, also „ins-Boot-Holen“ ist zwingend erforderlich, damit die Wachstumslokomotive nicht aus dem Gleis springt.
  • Übernahme eines Unternehmens. Hier kommt die Entwicklung eines gemeinsamen Auftrags, einer gemeinsamen Mission hinzu, denn es geht um das Vorbeugen vor Identitätsverlust. Es geht um die Chance, die Grundlage für eine gemeinsame Identität zu erarbeiten. „Back to operational business“ ist die falsche Botschaft, wenngleich hier auch durchaus Augenmerk darauf gelegt werden muss, dass nicht plötzlich alle – vor allem im übernommenen Unternehmen – die Hängematte ausrollen und abwarten, was denn nun wohl passiert.
  • In die Jahre gekommenes Produktportfolio oder Leistungsangebot. Eine gute Unternehmensführung achtet darauf, dass das Angebot stets aktuell und auf der Höhe der Zeit ist, allerdings kann sich wohl kaum eine Unternehmensführung davon frei sprechen, irgendwann einmal in eine unbedingte Innovationserfordernis hineingeraten zu sein. Ist dies der Fall, müssen einige bestehende Aktivitäten gestoppt werden, weil sonst keine Zeit für Innovationen bleibt.

Alle Beispiele zeigen, dass eine Wachstumspause, die auch eine temporäre wirtschaftliche Rückwärtsbewegung bedeuten kann, situativ Sinn ergeben kann. Auf der langen Zeitachse stellt dies gar keine „Delle“ dar. Gesund zu wachsen bedeutet, eine längere Phase zu betrachten, als ein singuläres Geschäftsjahr. Leider wird diese langfristige, nachhaltige Sicht in vielen Unternehmen nicht belohnt.

© 2016, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH, Dortmund, London, New York. ***
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