Mandat Wachstums Wochenstart Nr. 636: Zu kompliziert
Definitionen nicht messbarer Dinge sind fast immer verwirrend. Ich erinnere mich noch sehr gut, als ich mich seinerzeit im Rahmen der Erarbeitung meiner Dissertation daran versuchte, eine allgemeingültige Definition von „Strategie“ zu finden, denn schließlich war ich im Begriff, meine wissenschaftliche Arbeit zu Marktsegment-Strategien zu verfassen. Der Begriff „Strategie“ war also ein zentraler Begriff. Ich war auch sehr sicher, eine gute Definition zu finden und diese weiter zu verwenden.
Und? „Pustekuchen“, hätte der erstaunte Beobachter gesagt. Ich fand nicht eine, sondern buchstäblich Aberdutzende kluger Definitionen. Das Gute daran: Ich hatte enorm viele Quellen, die ich zitieren konnte, was den einigen Hundert Quellen – ja, damals zitierte man noch, die Älteren von Ihnen werden sich erinnern – einige weitere hinzufügte. Das weniger Gute: Ich hatte keine verlässliche Basis, keine allgemeingültige Definition.
Gleiches widerfuhr mir mit dem Begriff „Vision“: Lauter Begriffseinordnungen, die, je nach Quelle, plausibel erschienen oder eben nicht.
Sehr klar wurde daraus eine Chance, denn nun war ich gefordert, meine eigene Definition zu entwickeln und genau das tat ich. Sie sehen mir nach und werden es befürworten, dass ich in diesem Wochenstart nicht den genauen Wortlaut wiedergebe, überdies hat sich manches in den letzten zwanzig Jahren auch weiterentwickelt, aber diese Eigendefinition hat mir und auch insgesamt uns bei Mandat und damit unseren Klienten sehr geholfen.
Wobei? Bei der „Entmystifizierung“, wie ich es manchmal auch in Vorträgen vor Unternehmenslenkern nenne. Ich habe nämlich festgestellt, dass im Beratungsgeschäft viel Aufhebens um Methoden und Begrifflichkeiten gemacht wird, was eher der Selbstdarstellung der Berater als den Klienten hilft. Bei uns gilt: Die Methode muss sich dem Ziel unterordnen und so verwenden wir heute – grob – folgende Definitionen:
Eine Vision ist ein möglichst konkretes Bild einer höchst erstrebenswerten Zukunft, die vielleicht nie erreicht wird. Sie ist der Fixpunkt, an dem sich unser Handeln ausrichtet und für den wir morgens aufstehen. Sie wird übrigens nicht basisdemokratisch im Unternehmen erarbeitet, sondern von den Eigentümern oder ihren Vertretern vorgegeben.
Unter Strategie verstehen wir die schriftlich festgelegte, konzeptionelle und mit Umsetzungsaktivitäten versehene Verbindung von einem präzise beschriebenen „Heute“ zur Vision, dem „Morgen“.
Wir verzichten auf „Mission“, weil es unserer Erfahrung zufolge die Dinge verkompliziert, ohne additiven Nutzen. Dafür setzen wir sehr stark auf den Markenkern, der das Innere des Unternehmens beschreibt und aus dem sich das Handeln – in jeder Abteilung! – ableiten lässt und wir ermuntern unsere Klienten zur Erarbeitung einer Wertaussage, die Aufschluss darüber gibt, was das Unternehmen tut und wie es Kunden hinterher besser geht als vorher. Unsere Wertaussage, zum Beispiel: „Wir unterstützen Unternehmen dabei, profitabel zu wachsen.“
Mehr brauchen unsere Klienten und wir nicht. Wichtig wird die Umsetzung und davor scheuen zahlreiche Unternehmen zurück; lieber ergehen sie sich in komplizierten, konzeptionellen, intellektuell bereichernden, aber keinen Kunden glücklich machenden Erörterungen. Für gesundes profitables Wachstum steht aber der – Vorsicht, altes Wort – Kundennutzen im Vordergrund.
Wie schaut’s bei Ihnen aus? Kompliziert oder lieber wirksam?
Auf eine gute Woche!
Ihr und Euer
Guido Quelle