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Streik

Wir müssen einmal ordnen, damit wir den Überblick behalten: Die Lokführer werden ab heute erst im Güterverkehr und ab morgen im Personenverkehr streiken, die Kita-Beschäftigten werden wohl darüber abstimmen, ob sie unbefristet streiken werden – was angesichts der horrenden Beträge, die von Eltern für Kitas gezahlt werden mindestens in NRW eine Frechheit, ein Schlag ins Gesicht der Eltern, ist –, die Postbank-Beschäftigten haben sich für einen unbefristeten Streik ausgesprochen, die Piloten streiken gerade nicht, was aber nur den immerhin noch vorhandenen ethisch-moralischen Sensoren geschuldet ist. Das Kabinenpersonal war lange nicht dran, auch das Bodenpersonal nicht, vermutlich sind auch hier Pietätsgründe anzuführen, es wäre schließlich an der Zeit. Auch für das Sicherheitspersonal wäre noch genügend Gelegenheit, wieder zu streiken.

Die Müllabfuhr hat lange nicht gestreikt und auch im Krankenhaus liegt noch Streikpotenzial brach. Der Einzelhandel? Ach ja, richtig, insbesondere Karstadt böte sich mal wieder an. Wie wäre es zudem mit dem ÖPNV?

Ist noch alles klar? Haben wir vielleicht ein wenig die Perspektive verloren? Ich höre immer „Wie soll denn ein/e (man setze hier Kita-Mitarbeiter/in, Schuhverkäufer/in, Lokführer/in, Busfahrer/in, etc. ein) von (2.200, 2.500, 3.000, …) Euro leben?“ – Ok, die Piloten haben andere „Sorgen“.

Hallo?? Aufwachen! Auf-wach-en! Niemand muss seinen Job machen und wir leben in einem Land, in dem es fast allen gut geht. Die, denen es wirklich richtig schlecht geht, die, die wirklich einen Grund hätten, sich bemerkbar zu machen, die, denen wir wirklich helfen müssen (was wir in vielen ehrenamtlichen Engagements auch tun), haben keine Lobby und streiken nicht.

Bei unseren Gewerkschaften beobachte ich schon seit langem weniger verantwortungsbewusstes Handeln als eher das Rechtfertigen der eigenen Existenz. Aber an die Streikbereiten, ein Appell: Bevor man streikt, denke man bitte nach!

© Prof. Dr. Guido Quelle, 2015.