In der Hauptverwaltung wird das Haupt verwaltet

Sprache prägt unser Denken. Während sich unsere Unternehmen ändern, während sich die Art und Weise unserer Zusammenarbeit ändert, während Innovationen immer schneller über den Globus wandern, sind wir mit Begriffen im Rahmen des unternehmerischen Umfelds immer noch in der Steinzeit – teilweise sogar gesetzlich begrifflich verankert.

Beispiele:

  • Wie heißen die Unternehmenszentralen häufig? „Zentrale“, weil sich alles um das Zentrum dreht? „Verwaltung“, damit deutlich wird, wer das Sagen hat? Oder es ist es sogar die „Hauptverwaltung“, in der offensichtlich das Haupt verwaltet wird (bestenfalls ist es nur das Haupt aller Verwaltungen, wobei wir diese doch immer wieder versuchen, so gering wie möglich zu halten, oder?)
  • Der „Vorstand“ steht irgendwem oder irgendetwas vor, er bewegt sich also nicht, der „Vorsitzende des Vorstandes“ sitzt immerhin – ein Privileg. Währenddessen führen Geschäftsführer die Geschäfte (den abgegriffenen Witz mit den Zitronenfaltern sparen wir uns hier) und Unternehmer unternehmen offenbar etwas.
  • In der „Hauptversammlung“ oder der Gesellschafterversammlung versammelt man sich, von Bewegung ist hier auch nicht viel zu spüren.
  • Auch der „Betriebsrat“ klingt nicht danach, als würde dort etwas entstehen, man „rät“. Die „Mitarbeitervertretung“ vertritt immerhin die Mitarbeiter.

Manchmal ist es schon spannend, wohin uns unsere Sprache führt. Das ist solange in Ordnung, wie sich das Selbstverständnis einer Unternehmenszentrale als Dienstleister, das der Vorstände und Geschäftsführer als Unternehmenslenker und das der Anteilseignertreffen als Impulsgeber und Herausforderer darstellt. Werden manche für uns selbstverständliche Begriffe tatsächlich so gelebt, wie sie sind, werden sie schnell zur Wachstumsbremse. Und wer hat nicht schon Hauptverwaltungen erlebt, in denen man das Gefühl hatte, dass tatsächlich nur das Haupt verwaltet wird?

(c) 2012, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH