Mandat Wachstums-Wochenstart® Nr. 547: „Die Wahrnehmungsbarriere“

Mandat Wachstums-Wochenstart® Nr. 547:  Die Wahrnehmungsbarriere

 

Wir haben bei unserem Reisemobil eine Unterflurkamera nachrüsten lassen. Sie dient dazu, dass der Fahrer auf einem Bildschirm genau sehen kann, wann sich die Auslässe für das zu entsorgende Schmutzwasser über einem für den Ablass vorgesehenen Abflussschacht befinden. Ohne Kamera ist es immer ein wenig mühsam, zu rangieren, wieder aus dem Auto zu laufen, zu schauen, wie weit noch vor- oder zurück-, nach links oder nach rechts gefahren werden muss. Die Schächte sind mitunter sehr schmal und man muss treffsicher stehen. Wenn man zu zweit ist, kann einer draußen Anweisungen geben, aber wir haben es eben gern bequem und somit wurde irgendwann diese Kamera nachgerüstet.

Ich komme mit unserem Reisemobil recht gut zurecht, auch mit dessen Abmessungen, 150.000 Kilometer mit zwei Reisemobilen helfen dabei. Dennoch bin ich bisher mit der Unterflurkamera noch nicht warm geworden. Nie habe ich bisher auf Anhieb den Einlass getroffen. Die Vor- und Rückwärtsbewegung ist noch nachvollziehbar und in Ordnung, aber die Feinjustage knapp über den Schächten, die Rechts-/Linksbewegungen sie klappen einfach nicht. Ich begann schon, an meinen visuellen Abstraktionsfähigkeiten zu zweifeln. Aber mir war klar: Irgendetwas musste falsch sein.

Die Kamera ist zweifelsohne richtig montiert, ich sehe auf dem Bildschirm die Rohre vor der Kamera, den Boden in korrekter Fahrtrichtung. Warum aber klappt die Feinjustage nicht? Neulich, zuhause, wollte ich es wissen und legte einen Gegenstand unter die Rohre, um auf dem Standbild nachzuvollziehen, wo dieser Gegenstand genau liegt, damit ich künftig die „Trefferquote“ verbessern konnte.

Wieder zurück im Auto: Kamera ein, Bildschirm ein. Das Bild erschien. Ich sah den Gegenstand, schaute genauer hin, schaute nochmal und erkannte zu meiner völligen Verblüffung, dass der Randstein, der unser Grundstück von der Straße abgrenzt, auf dem Bild nicht links war, sondern rechts. Ich nahm mein iPhone zur Hand, fotografierte den Bildschirm ab, wechselte in den „Bearbeiten“-Modus und spiegelte das Foto an der Längsachse.

Tra-raaa! So musste es aussehen. Das war also die Ursache. Das war der Grund dafür, dass ich Positionierungsprobleme hatte. Fuhr ich nach rechts, schwenkte das Bild nach links und umgekehrt. Die Vor-/Rück-Richtung war korrekt, aber rechts/links war vertauscht.

Im Telefonat mit dem Inhaber der Werkstatt ergab, dass dies sehr gut sein könne, wenn ein gewisses Kabel nicht durchtrennt sei oder wenn die Kamera verkehrt montiert sei. A-ha. Eine Testfahrt wäre gut gewesen, finde ich … Ich werde jetzt schauen, ob das Kabel zu durchtrennen ist, ob die Kamera repositioniert werden muss oder ich werde 500 Kilometer durch Deutschland düsen, um dies richten zu lassen

Abgesehen davon bin ich natürlich froh, die Lösung zu haben und ich habe auch wieder ein wunderbares Lehrstück für das, was ich „Wahrnehmungsbarriere“ nenne und womit ich Sie heute auf die Reise in eine gute Woche senden möchte: Nur weil einer von zwei (oder mehreren) Faktoren Korrektheit und Sicherheit vorgaukelt – in meinem Beispiel die im Bild korrekt wiedergegebene Vor- und Rückwärtsbewegung – ist nicht automatisch alles korrekt. Unsere Wahrnehmung wird getrübt, wenn wir zu viel Bestätigung erhalten. Bleiben Sie aufmerksam!

Auf eine gute Woche!

Ihr und Euer

Guido Quelle

 

 

 


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© 2022, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH, Dortmund, London, New York.
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