CEO-Tipp des Monats Juni 2015: Kunden verstanden? Testen Sie nicht nur Produktentwicklung, Vertrieb und Marketing

CEO-Tipp

Wie gut verstehen sich Ihre Produktentwicklung, Ihr Marketing und Ihr Vertrieb darauf, Ihre Kunden zu verstehen? Sie meinen, das gelänge bei Ihnen schon gut? Prima. Wie oft haben Sie in der Vergangenheit einen Trend gesetzt, sei es in Bezug auf Ihr Leistungsangebot oder in Bezug auf die Art und Weise, wie Ihre Kunden bei Ihnen Leistungen und Produkte beziehen können? Wie erfolgreich war dieser Trend?

Wir erleben regelhaft, dass Unternehmen meinen, sie hätten ihre Kunden gut verstanden, die Kunden meinen aber gänzlich anderes. Insbesondere besteht ein großer Unterschied darin, ob ein Unternehmen nur die Wünsche der Kunden erfüllt, oder ob es auch Wünsche antizipieren kann, die der Kunde noch gar nicht auszudrücken in der Lage ist. Das Thema „iPhone“ habe ich in vielen Vorträgen hinreichend als ein Paradebeispiel für antizipierten Kundenbedarf adressiert. Wenn Sie sich also nicht nur als ein „Kundenwunscherfüller“ verstehen, sondern auch dafür Sorge tragen wollen, dass Sie Bedarfe Ihrer Kunden vorwegnehmen, so dass Sie den Abstand zum Wettbewerb vergrößern, sollten Sie natürlich mit Ihren Bereichsleitern für Produktentwicklung beziehungsweise F&E, Marketing und Vertrieb sprechen. Die erste Frage hier ist die nach dem idealen Kunden – wir thematisierten diese Frage bereits in der April-Ausgabe des Mandat Growthletters®. Besteht keine Klarheit oder keine Einigkeit in der Beantwortung der Frage nach dem idealen Kunden zwischen Unternehmensführung, Vertrieb, Marketing und Produktentwicklung, ist dies die erste Baustelle, die es abzuarbeiten gilt.

Aber selbst dann, wenn Einigkeit zwischen den genannten Beteiligten besteht, wer der ideale Kunde sei; selbst wenn man sich darüber einig ist, welche Produkte und Leistungen mögliche Bedürfnisse der Kunden antizipieren könnten, darf sich Ihr Fokus nicht auf die drei genannten Einheiten beschränken. Testen Sie also nicht nur Vertrieb, Marketing und Produktentwicklung, sondern testen Sie auch zum Beispiel Ihre Produktion und Ihre Logistik: Welche Möglichkeiten bestehen, um die bereits existierenden Produkte und Leistungen auf eine andere Art und Weise an die Kunden heranzutragen, die es den Kunden einfacher machen, bei Ihnen zu kaufen? Wir erleben erschreckend geringe Kenntnisse der Kunden unserer Klienten in den nachgelagerten Bereichen, wie Produktion, Logistik, IT, Einkauf. Selten, aber immerhin gelegentlich finden wir hier sogar ausgeprägtes Desinteresse vor, nach dem Motto: „Ich muss dafür Sorge tragen, dass mein Bereich in Ordnung ist und dann bin ich gut aufgestellt.“ Im Übrigen wird diese Haltung oft durch die Unternehmensführung gefördert, indem die falschen Kennzahlen und Messgrößen für den Erfolg der Bereiche angesetzt werden, aber das ist Stoff für einen separaten Beitrag.

Stellen Sie Ihre Bereiche auf die Probe: Wann wurden die letzten Produkt- und Dienstleistungsinnovationen am Markt platziert? Mit welchem Erfolg? Wann wurde die letzte Prozessinnovation in Richtung Kunde vorgenommen? Mit welchem Erfolg? Welche Produkt-, Dienstleistungs-, Prozess-Innvoationen sind in der Pipeline? Wann sollen sie an den Markt gehen? Auf welchen Annahmen basieren diese Innovationen? Wie stellen die Bereiche sicher, dass eine größtmögliche Akzeptanzchance erreicht wird?

Dies sind Fragen, die Sie regelhaft stellen sollten. Wichtig ist, dass nicht nur in den klassischen Funktionsbereichen versucht wird, den Kunden zu verstehen, sondern auch in denjenigen Funktionsbereichen, in denen die Frage nach den Kundenbedürfnissen nicht unmittelbar auf der Hand liegt, die sich aber ebenso mit Innovationen beschäftigen müssen. Solange sich einzelne Funktionsbereiche nur als Abwickler verstehen, lassen Sie Innovationspotenzial liegen.

Eine Anmerkung sei noch erlaubt, weil sie ein Klassiker in unserer Beratungspraxis ist: Die Frage „Gilt das denn auch für die Rechnungslegung und die Buchhaltung?“ ist immer wieder der Versuch, unser Argument, dass das ganze Unternehmen sich um Innovation kümmern müsse, auszuhebeln. Aber: Jawohl, auch die Buchhaltung muss den Weg der Innovation gehen und es ist leichter, als man denkt, oder haben Sie sich nicht schon einmal über unverständliche Rechnungen, unerreichbare Ansprechpartner, Doppelbuchungen, etc. geärgert? Vermutlich verkaufen Sie durch eine schnelle, transparente, ansprechbare, verständliche Administration nicht unbedingt mehr Produkte, aber Sie machen es Ihren Kunden leichter.

© 2015, Prof. Dr. Guido Quelle, Mandat Managementberatung GmbH, Dortmund, London, New York. ***
Der CEO-Tipp des Monats ist Auszug aus dem monatlich erscheinenden Mandat Growthletter®, der kostenfrei bezogen werden kann: Anmeldung
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